Wien (wifo) - Ein zügiger Aufholprozess hat Österreich in die Gruppe der Länder mit dem höchsten
Lebensstandard geführt. Ein Erfolg, der allerdings mit überdurchschnittlichem Mitteleinsatz erkauft wurde.
Ein fortgesetzter Aufholprozess mit Verbesserung von Lebensstandard und Wettbewerbsfähigkeit erfordert eine
Steigerung der Effizienz: die Verringerung des Aufwandes für die jeweils gewählten Ziele bzw. die Nutzung
des vorgesehenen Aufwandes für ambitioniertere Zielsetzungen. Das Potential der Effizienzverbesserungen kann
auf zumindest 10 bis 20 Prozent geschätzt werden.
Effizienzverbesserungen sind in Österreich auf fast allen Gebieten möglich und zumeist auch dringend
erforderlich, das zeigt eine Studie des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung (WIFO). In
der öffentlichen Verwaltung lassen internationale Vergleiche vermuten, dass die erbrachten Leistungen (Output)
zwar überdurchschnittlich gut sind, aber einen bis zu einem Drittel überhöhten Aufwand (Input) erfordern.
Das Subventionswesen ist nicht bloß durch sein Ausmaß - 7 Prozent des BIP - sondern auch durch seine
Zersplitterung - 695 Aktionen des Bundes und 1.698 der Länder - unkoordinierbar und dadurch äußerst
ineffizient. Internationale Vergleiche wie PISA zeigen, dass das Schulwesen schwache Durchschnittsschüler
und -schülerinnen produziert: es gelingt weder die Begabten zu fördern noch die Schwachen auf ein akzeptables
Niveau zu heben; die Bildungsvererbung ist in Österreich markant ausgeprägt. Diese unzureichenden Ergebnisse
des Bildungssystems erfordern überdies einen relativ hohen Aufwand: Er ist vor allem in der Primär- und
Sekundarstufe deutlich höher als in den Vergleichsländern; die Zahl der Lehrer bzw. Lehrerinnen ist höher,
die Klassengröße kleiner. Maßgebend dafür ist vor allem schlechte Organisation infolge der
Zersplitterung der Kompetenzen und überschneidender Zuständigkeiten.
Die Effizienz der Hochschulen leidet unter dem Andrang inaktiver Studenten - 40 Prozent der Studienanfänger
und -anfängerinnen legen in den ersten beiden Semestern kaum Prüfungen ab: 24 Prozent sind völlig
studieninaktiv und absolvieren keine einzige Prüfung, 16 Prozent bloß ein Minimum (weniger als 16 ECTS-Punkte).
Die Studiendauer ist überdurchschnittlich lang, die Abschlussquoten sind trotz des Andrangs von Anfängern
und Anfängerinnen niedrig; dementsprechend ist der Anteil der Absolventen und Absolventinnen an den 25- bis
34-Jährigen (39 Prozent) geringer als in den Vergleichsländern.
Die Forschung liefert zwar relativ gute Ergebnisse, aber es mangelt an der Umsetzung in Innovationen: Österreich
konnte in einem beachtlichen Aufholprozess zwar die zweithöchste F&E-Quote (3,1 Prozent) nach Schweden
(3,3 Prozent) erreichen, um gut ein Drittel über der der EU 28 (2,0 Prozent). Im European Innovation Scoreboard
(EIS) hält Österreich dennoch bloß Platz 10, obwohl es auch angesichts des Einkommensniveaus viel
weiter vorne rangieren müsste. Es ist bloß ein "Strong Innovator" - nicht, wie erwünscht
und erforderlich, ein "Innovation Leader".
Das Gesundheitswesen leidet unter einer verzerrten Inputstruktur: Die Spitalsbettendichte ist um zwei Drittel höher
ist als die der Vergleichsländer, die Zahl der Spitalsaufenthalte ist um zwei Fünftel, die Aufenthaltsdauer
im Spital um ein Drittel länger; Ärztedichte und Arztbesuche erreichen internationale Spitzenwerte. Österreich
wendet pro Kopf mehr für die stationäre Versorgung auf als alle anderen Länder, ohne vergleichsweise
niedrigere Ausgaben im ambulanten Sektor.
Verschiedene Indikatoren lassen vermuten, dass auch die Effizienz der Wirtschaft steigerungsfähig ist. Zumindest
in der Periode 1970/2000 waren überdurchschnittlich hohe Inputs, vor allem an privaten Investitionen, erforderlich,
um den jeweiligen Output zu erzielen. Das Potential an Effizienzverbesserung wird in diesem Bereich auf ein Fünftel
geschätzt.
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