17. Reise-Sicherheitsgipfel der Europäischen Reiseversicherung
Wien (prplus) - „Fake News“ hat nicht Donald Trump in seinem Krieg gegen die Medien erfunden, gezielt eingesetzte
Falschmeldungen hat es immer schon gegeben. Mit dem Internet – insbesondere den sogenannten „Sozialen Medien“ –
haben sie ein Ausmaß erreicht, das sie zum globalen Problem werden ließ, nicht zuletzt für die
Reisewelt. Wir werden sie nicht mehr loswerden, sondern müssen vielmehr lernen, damit umzugehen. Eine grundsätzliche
Empfehlung dafür: Den Hausverstand einsetzen.
Zu diesem Ergebnis kam eine Expertenrunde beim 17. „Reise-Sicherheitsgipfel“ der Europäischen Reiseversicherung.
Vorstandsvorsitzender Mag. Wolfgang Lackner konnte als Gastgeber rund 40 Medienvertreter und Tourismusverantwortliche
begrüßen – eine Bestätigung der hohen Aktualität des Themas. Er gab einige Beispiele, wo Fake
News im Tourismus Schaden anrichten: Gefälschte Websites, auf denen Unvorsichtige Reisen buchen, deren Bezahlung
nie ankommt, falsche Hotelbewertungen auf Bewertungsportalen, die man sogar kaufen kann, oder Fotos von nicht mehr
existierenden Baustellen neben einem Hotel. Nicht zuletzt aber falsche oder maßlos übertriebene Berichte
über Terroranschläge, Epidemien und andere Katastrophen, die dazu führen, dass Reisen storniert
oder ganze Regionen gemieden werden.
Wie solche Dinge konkret ablaufen schilderte Mag. Ingrid Brodnig, einschlägig spezialisierte Journalistin
und Buchautorin („Lügen im Netz“): Im heurigen Sommer kursierten Berichte in Facebook, dass in Italien die
lebensbedrohliche Seuche Ebola ausgebrochen sei, illustriert mit einem Foto eines mit schwarzen Blasen bedeckten
Armes. Im Text wurde es als erstaunlich bezeichnet, dass in Italien bisher nur 40 Fälle gemeldet wurden, wo
doch der Flüchtlings- Massenansturm aus Afrika nicht abreißt und die Reisenden ins „europäische
Schlaraffenland“ zumeist nicht wissen, dass sie selbst infiziert sind. Bei genauerem Hinsehen zeigte sich, dass
der Bericht nicht nur falsch war, sondern bereits aus dem Juli 2014 stammte, als es noch gar keinen Flüchtlingsstrom
gab. Er ging von einem Blog aus, der schon am Namen in seinem Impressum –„Indexpurgatorius“- als anonym und damit
verdächtig erkennbar war. Trotzdem löste er auf Facebook 88.000 „Likes“, Kommentare oder Shares aus,
mehr, als auch über reichweitenstarke traditionelle Medien erreichbar wäre. Dass solche Fakes immer vor
Beginn der Urlaubszeit aktiviert und eifrig „geteilt“ werden, ist natürlich kein Zufall, die damit ausgelöste
Verunsicherung führte immerhin zu Anfragen, ob ein Urlaub in Lignano noch sicher wäre.
Mag. Ingrid Brodnik verwies auf die wissenschaftlich fundierte Feststellung, dass auch völlig falsche Behauptungen
an Glaubwürdigkeit gewinnen, je öfter sie wiederholt werden – der sogenannte „Wahrheitseffekt“. Das kann
dazu führen, dass sie schließlich auch in gewöhnlich verlässliche Medien und Nachrichtenagenturen
Eingang finden. Daraus lässt sich eine Strategie für Betroffene ableiten: Wenn eine Falschmeldung kaum
„sichtbar“ (wenig verbreitet) ist, kann es besser sein, darauf gar nicht zu reagieren und den Wiederholungseffekt
nicht dadurch zu verstärken. In jenen Fällen, in denen ein Kontern nötig erscheint, sollte man sich
nicht drauf beschränken, die falsche Behauptung mit einen „Nein“ davor praktisch zu wiederholen, sondern die
richtige Information darstellen, um ihre Chance auf Verbreitung zu vergrößern.
Eine wichtige Funktion zum Thema Reisesicherheit fällt dem Außenministerium zu: Seine Serviceseiten
„reiseinformationen.at“ bzw. „reisewarnungen.at“ verzeichnen immerhin 4,5 Mio. Zugriffe im Jahr. Im Mittelpunkt
steht die Darstellung der Sicherheitslage in 192 Ländern, zunehmend an Bedeutung gewinnt die „Reiseregistrierung“,
die es Reisenden ermöglicht, Zielgebiet und Reisedauer bekannt zu geben und damit im Fall einer Krise erreichbar
zu sein. Die Priorität für das Außenministerium hob Mag. Peter Guschelbauer hervor: Nicht selbst
zum Verbreiter oder Betroffenen von Fake News zu werden. Weil sich Reisende auf die „offizielle“ Serviceinstitution
verlassen, werden nur „gesicherte“ Informationen verwendet. Dafür steht das Netzwerk der eigenen Botschaften
und der Außenministerien aller anderen Länder zur Verfügung.
Besonderes Gewicht wird auf die lokalen Kontakte der Botschaften vor Ort gelegt. Man kennt dort auch die wichtigsten
Produzenten von Fakes, zu denen durchaus auch staatliche Institutionen gehören können. Als aktuelles
Beispiel für erfolgreiche Krisenkommunikation führte er den Terroranschlag in München an, nach dem
die Fake – Meldungen auf verschiedenen Kanälen den Eindruck erweckten, in ganz München werde geschossen,
obwohl es sich tatsächlich nur um einen Tatort und einen Einzeltäter handelte. Das Ministerium sorgte
für die richtigen und verlässlichen Informationsquellen.
Der Präsident des Österreichischen Reiseverbandes (ÖRV) Dr. Josef Peterleithner unterstrich, dass
auch die Vor-Ort-Organisationen der Reiseveranstalter dafür Sorge tragen, dass Falschmeldungen aufgeklärt
werden. So entpuppte sich ein medial dramatisierter Terrorangriff auf Urlauber als Racheakt eines gefeuerten Hotelangestellten,
der mit einem Plastikmesser bewaffnet war. Die Frau ist mit dem Plastikmesser am Rücken verletzt worden, ihr
Mann hat sich beim Niederfallen am Knie verletzt.Fotos von einer von Flüchtlingen überrannten griechischen
Insel stammten aus dem Vorjahr.
Tatsache ist allerdings, dass Richtigstellungen solcher Fake News nur von sehr wenigen Medien veröffentlicht
werden. Tatsächlich kann die Reisebranche Falschmeldungen nicht verhindern, sondern nur darauf reagieren und
emotional aufgeladenen Themen sind mit Sachinformationen kaum in den Griff zu bekommen.
Bei den Buchungen ist ein deutlicher Trend zu Reiseveranstaltern und Reisebüros festzustellen. Das ist nachvollziehbar,
denn diese haften für die Richtigkeit der in Katalogen oder von ihren Mitarbeitern weitergegebenen Informationen.
Darüber hinaus sind sie für das gesamte Leistungspaket der verantwortliche Ansprechpartner für den
Kunden, der sich bei Einzelbuchungen über das Internet mit jedem einzelnen Leistungsträger von der exotischen
Airline bis zum Hotel in einem fernen Land selbst direkt auseinandersetzen muss.
Besonders ausführlich diskutiert wurden die Fragen, wer Fake News in die Welt setzt, warum dies geschieht
und wie man sie erkennen kann. Tatsächlich sind es nicht nur Einzeltäter, die mehr oder weniger seltsamen
Ideologien oder politischen Absichten folgen, auch handfeste ökonomische Ziele können der Grund sein.
So wird häufig versucht, mit dramatisch wirkenden Behauptungen ohne Rücksicht auf ihren Wahrheitsgehalt
möglichst viele Besucher auf eine Website zu locken und über die Zahl der „Clicks“ ihre Attraktivität
für die Werbung zu steigern.
Um Meldungen als Fakes zu erkennen, sollte vor allem ihre Herkunft geprüft werden: Seriöse Websites haben
ein Impressum und wenn dieses keine klare Zuordnung ermöglicht, ist jedenfalls Vorsicht angebracht. Bekannte
Marken und Namen sind zwar nicht eine absolute Garantie für Zuverlässigkeit, in der Regel sind seriöse
Unternehmen aber auf ihren guten Ruf bedacht und wollen das Vertrauen ihrer Kunden nicht verlieren. Das gilt auch
für Bewertungsplattformen, die Im Tourismus eine große Rolle spielen, nicht zuletzt bei der Urlaubsentscheidung.
In jedem Fall ist es – wie bei allen Themen unserer „Informationsgesellschaft“ – ratsam, sich nicht auf eine Quelle
zu beschränken, das Internet bietet alle Möglichkeiten, viele Informationskanäle zu nutzen. „Quellenkritik“
ist für das Erkennen von gezielten Falschmeldungen jedenfalls die wichtigste Voraussetzung. Dazu gibt es einige
verlässliche Informationsplattformen, wie die erwähnten des Außenministeriums, oder die „Urlauberia
App“ der Europäischen Reiseversicherung.
In Österreich – wie in den meisten EU-Ländern – wurden die rechtlichen Möglichkeiten, gegen falsche
Informationen und unzulässige Darstellungen vorzugehen, etwa im Vergleich zu den USA bereits stark ausgebaut.
Für viele Websites ist auch der relativ enge Rahmen des Mediengesetzes gültig. Eine Durchsetzung in der
Praxis ist aber immer noch schwierig. So werden etwa von Facebook nur etwa 40 Prozent der beanstandeten strafbaren
Inhalte gelöscht. Der wachsende Druck der Öffentlichkeit auf die großen Plattformen zeigt, wie
Mag. Ingrid Brodnig meinte, zunehmend Wirkung. Bis sie tatsächlich spürbar ist, wird man mit Fake News
leben müssen. Und der Empfehlung vom Reise-Sicherheitsgipfel: Den Hausverstand einschalten.
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