WIFO-Studie zu Pflegebedarf: bis 2030 Kostensteigerung um 105 Prozent – Kosten für Angestellten-Modell
4mal höher – Schulterschluss für Stärkung der 24-h-Betreuung
Wien (pwk) - „Die 24-h-Betreuung hat sich zu einem wesentlichen Pfeiler des heimischen Pflegesystems entwickelt
und wird von den ÖsterreicherInnen sehr gut angenommen. Es ist ein eigenständiges System mit klar abgegrenzten
Handlungsfeldern gegenüber pflegerischen Aufgaben. Gleichzeitig stehen wir, was die Betreuung von Patienten
zu Hause und die Pflege insgesamt betrifft, vor einer enormen Herausforderung, denn die Kosten im Pflegebereich
werden bis 2030 um 105 Prozent explodieren“, betonte der Obmann des Fachverbandes der Personenbetreuer, Andreas
Herz, am 25. Oktober mit Verweis auf eine aktuelle WIFO-Studie, die im Auftrag des Fachverbandes erstellt wurde.
2014 lagen die Gesamtausgaben für Pflegeleistungen bei 1,83 Mrd. Euro, 2030 wird dieser Wert bei rund 3,76
Mrd. Euro liegen.
Bedarf an 24-Stunden-Betreuung steigt stetig
Wie rasch der Bedarf bereits jetzt steigt, zeigt das Anwachsen der Förderung für die 24-Stunden-Betreuung:
Während es im Jahr 2008 durchschnittlich 3.200 Bezieher pro Monat gab, lag dieser Wert 2015 bereits bei 21.900.
Das entspricht einer jährlichen Wachstumsrate von 31,6 Prozent.
„Die Kostenbelastung in der Pflege wird in den kommenden Jahren wie in keinem anderen Bereich anwachsen. Das Modell
der selbständigen 24-Stunden-Betreuung bietet Patienten und Angehörigen einen transparenten Ablauf, der
an die Bedürfnisse angepasst ist und der von den Kosten im Zusammenspiel mit Förderungen leistbar bleibt“,
so Herz. Das WIFO kommt im Rahmen der vorliegenden Studie zu dem Schluss, dass die Kosten in einer Maximalvariante
des Angestelltenmodells mit 107.600 Euro pro Jahr (Personalkosten, Mobile Dienste, Urlaubsvertretungen) zu kalkulieren
ist, während im Vergleich zum Modell der selbständigen 24-Stunden-Betreuung die Kosten bei 25.500 Euro
pro Jahr liegen. Mögliche Förderungen sind hier aber noch nicht abgezogen.
Gerade die heimischen Gemeinden, werden vor einer stark steigenden Kostenproblematik stehen. Der Landesrechnungshof
NÖ (2016) hat in seinem kürzlich veröffentlichten Bericht die Belastungen des Landes Niederösterreich
und der Gemeinden für eine Förderung der 24-Stunden-Betreuung den öffentlichen Kosten in einem Pflegeheimplatz
gegenübergestellt. Bei diesem Kostenvergleich ergab sich eine Differenz von knapp € 1.400 pro Förderfall
und Monat, was sich bei 500 hypothetisch eingesparten stationären Betten auf ein theoretisches Einsparungspotenzial
von rund 8,3 Millionen Euro für das Land Niederösterreich pro Jahr belaufen würde.
Zahlen liefert die vorliegende WIFO-Studie auch zu den Pflegegeld-Beziehern: 87,7 Prozent jener, die Pflegegeld
beziehen, befinden sich in den Pflegegeldstufen 3 und 5, also in Pflegestufen in denen Betreuung gut koordinierbar
ist. Der Anteil der Förderfälle in Pflegegeldstufe 6 und 7, die einen besonderen Pflegebedarf voraussetzt,
liegt bei 9,2 und 3,1 Prozent.
Vermittlungsagenturen helfen und unterstützen
„Die 24-Stunden-Betreuung ist eine positive und nachhaltige Säule des heimischen Pflegewesens. In Sachen
Qualitätssicherung wurde in den vergangenen Jahren vieles bewirkt, wie die gewerberechtliche Trennung zwischen
den PersonenbetreuerInnen und den Vermittlungsagenturen sowie die Schaffung von Standes- und Ausübungsregeln
für beide Bereiche. Die Vermittlungsagenturen haben dabei nicht nur eine wichtige soziale Funktion, sondern
auch eine Informations- und Aufklärungsfunktion, damit sich Betreuungskräfte in ihrer Arbeitsausübung
im gesetzlich zulässigen Rahmen befinden“, so Herz, der darauf verweist, dass in den Ländern laufend
an neuen – muttersprachlichen – Schulungen und Informationsangeboten gearbeitet werde. Kontrollen der Vermittlungsagenturen
obliegen der Gewerbehörde, Qualitätskontrollen zur 24-Stunden-Betreuung werden vom Sozialministerium
durchgeführt - in 99,9 Prozent der Fälle ergeben diese eine ordnungsgemäße bzw. gute Betreuungsqualität.
„Wir haben uns zum Ziel gesetzt, das Modell einer 24-Stunden-Betreuung auf Selbständigen-Basis weiterzuentwickeln.
Fakt ist, dass vor 10 Jahren die Möglichkeit geschaffen wurde, damit Menschen in herausfordernden gesundheitlichen
Situationen die Möglichkeit erhalten, die eigenen vier Wände nicht verlassen zu müssen und angemessen
betreut werden können. Deshalb sollte es hier einen Schulterschluss geben, die 24-Stunden-Betreuung zu stärken,
Fördermöglichkeiten auszubauen und damit die Grundlage für die anstehenden Herausforderungen im
Pflegebereich zu schaffen“, betonte Herz abschließend.
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