EU-Ausschuss unterstützt Position der Bundesregierung im EU-Vertragsverletzungsverfahren
Brüssel/Wien (pk) – Darf die Herstellung kleiner Mengen von hausgemachtem Alkohol (Hausbrand) steuerfrei
sein oder nicht – darüber sind sich EU-Kommission und Österreich uneinig. Die Kommission vertritt den
Standpunkt, dass mit der hierzulande geltenden Steuerbefreiung EU-Recht verletzt wird, konkret die Richtlinie zu
harmonisierten Verbrauchsteuern (92/83/EWG in Verbindung mit 92/84/EWG). Laut § 70 des österreichischen
Alkoholsteuergesetzes ist Hausbrand, der der im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes in einem
Jahr abfindungsweise für den privaten Gebrauch der LandwirtInnen und deren Angehörigen für den Hausbedarf
hergestellt wird, bis zu einer Höchstmenge von 51 Liter von der Steuer befreit. Aus diesem Grund wurde im
Vorjahr von der Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet, im Februar 2017 folgte ein Mahnschreiben.
Der EU-Ausschuss des Bundesrats konnte sich der Interpretation der EU-Kommission nicht anschließen und unterstützte
ausdrücklich die Position der Bundesregierung – konkret die BundesrätInnen Edgar Mayer (ÖVP/V),
Stefan Schennach (SPÖ/W), Christoph Längle (FPÖ/V) und Heidelinder Reiter (Grüne/S). Man wolle
aber zunächst die Prüfung der österreichischen Argumentation durch die EU-Kommission abwarten, so
Mayer. Da laut Finanzministerium derzeit Vorarbeiten laufen, die EU-Alkoholsteuer-Richtlinie zu ändern, werde
sich der EU-Ausschuss zum gegebenen Zeitpunkt sehr genau mit einem etwaigen Entwurf befassen. Auch aus dem Finanzressort
hieß es, in diesem Fall werde man darauf achten, dass die Probleme im Rahmen der EU-Gesetzgebung bereinigt
werden.
Die Bundesregierung erinnert in ihrer Stellungnahme daran, dass sich Rat und Kommission im Zuge der Richtlinienbeschlussfassung
im Jahr 1992 in einem Vermerk explizit für die Beibehaltung der Steuerbefreiung ausgesprochen haben. Auch
das Europäische Parlament habe eine entsprechende Hausbrandregelung gefordert. Der Vermerk sei auch nicht
im Rahmen der vorbereitenden Arbeiten erfolgt, sondern vier Tage nach Beschlussfassung. Österreich erachtet
diesen daher als eine authentische und damit rechtserhebliche Interpretation.
Außerdem stehe die Steuerbefreiung angesichts der geringen fiskalischen und wirtschaftlichen Bedeutung nicht
im Widerspruch zum Ziel der Richtlinien, ein ordnungsgemäßes Funktionieren des Binnenmarkts zu gewährleisten,
einen freien Warenverkehr zu ermöglichen und Verzerrungen der Wettbewerbsbedingungen zu vermeiden. Zudem,
so die heimische Auffassung, sei es im Lichte des primärrechtlichen Gleichheitsgrundsatzes kaum einsehbar,
weshalb für Schnaps im Unterschied zu Bier und Wein keine Steuerbefreiung bei kleinsten Mengen für den
Privatverbrauch möglich sein sollte – die EU-Alkoholsteuer-Richtlinie erlaubt nämlich eine derartige
Steuerbefreiung für Wein und Bier explizit. Die Regierung weist zudem darauf hin, dass die österreichische
Hausbrandordnung auf das 19. Jahrhundert zurückgeht und bereits 180 Jahre alt ist.
Die Vertreter des Finanzministeriums und des Bundeskanzleramts erinnerten jedoch daran, dass ein derartiges Vertragsverletzungsverfahren
für Ungarn negativ ausgegangen ist, es gebe aber Unterschiede zu den Regelungen in Österreich.
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