IV-GS Neumayer: Wirtschaftspolitische Rahmenbedingen setzen, um Aufschwung zu unterstützen
– IV-Chefökonom Helmenstein: Diskrepanz von Konjunkturlage und Konjunkturaussichten
Wien (iv) - „Österreich als kleine offene Volkswirtschaft mit starker Einbettung in internationale
Wertschöpfungsnetzwerke partizipiert am europäischen Konjunkturaufschwung“, erklärte IV-Generalsekretär,
Mag. Christoph Neumayer am 24. Oktober in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit IV-Chefökonom Dr. Christian
Helmenstein bei der Vorstellung der Resultate des aktuellen Konjunkturbarometers aus dem 3. Quartal 2017.
Nach den letztverfügbaren Angaben wuchs die österreichische Wirtschaft um real 0,9 Prozent im 2. Quartal
2017 im Vergleich zum Vorquartal. Mit diesem Wert positioniert sich Österreich auf Rang 10 und damit im Mittelfeld
der Europäischen Union sowie etwas oberhalb des Durchschnitts von 0,6 Prozent (Eurozone) beziehungsweise 0,7
Prozent (EU-28). Vor Österreich rangieren aber nicht nur zentral- und osteuropäische Länder (allen
voran Tschechien und Rumänien), sondern auch Schweden mit einem nahezu doppelt so hohen Wachstum (1,7 Prozent)
und die Niederlande (1,5 Prozent). Im Vorjahresvergleich platziert sich Österreich trotz eines Zuwachses von
2,9 Prozent nur auf Rang 20 (ex aequo mit Portugal). „Es geht in Österreich vor allem deshalb spürbar
aufwärts, weil die europäische Wirtschaft insgesamt zu einer beeindruckenden Dynamik zurückgefunden
hat“, so IV-Generalsekretär Neumayer.
Wie sich bereits zum letzten Quartalstermin abzeichnete, hat das IV-Konjunkturbarometer, welches als Mittelwert
aus den Beurteilungen der gegenwärtigen Geschäftslage und der Geschäftslage in sechs Monaten bestimmt
wird, im Sommer seinen Zenit erreicht und verharrt seitdem nahezu unverändert auf einem hohen Niveau von +37
Punkten nach zuvor +39 Punkten. Der erste österreichische Konjunktursommer seit sechs Jahren geht somit in
eine freundliche Herbstkonjunktur über. Allerdings bleibt der beträchtliche Abstand zu den historischen
Höchstständen des IV-Konjunkturbarometers aus früheren Jahrzehnten erhalten.
Die Ergebnisse im Detail
„Die Aufwärtsdynamik in Österreich hat sich im vergangenen Quartal sektoral und regional weiter gefestigt.
Allerdings ist nun bereits zum zweiten Mal eine Auseinanderentwicklung bei den beiden Teilindikatoren der aktuellen
Geschäftslage und den Geschäftserwartungen zu beobachten, welche sich zudem noch stärker akzentuiert“,
wie Helmenstein erläuterte. „Dieser Befund birgt bereits den Keim einer Abschwächung in sich, es sei
denn, externe Impulse würden der Konjunktur neue Schubkraft verleihen.“
Denn wie schon im vorhergehenden Quartal verbessert sich der Indikator für die aktuelle Geschäftslage
(+64 Punkte nach +60 Punkten) zwar nochmals, hingegen bilden sich die Geschäftserwartungen (+10 Punkte nach
+17 Punkten) auf Sicht von sechs Monaten jedoch deutlich zurück. Innerhalb des letzten halben Jahres hat sich
der Anteil der Optimisten um ein Drittel verringert und der Anteil der Pessimisten von tiefstem Niveau aus verdreifacht.
Dieses Ergebnis lässt trotz der anhaltenden geopolitischen Unsicherheiten eine fortgesetzte konjunkturelle
Expansion in Österreich auch über den Jahreswechsel hinaus erwarten. Allerdings sind flankierende wirtschaftspolitische
Reformmaßnahmen angezeigt, um die Tragfähigkeit des Aufschwunges zu unterstützen.
In Übereinstimmung mit der vorsichtigeren Einschätzung des weiteren Konjunkturverlaufes pendeln sich
die Gesamtauftragsbestände auf einem auskömmlichen Niveau von +56 Punkten nach zuvor +60 Punkten ein.
Ebenfalls stabil, wenngleich auf etwas niedrigerem Niveau, präsentieren sich die Auslandsaufträge (+53
Punkte nach +52 Punkten). Hier schlägt sich der hohe Wettbewerbsdruck, sowohl aufgrund fortbestehender globaler
Überkapazitäten als auch aufgrund einer Aufwertung des Euro binnen Jahresfrist um 8 Prozent, zwar dämpfend
nieder, doch wird er in seinen realwirtschaftlichen Auswirkungen derzeit vom hohen europäischen Konjunkturmomentum
überkompensiert.
Die gute Mengenkonjunktur nutzend, planen die Unternehmen eine abermalige Ausweitung ihrer Produktionstätigkeit.
Der saisonbereinigte Wert auf Sicht eines Quartals legt von +24 Punkten auf +28 Punkte zu.
Der Rücksetzer des Vorquartals hinsichtlich des Beschäftigtenstandes wird zu diesem Termin nur zur Hälfte
kompensiert (+21 Punkte nach +17 Punkten). Die Beschäftigungsexpansion in der Industrie setzt sich somit zwar
fort, doch bremst der Fachkräftemangel trotz einer prinzipiell hohen Einstellungsneigung den Beschäftigungsaufbau.
Vor diesem Hintergrund sollte nicht nur die Beschäftigung in Österreich in den kommenden Monaten weiter
deutlich zunehmen, sondern auch die Arbeitslosigkeit – vor allem in den Bundesländern mit einer hohen Industriequote
– spürbar zurückgehen.
Bei der Entwicklung der Verkaufspreise erzwingen steigende Marktnotierungen für Industrierohstoffe eine Kostenüberwälzung,
sodass ein Saldo von +5 Punkten resultiert. Die Ära fallender Verkaufspreise für Industriegüter
ist somit Geschichte. Unter Berücksichtigung des entsprechenden zeitlichen Nachlaufs werden diese Produkte
folglich ihren dämpfenden Einfluss auf den Preisauftrieb bei Konsumgütern in Österreich allmählich
verlieren.
Der Saldo der Ertragslage erhöht sich vor dem Hintergrund der günstigen aktuellen Geschäftslage
nochmals leicht von +28 Punkten auf nunmehr +30 Punkte. Er liegt damit auf einem Niveau, welches schon seit einem
Jahr nahezu unverändert besteht. Positive Entwicklungen bei den Absatzmengen einerseits werden durch negative
Entwicklungen bei den nicht zur Gänze überwälzbaren Kostensteigerungen bei Vorprodukten andererseits
kompensiert, während hohe administrative Belastungen fortbestehen. Hingegen bilden sich die Ertragserwartungen
innerhalb des schon seit acht Jahren bestehenden Schwankungskorridors von +11 Punkten auf nunmehr +8 Punkte zurück.
Zur Befragungsmethode
An der jüngsten Konjunkturumfrage der Industriellenvereinigung beteiligten
sich 395 Unternehmen mit rund 261.300 Beschäftigten. Bei der Konjunkturumfrage der IV kommt die folgende Methode
zur Anwendung: Den Unternehmen werden drei Antwortmöglichkeiten vorgelegt: positiv, neutral und negativ. Errechnet
werden die (beschäftigungsgewichteten) Prozentanteile dieser Antwortkategorien, sodann wird der konjunktursensible
„Saldo“ aus den Prozentanteilen positiver und negativer Antworten unter Vernachlässigung der neutralen gebildet.
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