Innovative Partnerschaft der Institute in Linz und Magdeburg
Magdeburg/Linz (keplerklinikum) - Das Kepler Universitätsklinikum darf sich weltweit zu den Vorreitern
im Bereich der Digitalen Pathologie zählen. Von der Zusammenarbeit mit dem Universitätsinstitut für
Pathologie in Magdeburg (D) profitieren Patientenversorgung und Forschung gleichermaßen – durch eine bessere
Diagnostik mit hochempfindlichen Scannern können Befunde rasch und umfassend bewertet sowie Therapieentscheidungen
auf breiter Grundlage getroffen werden.
Unter dem Begriff „Digitale Pathologie“ versteht man den zunehmenden Einsatz informationstechnischer Systeme in
der Pathologie. Es geht um den schrittweisen Wechsel von der histopathologischen Diagnostik mit einem analogen
Mikroskop zur Diagnostik am Computer. Im weitesten Sinn umfasst der Begriff auch die Einführung digitaler
Verfahren zur Verarbeitung, Auswertung und Archivierung von so genannten Schnittpräparaten.
Gesundheitslandesrätin Mag.a Christine Haberlander zeigt sich von der nachhaltigen Wirkung überzeugt:
„Mit dem Pilotprojekt leistet unser Uniklinikum einen signifikanten Beitrag für den medizinischen Fortschritt
und schafft einen konkreten Nutzen für Patientinnen und Patienten. Es wird damit seiner Rolle gerecht, Pionierleistungen
bei medizinischen Technologien zu erbringen und Motor für entsprechende Innovationen in Oberösterreich
zu sein. Das gelingt wie in diesem Fall häufig über starke internationale Netzwerke und den fachlichen
Austausch mit führenden Expertinnen und Experten. Mein Dank gilt Primarius Dr. Rene Silye vom Kepler Uniklinikum
und dem Ordinarius des Instituts für Pathologie der Medizinischen Fakultät der Otto-von-Guericke Universität
Magdeburg, Prof. DDr. Johannes Haybäck, für ihre engagierte Zusammenarbeit. Ich bin überzeugt, dass
in der Folge auch andere Krankenanstalten im Bundesland auf den Zug der Digitalen Pathologie aufspringen werden,
sobald die entsprechenden technischen, fachlichen und personellen Voraussetzungen geschaffen sind. Je größer
das Netzwerk der Kooperationspartner, desto umfassender können die Vorzüge der Digitalen Pathologie zur
Anwendung kommen.“
Auch die beiden Geschäftsführer des Linzer Uniklinikums, Dr.in Elgin Drda und Dr. Heinz Brock zeigen
sich erfreut über das Pilotprojekt: „Durch eine wegweisende Partnerschaft mit dem Universitätsinstitut
für Pathologie in Magdeburg gelingt es uns als Kepler Universitätsklinikum, eine weltweite Vorreiterrolle
bei der Entwicklung der Digitalen Pathologie einzunehmen. Vor allem die Qualität, aber auch die Geschwindigkeit
von Befundungen wird somit entscheidend verbessert. Insbesondere in medizinischen Spezialgebieten ist es von großem
Wert für unsere Patientinnen und Patienten, dass wir auf digitalem Weg Zweitbegutachtungen ermöglichen
und auf Expertise anderer Institute zurückgreifen. So entsteht auch eine wechselseitige fachliche Befruchtung
der Kooperationspartner. Nicht zuletzt bedeutet die Digitale Pathologie auch für Lehre und Forschung einen
zusätzlichen Turbo“, so Drda und Brock.
So funktioniert Digitale Pathologie
Histologische Gewebeschnitte werden nicht nach der konventionellen Methode in das Mikroskop eingelegt, sondern
im Computer digitalisiert. Das heißt, dass sie hochauflösend eingescannt werden. Der Präparat-Scanner
erkennt gewisse Fokuspunkte im Gewebe und nimmt diese Bild für Bild auf. Eine 400-fache Vergrößerung
der Zellstrukturen ist digital ohne Qualitätsverlust für die pathologische Diagnostik verfügbar.
Das Pathologische Institut am Kepler Uniklinikum hat bereits die Digitalisierung aller Patientenproben (ca. 65.000
histologische Schnitte pro Jahr) in den Routinearbeitsablauf integriert.
Ein Schnitt mit Maßen von ungefähr 1x1 cm erzeugt unkomprimiert ca. sechs Gigabyte Datenvolumen. Zwar
kann man die Datenmenge komprimieren auf 0,5–1,5 GB, allerdings muss diese auch verwaltet werden. Um den Datenfluss
optimieren zu können, werden die Schnitte in einem sogenannten pyramidalen Format abgelegt. Bei diesem wird
dann bei Betrachtung nicht der gesamte Schnitt auf einmal geladen, sondern nur die Bildausschnitte beziehungsweise
die Kacheln, die der Pathologe betrachten will. Damit wird gewährleistet, dass das zu übertragende Datenvolumen
möglichst gering ist und die üblichen Bandbreiten der vorhandenen Netzwerkinfrastrukturen für die
Digitale Pathologie ausreichend sind. Dieses Prinzip eines pyramidalen Bildformats nutzt beispielsweise auch Google
Earth. Dass es sich um das erste Projekt digitalpathologischer Zusammenarbeit im deutschen Sprachraum handelt,
hat auch damit zu tun, dass in Linz und Magdeburg nicht nur medizinische, sondern auch medizintechnische und IT-technische
Voraussetzungen geschaffen werden konnten, die in ihrer Form einzigartig sind.
Die Vorteile der Digitalen Pathologie
Die Vorteile der digitalen Pathologie liegen auf der Hand: Referenzbefunde lassen sich schnell, zuverlässig
und ohne zusätzlichen Personalaufwand vor Ort erheben, da die Pathologen auf ein digitales Archiv zurückgreifen.
Schnittpräparate müssen nicht mehr händisch am Mikroskop gewechselt werden. Zu vergleichende Positionen
lassen sich dadurch innerhalb eines Präparats leichter wieder finden und mehrere Präparate können
gleichzeitig parallel mikroskopiert werden.
Weitere Merkmale sind:
- Möglichkeit der Analyse ausgewählter Felder von
Sichtbereichen mit jeder beliebigen Vergrößerung
- Quantitative Resultate für die Immunhistochemie
- Möglichkeit des Vergleichs der Unterschiede zwischen
aufeinanderfolgenden Biopsien, die sonst zeitaufwendig und mit dem bloßen Auge kaum zu erkennen sind
- Darstellung algorithmusidentifizierter Zellen und anderer
morphologischer Merkmale durch die computergestützte farbliche Markierung des digitalen Bildes
- Die computergestützte Bildanalyse kann verschiedene
Intensitäten der Einfärbung von Zellen sowie Zellstrukturen wie Nukleus, Membranen und Zytoplasma erkennen.
Sie hat den Vorteil quantitativer und einheitlicher Interpretationsmethoden.
Primarius Silye hebt hervor, dass die so genannte Morphometrie im digitalen Befundsystem integriert ist. Während
das menschliche Auge die unvergleichbare Fähigkeit habe, Strukturzusammenhänge zu erkennen sei der Computer
fähig, Zellmerkmale zu zählen und zu quantifizieren (z. B. die Zahl der sich rasch teilenden Zellen:
ein wichtiges Krebsmerkmal, auch für Therapieentscheidungen). „Pathologen können dadurch eine präzisere
Bildanalyse durchführen, mehr quantifizieren und vermehrt objektive Wege zur Diagnose von Krankheiten und
zur Bewertung der Wirksamkeit einer Therapie entwickeln“, meint Silye.
Nicht nur der Digitalisierungsprozess mit der Betrachtungssoftware gehöre zu den Vorteilen der digitalen Pathologie,
führt Primarius Dr. Rene Silye vom Institut für Pathologie am Kepler Uniklinikum weiter aus. „Sie bietet
vielmehr auch ein großes Potenzial für den nationalen und internationalen Austausch mit Experten. Über
Telepathologie-Konsultationen und Telekonferenzschaltungen können sie sich über digitalisierte histologische
Präparate in Echtzeit austauschen und Zweitmeinungen einholen. Dies fördert zum einen die Qualifikation
der „lokalen“ Pathologen, zum anderen dient es der Optimierung der Patientenversorgung durch eine schnellere Verfügbarkeit
spezialisierter Expertise“, so Silye.
Innovative Partnerschaft von Linz und Magdeburg
Das Pilotprojekt „Digitale Pathologie“ wurde seitens des Kepler Universitätsklinikums aus mehreren Gründen
mit der Universitätsklinik für Pathologie in Magdeburg (D) gestartet. Sowohl Primarius Dr. Rene Silye
als auch der Leiter der Magdeburger Pathologie, Prof. DDr. Johannes Haybäck, zählen europaweit auf dem
relativ neuen Gebiet der Digitalen Pathologie zu den wenigen Spezialisten und kennen sich daher persönlich
seit vielen Jahren. Da man in Magdeburg über äußerst seltenes pionierhaftes Know-how verfügt,
soll dort in absehbarer Zeit auch die europaweit erste Professur für Digitale Pathologie errichtet werden.
Dass die Beziehungen zwischen den Linzer und Magdeburger Pathologen besonders intensiv sind, mag auch daran liegen,
dass Prof. Haybäck gebürtiger Oberösterreicher ist. „Ich fühle mich meiner Heimat auch medizinisch
sehr verbunden und möchte gemeinsam mit dem Kepler Uniklinikum das Netzwerk digitalpathologischer Zusammenarbeit
auf weitere Einrichtungen in Österreich und Deutschland erweitern“, meint Professor DDr. Johannes Haybäck.
Prim. Dr. Rene Silye
Der gebürtige Wiener studierte an der Medizinischen Universität Wien und absolvierte in Linz am Krankenhaus
der Barmherzigen Schwestern seine Facharztausbildung. Ein Auslandsaufenthalt führte ihn an das Hammersmith
Hospital nach London. Ab 2002 leitete Silye das Institut für Pathologie an der Landes-Nervenklinik Wagner-Jauregg,
ab 2014 zudem das Institut für Pathologie am AKh Linz. Im Jahr 2016 wurden die beiden Institute unter dem
Dach des neuen Linzer Universitätsklinikums zusammengeführt. Dr. Silye ist seitdem Vorstand des gesamten
Instituts für Pathologie und Mikrobiologie am Kepler Uniklinikum.
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