Pilotprojekt „Digitale Pathologie“ erfolgreich gestartet

 

erstellt am
03. 11. 17
13:00 MEZ

Innovative Partnerschaft der Institute in Linz und Magdeburg
Magdeburg/Linz (keplerklinikum) - Das Kepler Universitätsklinikum darf sich weltweit zu den Vorreitern im Bereich der Digitalen Pathologie zählen. Von der Zusammenarbeit mit dem Universitätsinstitut für Pathologie in Magdeburg (D) profitieren Patientenversorgung und Forschung gleichermaßen – durch eine bessere Diagnostik mit hochempfindlichen Scannern können Befunde rasch und umfassend bewertet sowie Therapieentscheidungen auf breiter Grundlage getroffen werden.

Unter dem Begriff „Digitale Pathologie“ versteht man den zunehmenden Einsatz informationstechnischer Systeme in der Pathologie. Es geht um den schrittweisen Wechsel von der histopathologischen Diagnostik mit einem analogen Mikroskop zur Diagnostik am Computer. Im weitesten Sinn umfasst der Begriff auch die Einführung digitaler Verfahren zur Verarbeitung, Auswertung und Archivierung von so genannten Schnittpräparaten.

Gesundheitslandesrätin Mag.a Christine Haberlander zeigt sich von der nachhaltigen Wirkung überzeugt: „Mit dem Pilotprojekt leistet unser Uniklinikum einen signifikanten Beitrag für den medizinischen Fortschritt und schafft einen konkreten Nutzen für Patientinnen und Patienten. Es wird damit seiner Rolle gerecht, Pionierleistungen bei medizinischen Technologien zu erbringen und Motor für entsprechende Innovationen in Oberösterreich zu sein. Das gelingt wie in diesem Fall häufig über starke internationale Netzwerke und den fachlichen Austausch mit führenden Expertinnen und Experten. Mein Dank gilt Primarius Dr. Rene Silye vom Kepler Uniklinikum und dem Ordinarius des Instituts für Pathologie der Medizinischen Fakultät der Otto-von-Guericke Universität Magdeburg, Prof. DDr. Johannes Haybäck, für ihre engagierte Zusammenarbeit. Ich bin überzeugt, dass in der Folge auch andere Krankenanstalten im Bundesland auf den Zug der Digitalen Pathologie aufspringen werden, sobald die entsprechenden technischen, fachlichen und personellen Voraussetzungen geschaffen sind. Je größer das Netzwerk der Kooperationspartner, desto umfassender können die Vorzüge der Digitalen Pathologie zur Anwendung kommen.“

Auch die beiden Geschäftsführer des Linzer Uniklinikums, Dr.in Elgin Drda und Dr. Heinz Brock zeigen sich erfreut über das Pilotprojekt: „Durch eine wegweisende Partnerschaft mit dem Universitätsinstitut für Pathologie in Magdeburg gelingt es uns als Kepler Universitätsklinikum, eine weltweite Vorreiterrolle bei der Entwicklung der Digitalen Pathologie einzunehmen. Vor allem die Qualität, aber auch die Geschwindigkeit von Befundungen wird somit entscheidend verbessert. Insbesondere in medizinischen Spezialgebieten ist es von großem Wert für unsere Patientinnen und Patienten, dass wir auf digitalem Weg Zweitbegutachtungen ermöglichen und auf Expertise anderer Institute zurückgreifen. So entsteht auch eine wechselseitige fachliche Befruchtung der Kooperationspartner. Nicht zuletzt bedeutet die Digitale Pathologie auch für Lehre und Forschung einen zusätzlichen Turbo“, so Drda und Brock.

So funktioniert Digitale Pathologie
Histologische Gewebeschnitte werden nicht nach der konventionellen Methode in das Mikroskop eingelegt, sondern im Computer digitalisiert. Das heißt, dass sie hochauflösend eingescannt werden. Der Präparat-Scanner erkennt gewisse Fokuspunkte im Gewebe und nimmt diese Bild für Bild auf. Eine 400-fache Vergrößerung der Zellstrukturen ist digital ohne Qualitätsverlust für die pathologische Diagnostik verfügbar. Das Pathologische Institut am Kepler Uniklinikum hat bereits die Digitalisierung aller Patientenproben (ca. 65.000 histologische Schnitte pro Jahr) in den Routinearbeitsablauf integriert.

Ein Schnitt mit Maßen von ungefähr 1x1 cm erzeugt unkomprimiert ca. sechs Gigabyte Datenvolumen. Zwar kann man die Datenmenge komprimieren auf 0,5–1,5 GB, allerdings muss diese auch verwaltet werden. Um den Datenfluss optimieren zu können, werden die Schnitte in einem sogenannten pyramidalen Format abgelegt. Bei diesem wird dann bei Betrachtung nicht der gesamte Schnitt auf einmal geladen, sondern nur die Bildausschnitte beziehungsweise die Kacheln, die der Pathologe betrachten will. Damit wird gewährleistet, dass das zu übertragende Datenvolumen möglichst gering ist und die üblichen Bandbreiten der vorhandenen Netzwerkinfrastrukturen für die Digitale Pathologie ausreichend sind. Dieses Prinzip eines pyramidalen Bildformats nutzt beispielsweise auch Google Earth. Dass es sich um das erste Projekt digitalpathologischer Zusammenarbeit im deutschen Sprachraum handelt, hat auch damit zu tun, dass in Linz und Magdeburg nicht nur medizinische, sondern auch medizintechnische und IT-technische Voraussetzungen geschaffen werden konnten, die in ihrer Form einzigartig sind.

Die Vorteile der Digitalen Pathologie
Die Vorteile der digitalen Pathologie liegen auf der Hand: Referenzbefunde lassen sich schnell, zuverlässig und ohne zusätzlichen Personalaufwand vor Ort erheben, da die Pathologen auf ein digitales Archiv zurückgreifen. Schnittpräparate müssen nicht mehr händisch am Mikroskop gewechselt werden. Zu vergleichende Positionen lassen sich dadurch innerhalb eines Präparats leichter wieder finden und mehrere Präparate können gleichzeitig parallel mikroskopiert werden.

Weitere Merkmale sind:

  • Möglichkeit der Analyse ausgewählter Felder von Sichtbereichen mit jeder beliebigen Vergrößerung
  • Quantitative Resultate für die Immunhistochemie
  • Möglichkeit des Vergleichs der Unterschiede zwischen aufeinanderfolgenden Biopsien, die sonst zeitaufwendig und mit dem bloßen Auge kaum zu erkennen sind
  • Darstellung algorithmusidentifizierter Zellen und anderer morphologischer Merkmale durch die computergestützte farbliche Markierung des digitalen Bildes
  • Die computergestützte Bildanalyse kann verschiedene Intensitäten der Einfärbung von Zellen sowie Zellstrukturen wie Nukleus, Membranen und Zytoplasma erkennen. Sie hat den Vorteil quantitativer und einheitlicher Interpretationsmethoden.

Primarius Silye hebt hervor, dass die so genannte Morphometrie im digitalen Befundsystem integriert ist. Während das menschliche Auge die unvergleichbare Fähigkeit habe, Strukturzusammenhänge zu erkennen sei der Computer fähig, Zellmerkmale zu zählen und zu quantifizieren (z. B. die Zahl der sich rasch teilenden Zellen: ein wichtiges Krebsmerkmal, auch für Therapieentscheidungen). „Pathologen können dadurch eine präzisere Bildanalyse durchführen, mehr quantifizieren und vermehrt objektive Wege zur Diagnose von Krankheiten und zur Bewertung der Wirksamkeit einer Therapie entwickeln“, meint Silye.


Nicht nur der Digitalisierungsprozess mit der Betrachtungssoftware gehöre zu den Vorteilen der digitalen Pathologie, führt Primarius Dr. Rene Silye vom Institut für Pathologie am Kepler Uniklinikum weiter aus. „Sie bietet vielmehr auch ein großes Potenzial für den nationalen und internationalen Austausch mit Experten. Über Telepathologie-Konsultationen und Telekonferenzschaltungen können sie sich über digitalisierte histologische Präparate in Echtzeit austauschen und Zweitmeinungen einholen. Dies fördert zum einen die Qualifikation der „lokalen“ Pathologen, zum anderen dient es der Optimierung der Patientenversorgung durch eine schnellere Verfügbarkeit spezialisierter Expertise“, so Silye.

Innovative Partnerschaft von Linz und Magdeburg
Das Pilotprojekt „Digitale Pathologie“ wurde seitens des Kepler Universitätsklinikums aus mehreren Gründen mit der Universitätsklinik für Pathologie in Magdeburg (D) gestartet. Sowohl Primarius Dr. Rene Silye als auch der Leiter der Magdeburger Pathologie, Prof. DDr. Johannes Haybäck, zählen europaweit auf dem relativ neuen Gebiet der Digitalen Pathologie zu den wenigen Spezialisten und kennen sich daher persönlich seit vielen Jahren. Da man in Magdeburg über äußerst seltenes pionierhaftes Know-how verfügt, soll dort in absehbarer Zeit auch die europaweit erste Professur für Digitale Pathologie errichtet werden.

Dass die Beziehungen zwischen den Linzer und Magdeburger Pathologen besonders intensiv sind, mag auch daran liegen, dass Prof. Haybäck gebürtiger Oberösterreicher ist. „Ich fühle mich meiner Heimat auch medizinisch sehr verbunden und möchte gemeinsam mit dem Kepler Uniklinikum das Netzwerk digitalpathologischer Zusammenarbeit auf weitere Einrichtungen in Österreich und Deutschland erweitern“, meint Professor DDr. Johannes Haybäck.

Prim. Dr. Rene Silye
Der gebürtige Wiener studierte an der Medizinischen Universität Wien und absolvierte in Linz am Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern seine Facharztausbildung. Ein Auslandsaufenthalt führte ihn an das Hammersmith Hospital nach London. Ab 2002 leitete Silye das Institut für Pathologie an der Landes-Nervenklinik Wagner-Jauregg, ab 2014 zudem das Institut für Pathologie am AKh Linz. Im Jahr 2016 wurden die beiden Institute unter dem Dach des neuen Linzer Universitätsklinikums zusammengeführt. Dr. Silye ist seitdem Vorstand des gesamten Instituts für Pathologie und Mikrobiologie am Kepler Uniklinikum.

 

 

 

Allgemeine Informationen:
http://www.kepleruniklinikum.at

 

 

 

 

 

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