Bischof Zsifkovics in Rom: Europa
 braucht eine Zukunftsvision

 

erstellt am
02. 11. 17
13:00 MEZ

Rom/Eisenstadt (martinus) - Eisenstädter Diözesanbischof Ägidius J. Zsifkovics, in der Österreichischen Bischofskonferenz für Europafragen zuständig, nahm am internationalen Zukunftsdialog "(Re)thinking Europe" der Kommission der EU-Bischofskonferenzen (ComECE) im Vatikan teil – "Wir alle sind aufgerufen, das uns Mögliche zu tun, um an einem gemeinsamen Europa zu bauen."

Europa braucht eine Zukunftsvision und einen positiveren Diskurs über die Gestaltung des europäischen Gemeinschafts-, Solidaritäts- und Friedensprojekts. Davon ist Diözesanbischof Ägidius J. Zsifkovics, zugleich "Europabischof" innerhalb der Österreichischen Bischofskonferenz, überzeugt. "Dieser Diskurs darf nicht auf die Suche nach tatsächlichen oder vermeintlichen Fehlern, Mankos und negativen Aspekten eingeengt werden. Wir müssen bei aller kritischen Reflexion immer auch neue Perspektiven aufzeigen und gemeinsam an Lösungen für die Zukunft arbeiten", betonte der Bischof im Rahmen des Zukunftsdialogs "(Re)thinking Europe. Ein Christlicher Beitrag zur Zukunft des Europäischen Projekts" der Kommission der EU-Bischofskonferenzen (ComECE).

Hochrangige internationale Tagung
Hunderte hochrangige kirchliche und politische Führungspersönlichkeiten trafen vom 27. bis 29. Oktober 2017 im Vatikan zusammen, um gemeinsam über grundlegende Herausforderungen des europäischen Projekts zu debattieren. Im Rahmen der Tagung sprach auch Papst Franziskus zu den Teilnehmenden. Er bekräftigte in seiner Rede das Bekenntnis und das Engagement der Kirche für das Friedensprojekt Europa.

Ja zu Selbstbewusstsein, Warnung vor Nationalismen
Im Zuge des hochrangigen Dialogs sprach sich "Europabischof" Zsifkovics klar gegen wachsende Nationalismen aus, die Unsicherheiten und Orientierungsverluste durch die Konstruktion von Feindbildern und das Gegeneinander-Ausspielen von "Wir" und den "Fremden" zu manipulieren und zu instrumentalisieren versuchen. Solche Nationalismen seien jedoch keineswegs gleichzusetzen mit einem gesunden Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen in die je eigene Identität, etwa als gemeinsame Volksgruppe und Kultur: "Eine gesunde Identität kann und muss in Europa ihren Platz haben", sagte der Bischof. Gerade diese Vielfalt innerhalb des einen europäischen Friedensprojekts sei eine große Bereicherung und Stärke des Kontinents, die es zu bewahren und zu fördern gelte, ohne jedoch in Tendenzen des Sich-Einigelns und Sich-Einmauerns zu verfallen.

Pluralität als Bereicherung und Lernchance
Auch in der Kirche sei diese Pluralität ein Segen und Schatz. Man sollte die Kirche in Europa deshalb "nicht auf eine Stimme verengen", so Bischof Zsifkovics, der dabei auch die mitunter unterschiedlichen Positionen östlicher und westeuropäischer Bischofskonferenzen etwa in der Migrationsdebatte im Blick hatte. Es sei notwendig, betonte der Diözesan- und Europabischof, immer die Hintergründe und Kontexte der jeweiligen Haltungen und Positionen mit zu bedenken. Schließlich gebe es im westlichen und östlichen Teil Europas "unterschiedliche Situationen, Hintergründe und Entwicklungen". Dialog habe immer auch mit der Fähigkeit zu tun, die Perspektiven der jeweils anderen nachvollziehen und die eigenen Sichtweisen durch solche Perspektivenwechsel dezentrieren zu können. "Dann können wir auch wirklich voneinander lernen. Voraussetzung dafür ist ein gesunder Austausch, der weder mit Hegemonie noch mit Hybris vereinbar ist." Zugleich rief der Bischof dazu auf, „dass wir uns wieder auf die Grundlagen besinnen, die uns allen gemeinsam sind. Werden wir uns unserer christlichen Fundamente und Wurzeln bewusst und bringen wir sie glaubwürdig in die Gesellschaft ein", appellierte Bischof Zsifkovics.

"Wir alle sollen Europa gestalten"
Ein Bekenntnis zur Pluralität, eine offene und positive Haltung zu Europa und die Anerkennung kultureller, sprachlicher, religiöser usw. Vielfalt erwarte sich der Diözesanbischof auch von der künftigen Bundesregierung in Österreich. "Österreich ist ein Land, in dem es immer viele Völker, viele Sprachen, viele Konfessionen und Religionen gegeben hat. Europa ist für uns nicht etwas, das es erst zu entdecken gilt. Europa ist bei uns voll angekommen", so Bischof Zsifkovics. Das bedeute aber zugleich, eine konstruktive, positive Haltung zu Europa einzunehmen und sich als Teil einer Gemeinschaft zu begreifen, an deren Mitwirkung und Gestaltung alle aufgerufen sind. "Wir alle sind aufgerufen, das uns jeweils Mögliche zu tun, um an einem gemeinsamen Europa zu bauen. Kein Schritt für dieses gemeinsame Zukunftsprojekt kann zu klein sein", ermutigt Bischof Zsifkovics.

An der Dialogveranstaltung in Rom nahmen vom 27. bis 29. Oktober rund 350 Vertreter aus Politik, Kirche und Gesellschaft aus allen 28 EU-Staaten teil. Am Samstag äußerte sich Papst Franziskus in einer Europa-Grundsatzrede vor den Teilnehmern, unter ihnen EU-Kommissionsvizepräsident Frans Timmermans sowie die Europaparlamentspräsidenten Antonio Tajani und Mairead McGuiness. In Workshops und Diskussionen sollten mögliche Brücken zwischen und innerhalb von Mitgliedsstaaten etwa in Fragen der Integration, zur Demokratie in Europa und zur Gestaltung des Wirtschaftssystems vorbereitet und aufgebaut werden.

Europa braucht das Aufeinander-Hören
Diözesan- und Europabischof Zsifkovics zog ein positives Fazit. Das Dialogforum habe gezeigt, wie wichtig das gegenseitige Aufeinander-Hören ist. "Für mich war erhellend zu sehen, dass die Basis in Europa eigentlich willens ist, gemeinsam zu leben, und dass sie auch willens ist, dieses Europa gemeinsam zu bauen".

 

 

 

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