Wien wird chic!

 

erstellt am
02. 11. 17
13:00 MEZ

"Kauft bei Juden! Geschichte einer Wiener Geschäftskultur" – nur noch bis 19. November im Jüdischen Museum Wien, Museum Dorotheergasse
Wien - Das Thema der jüdischen Kaufhäuser in Wien war bis jetzt weitgehend unerforscht. Astrid Peterle und Janine Zettl rechechierten, spürten auf, trugen zusammen, von Maßkleidern bis zum Werbezettel, von Büsten bis zu Gemälden und machten eine großartige, berührende Ausstellung daraus. Wer erinnert nicht an Namen wie Gerngross, Zwieback, Rothberger, Braun & Co., Goldman & Salatsch, Jungmann & Neffe oder Knize werden durch die Ausstellung ins Gedächtnis der Stadt zurückgeholt.

© Bildarchiv der österreichischen Nationalbibliothek

Eindrucksvolle Objekte erzählen nicht nur die Geschichten der Familien, sondern auch von Architektur und Inszenierung, den Designern, der Klientel sowie Verkäufern, Schneidern und Schaufensterdekorateuren.

Fotografie Stephansplatz Kaufhaus Rothberger
© Bildarchiv der österreichischen Nationalbibliothek

In Wien bringt die sogenannte Gründerzeit Mitte des 19 Jahrhunderts der Stadt einen ungeheuren Boom. Neben dem Bau der Ringstraße, dem Aufschwung in Kultur und Wissenschaften entsteht die Kaufhauskultur: im ersten Bezirk noble k.u.k. Hoflieferanten, in der Vorstadt Warenhäuser wie Dichter, Krupnik und Wodicka. Wie ein Geschäftsinhaber das Label k.u.k. Hoflieferant wurde, erfährt man auch in der Ausstellung: dass er an den Kaiserhof lieferte, war keine Voraussetzung, aber neben Umsatzzahlen und Sortiment mussten die hochwohlgeborenen Kundinnen mit Namen aufgelistet werden, da findet man dann die Namen alter Adelsfamilien und sogar die Kronprinzessin Witwe Erzherzogin Stefanie, die bei Ignaz Bittmann in der Kärntner Straße 26 einkaufte

Ella Zwieback
© imagno

Im "goldenen Gästebuch" von Braun & Co. am Graben sind Alma Mahler und Richard Strauss vermerkt. Die Großmutter der Autorin war dort auch Kundin.



Ein Besuch beim Gerngross oder bei Braun & Co. war ein Erlebnis: Großmutter ließ ihre Haare legen - sprich sie ging zum Friseur - zog sich und mich, die älteste Enkelin, schick an und wir begaben uns ins Luxusambiente der Kaufhäuser. Selige Stunden verbrachten wir im "Kaufhaus der Wiener" beim Gerngroß, ehrfurchtsvoll lauschte ich den Verkaufsgesprächen beim Braun.

Die Geschichte von Ella Zirner-Zwieback, aus der Maison Zwieback auf der Kärntner Straße 11, der eine eigene Vitrine gewidmet ist, spiegelt die Weltwirtschaftskrise wider, der in den späten 1920er Jahren viele Kaufhäuser zum Opfer fielen: Ella Zirner-Zwieback konnte den Konkurs abwenden, setzte aber in den 1930er Jahren auf erschwingliche Ware

Bereits Jahrzehnte vor der Machtübernahme durch die Nazis waren jüdische Unternehmer das Ziel antisemitischer Propaganda: der Begriff des "Warenhausjuden" wurde geboren. Stationen der Zerstörung, der Arisierung und der Restitution dokumentieren eindringlich den Untergang einer Wiener Geschäftskultur.


Schautafeln Vitrinen mit zweisprachigen Texten - deutsch und englisch - einige historische Filmsequenzen und viele Schaustücke und Dokumente, auch eine Übersicht für die Lohnabrechnungen der Arbeiter und Arbeiterinnen lassen eine Zeit und eine Branche erstehen, die es so in Wie nicht mehr gibt.

Der Katalog zur Ausstellung ist ebenso sorgfältig und umfassend produziert: mit vielen Abbildungen und Fotos ist "Kauft bei Juden! Geschichte einer Wiener Geschäftskultur. By from Jews! Story of a Viennese store culture" ein wertvolles Zeugnis Zeitgeschichte und sicher für viele von uns noch in Erinnerung.

MMag. Melitta Matoušek
http://www.maezenatentum.at

 

 

 

Allgemeine Informationen:
http://www.jmw.at

 

 

 

 

 

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