Seit vier Jahren gibt es im Bundeskriminalamt das "Kompetenzzentrum für abgängige
Personen" (KAP). Ziel von KAP ist es, die österreichischen Sicherheitsdienststellen bei der Vermisstensuche
zu unterstützen.
Wien (bk) - Zu den Arbeitsschwerpunkten des "Kompetenzzentrums für abgängige Personen"
(KAP) in den vergangenen vier Jahren zählte einerseits die Erstellung von Lagebildern als Grundlage für
weitere Maßnahmen und Projekte. Auf dieser Basis wurden zielgruppenorientierte Präventionsmaßnahmen
erarbeitet, die die Zusammenarbeit mit anderen Organisationen und Organisationseinheiten in den Mittelpunkt stellen.
Darüber hinaus wurde die Öffentlichkeitsarbeit auf den unterschiedlichsten Kanälen erhöht,
das Beschwerdemanagement verbessert und durch Schulungen und externe Expertise das Wissens- und Qualitätsmanagement
gehoben.
Derzeitiges Lagebild
Als Grundlage für die Datenerfassung wird das Elektronische Kriminalpolizeiliche Informationssystem (EKIS)
herangezogen. Mithilfe einer Business-Intelligence-Lösung liegen seit 2015 qualitativ hochwertige und aussagekräftige
Daten vor, die folgende Entwicklung zeigen: Seit Jänner 2015 ist die Zahl der Abgängigen in Österreich
von rund 800 Personen auf etwa 1.300 Personen angestiegen. Dieser hohe Anstieg von etwa 58 Prozent seit Jänner
2015 ist auf die Auswirkungen der anhaltenden Flüchtlingsbewegungen innerhalb Europas zurückzuführen.
Besonders genau beobachtet wurde der Anstieg der "Unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge"
(UMF), da es sich um eine besonders verletzliche Personengruppe handelt. Aus diesem Anlass findet ein regelmäßiger
Informationsaustausch mit dem für die Bekämpfung des Menschenhandels und der Schlepperei zuständigen
Büro im Bundeskriminalamt statt. Bis dato liegen keine dokumentierten Fälle von Menschenhandel oder Ausbeutung
zum Nachteil abgängiger minderjähriger Fremder in Österreich vor.
Fälle von Abgängigkeit in Österreich
Im Jahr 2016 wurden österreichweit insgesamt 8.887 Abgängigkeitsfälle bearbeitet und im EKIS
gespeichert. Davon betrafen 6.322 Fälle EU-Bürgerinnen und -Bürger sowie 2.565 Nicht-EU-Bürgerinnen
und -Bürger.
Während die Klärungsrate bei abgängigen EU-Bürgerinnen und -Bürgern bei 99,3 Prozent liegt,
konnten bei abgängigen Nicht-EU-Bürgerinnen und -Bürgern nur 89,7 Prozent der Fälle geklärt
werden.
Zusammenarbeit mit Zielgruppen
In den vergangenen Jahren stand der Ausbau der Zusammenarbeit mit Vereinen, Betreuungseinrichtungen und Interessensgruppen
im Mittelpunkt. Das KAP hat in einem bis Ende 2017 dauernden Probebetrieb eine Initiative gestartet, eine Reduktion
von wiederholten Abgängigkeiten aus fünf Betreuungseinrichtungen für Minderjährige in Wien,
Niederösterreich, Oberösterreich und Kärnten zu erreichen.
Nach entsprechenden statistischen Auswertungen konnten jene Polizeidienststellen, die von diesem Phänomen
besonders stark betroffen sind, herausgefiltert und dort speziell ausgebildete Polizistinnen und Polizisten für
diese Idee gewonnen werden. Auf freiwilliger Basis intensivieren sie die Zusammenarbeit mit den Leiterinnen und
Leitern der Betreuungseinrichtungen und streben eine fokussierte Betreuung der dort untergebrachten Jugendlichen
an.
Durch dieses Projekt soll das Zusammenwirken mit den Verantwortlichen vor und bei der Anzeigeerstattung optimiert,
aber auch die möglichen Folgen einer Abgängigkeit im Dialog mit den Minderjährigen diskutiert werden.
Hilfe für pflegende Angehörige
Eine nachhaltige Hilfe wird es zukünftig auch für pflegende Angehörige oder Betreuende von dementen
Menschen geben. Das KAP hat dafür ein Formblatt erstellt, das bei der Suche und Identifizierung nach abgängigen
dementen Personen unterstützen soll.
Bereits im Vorfeld können damit Informationen gesammelt und dokumentiert werden, die der Polizei in weiterer
Folge sofort zur Verfügung stehen. So kann eine schnelle und zielgerichtete Suche eingeleitet und dadurch
eine raschere Auffindung der vermissten Person ermöglicht werden. Denn gerade der Zeitfaktor spielt bei der
Suche nach pflegebedürftigen Menschen eine große Rolle.
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