Rom/Wien (öaw) - Die Quantenphysikerin Francesca Ferlaino erhält in dieser Woche den Antonio-Feltrinelli-Nachwuchspreis
in Physik. Diese mit 50.000 Euro dotierte Auszeichnung wird heuer erstmals vergeben und geht an italienische Gelehrte
unter 40 Jahren, die in ihrem Fach außergewöhnliche und international beachtete Erfolge erzielt haben.
Die Accademia dei Lincei, die nationale Akademie der Wissenschaften Italiens, verleiht am 10. November 2017 im
Rahmen der alljährlichen Eröffnung des akademischen Jahres die Antonio-Feltrinelli-Preise an herausragende
Persönlichkeiten aus Wissenschaft und Kunst. Es ist die höchste derartige Auszeichnung in Italien. In
diesem Jahr erstmals vergeben werden vier Nachwuchspreise in der Höhe von je 50.000 Euro in den Fachgebieten
Astronomie, Mathematik, Medizin und Physik. Die in Neapel geborene Quantenphysikerin Francesca Ferlaino erhält
den Preis für ihre herausragenden Leistungen auf dem Gebiet der ultrakalten Quantengase. Ferlaino ist Professorin
am Institut für Experimentalphysik der Universität Innsbruck und wissenschaftliche Direktorin am Institut
für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Die
weiteren Nachwuchspreise gehen an die Krebsforscherin Carlotta Giorgi, den Mathematiker Alessio Figalli und den
Astrophysiker Antonino Milone. Der mit 250.000 Euro dotierte internationale Literaturpreis wird heuer dem bekannten
israelischen Schriftsteller Abraham B. Yehoshua verliehen.
Ultrakalte Gase
Die Experimentalphysikerin Francesca Ferlaino erforscht ultrakalte Quantenmaterie, in der die Teilchen den
Regeln der Quantenmechanik gehorchen. Die Eigenschaften dieser Teilchen können heute im Labor sehr gut kontrolliert
werden. Dies ermöglicht die Untersuchung von quantenmechanischen Phänomenen, die sonst kaum zugänglich
sind. Ferlainos Schwerpunkt liegt in der Erforschung von dipolaren Quantenphänomenen. Gemeinsam mit ihrem
Team war sie die erste, die ultrakalte Quantengase aus Erbiumatomen erzeugt hat. Die relativ schweren Atome der
seltenen Erden bieten eine neue Spielwiese zum Studium des komplexen Quantenverhaltens, wo Wechselwirkung über
große Distanzen und Richtungsabhängigkeit ins Spiel kommen. Damit will sie ein grundlegendes Verständnis
von komplexen, geometrieabhängigen Quantensystemen schaffen und in bisher unerforschte Gebiete der Physik
vordringen. Als Quantensimulator kann dieser Ansatz dazu genutzt werden, um ein tieferes Verständnis der Quanteneigenschaften
von Materie zu erlangen.
Zur Person
Francesca Ferlaino hat an der Universität Neapel Federico II Physik studiert. Das Diplomstudium schloss
sie 2000 mit einer theoretischen Arbeit zu Bose-Einstein-Kondensaten ab, die in Neapel und an der International
School for Advanced Studies (SISSA) in Triest entstand. Sie wendete ihr Forschungsinteresse dann der Experimentalphysik
zu und promovierte am European Laboratory for Non-linear Spectroscopy (LENS) in Florenz. Francesca arbeitete an
der ersten Realisierung eines Quantengases von Atomen verschiedener chemischer Elemente mit. 2007 kam sie nach
Innsbruck, wo sie zunächst als Gastwissenschaftlerin, dann als Postdoc und Lise-Meitner-Fellow tätig
war. Seit 2014 ist Francesca Ferlaino Professorin für Atomphysik an der Universität Innsbruck und wissenschaftliche
Direktorin am Institut für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI).
Die 39-jährige Wissenschaftlerin wurde bereits vielfach für ihre Leistungen ausgezeichnet, so mit
einer Alexander-von-Humboldt-Professur, dem Wissenschaftspreis der Stadt Innsbruck, dem Ignaz L. Lieben-Preis und
dem Fritz-Kohlrausch-Preis. Sie erhielt außerdem den START-Preis sowie einen ERC-Starting Grant und einen
ERC-Consolidator-Grant.
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