An der Medizinischen Universität Graz wurde, unterstützt vom Wissenschaftsfonds FWF,
ein Biomarker für Brustkrebs mit schlechten Heilungschancen gefunden und gleich zwei praktikable Nachweismethoden
für Gewebeproben entwickelt.
Graz (meduni-graz) - Brustkrebs ist der häufigste bösartige Tumor bei Frauen weltweit. In Österreich
erkranken knapp 5.500 Frauen jährlich an dieser Krebsart und 1.500 sterben trotz Früherkennung daran.
Wenn ein Knoten in der Brust aufgespürt wird, ist eine Biopsie der nächste Schritt in der klinischen
Praxis. Gegen die bangen Stunden bei den betroffenen Frauen gibt es kein Rezept. Die Gewebeprobe gibt weitere Hinweise
für Diagnose und Behandlung. Wenn der Brusttumor bösartig ist, wird gleich der Subtyp mitbestimmt. Je
nach Tumor-Subtyp kommen unterschiedliche Behandlungsmethoden infrage. „Mit der Patientin wird nach der Analyse
im interdisziplinären Tumor-Board besprochen, welche Therapien zur Verfügung stehen und, wenn gewünscht,
die Chance auf Heilung diskutiert“, erklärt Krebsmediziner Thomas Bauernhofer von der Universitätsklinik
Graz.
Parallel dazu hat der Onkologe, unterstützt vom Wissenschaftsfonds FWF, an der Medizinischen Universität
Graz einen Biomarker untersucht, der auf schlechtere Heilungschancen von Brustkrebs-Patientinnen hinweist. In fünfjähriger
Forschungsarbeit gelang in enger Abstimmung mit den Instituten für Biophysik und Pathologie im Haus der Nachweis:
Ein höherer Gehalt von GIRK1-Protein zeigt eine höhere Rückfallhäufigkeit und Sterblichkeit
von Patientinnen mit dem hormonabhängigen Tumor-Subtyp (ER+) nach der Operation des Brustkrebs an.
Baustein eines Ionenkanals als Biomarker
Das Protein GIRK1 ist einer von zumindest zwei benötigten Bausteinen, die funktionstüchtige Kalium-Ionenkanäle
in der Zellmembran aufbauen. Solche Ionenkanäle sind in Herz, Hirn oder Bauchspeicheldrüse des Menschen
unverzichtbar und sorgen etwa dafür, dass das Herz schlägt. Eine wissenschaftliche Publikation mit kleiner
Fallzahl, die GIRK1 in Brustkrebs fand, brachte das Team auf die Spur des Proteins als Biomarker. Zunächst
wurde eine große Menge Messenger RNA (mRNA), eine Vorstufe zur Herstellung des GIRK1-Proteins, in Brustkrebs-Zelllinien
und -Gewebe nachgewiesen. Durch die Korrelation von Gewebeproben und genetischen Profilen von Brust-Tumoren mit
den Überlebensdaten der Frauen, können nun besonders gefährdete Patientinnen identifiziert werden:
„Brustkrebs-Patientinnen mit einem Östrogenrezeptor-positiven (ER+) Tumor sprechen gewöhnlich gut auf
eine Hormonbehandlung an. Wenn der ER+-Tumor jedoch viel GIRK1 erzeugt, haben die Patientinnen eine geringere Überlebenswahrscheinlichkeit“,
erläutert Thomas Bauernhofer. Bei zirka 60 Prozent aller Patientinnen mit Brustkrebs wird ein ER+-Tumorsubtyp
festgestellt.
Im Rahmen des FWF-Projekts wurden zwei Methoden entwickelt, um die übersteigerte GIRK1-Produktion in Gewebeschnitten
nachzuweisen. Viele Monate suchte das Team nach einer geeigneten Färbemethode mittels Immunhistochemie. Von
der nun erfolgreich etablierten Methode profitieren auch Forscherinnen und Forscher, die sich mit dem GIRK-Ionenkanal
in anderen Kontexten beschäftigen. Die zweite Nachweismethode (Fluoreszenz In-situ-Hybridisierung) ermöglicht
es sogar, die Expression der GIRK1-mRNA im Tumorgewebe mit automatischer Bildanalyse zu bestimmen.
Welche Gene arbeiten parallel?
In einer Gencluster-Untersuchung wies das Grazer Team zudem nach, dass neben dem Gen für GIRK1 drei weitere
im Tumor sehr aktiv werden. „Zwei Gene sind mit einem Östrogenrezeptor assoziiert, ein weiteres mit dem Angiotensin
II Rezeptor“, beschreibt Thomas Bauernhofer. Die höhere Sterblichkeit der Frauen mit Östrogenrezeptor-positivem
Tumor und hoher GIRK1-Expression könnte mit einer schlechteren Wirkung der Hormontherapie oder einer höheren
Metastasierungsfähigkeit zu tun haben. GIRK1 könnte aber auch ein neues Behandlungstarget werden. Die
Zusammenhänge möchte Thomas Bauernhofer nun genauer klären: „Es ist noch zu früh, den Biomarker
bei jeder Biopsie mitzubestimmen. Unsere Ergebnisse haben noch keine therapeutischen Konsequenzen, aber um den
Zusammenhang von GIRK1 mit der schlechten Überlebensrate müssen wir uns kümmern.“
Zur Person
Thomas Bauernhofer ist Facharzt für Innere Medizin und Hämato-Onkologie an der Klinischen Abteilung für
Onkologie der Universitätsklinik in Graz und stellvertretender Abteilungsleiter. Er studierte Medizin an
der Karl-Franzens-Universität in Graz und forschte am Pittsburgh Cancer Insitute (USA). Der Mediziner leitet
gemeinsam mit Wolfgang Schreibmayer die Forschungseinheit zu Ionenkanälen Cancer Biology an der Medizinischen
Universität Graz. Bauernhofer ist Mitglied der European Society for Medical Oncology.
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