Pflegekindern ein sicheres Zuhause geben

 

erstellt am
20. 11. 17
13:00 MEZ

Kinder- und JugendhilfereferentInnenkonferenz der Länder in Tirol
Innsbruck (lk) - „Familien stärken, Kinder schützen“ – nach diesem Motto arbeiten die Kinder- und Jugendhilfebehörden der Länder. Oberste Aufgabe ist es, das Kindeswohl sicherzustellen, wenn dieses im Familienverband nicht mehr gewährleistet ist. „Jedes Kind hat das Recht, in Sicherheit und Geborgenheit, frei von Not und Gewalt aufzuwachsen. Die UN-Kinderrechtskonvention schreibt das Recht des Kindes auf Schutz, Fürsorge und Unterstützung sowie die Kontinuität in der Erziehung fest“, betont LRin Christine Baur, zuständig für die Kinder- und Jugendhilfe in Tirol, wo am 16. und 17. November die diesjährige Kinder- und JugendhilfereferentInnenkonferenz abgehalten wurde.

Perspektiven für Kinder rascher klären
Wenn das Wohl eines Kindes ernstlich gefährdet ist, so kann der Kinder- und Jugendhilfeträger dringende Maßnahmen der Pflege und Erziehung bis zur gerichtlichen Entscheidung selbst treffen. In diesen Fällen ist die Kinder- und Jugendhilfe vorübergehend allein mit der Obsorge betraut. „Für die Entwicklung eines Kindes, insbesondere eines Kleinkindes, ist es ganz wichtig, Sicherheit und Perspektiven zu haben“, betont LRin Baur, die sich daher gemeinsam mit ihren KollegInnen für beschleunigte Verfahren ausspricht. Dabei sei auch eine intensivere Kooperation zwischen Pflegschaftsgerichten, der Kinder- und Jugendhilfe sowie den Eltern notwendig. „Eltern können während des Verfahrens Aufträge zur Verbesserung ihrer Lebenssituation erhalten, die durch entsprechende Hilfestellungen unterstützt werden. Auch für den Zeitraum einer vorläufigen Obsorgeregelung sollten die Kontakte zwischen Eltern und Kindern geregelt werden“, fordert LRin Baur.

Reformbedarf Pflegekindschaftsrecht
Der Reformbedarf im Pflegschaftsrecht stellte ein zentrales Thema der Tagung dar. „Pflegeeltern geben den ihnen anvertrauten Kindern, welche oft belastende Ereignisse erfahren haben, Liebe, Geborgenheit, Zuwendung und Aufmerksamkeit. Das Kindeswohl hat immer Vorrang. Im speziellen Fall der Pflegekinder muss das Augenmerk auf ein stabiles Lebensumfeld gelegt werden“, weiß LRin Baur. In Tirol lebten 2016 insgesamt 236 Minderjährige in Pflegefamilien.

Kindeswohl als wichtigstes Kriterium bei Entscheidungen über die Obsorge
Hat sich die Situation in der Herkunftsfamilie soweit stabilisiert, dass leibliche Eltern bei Gericht eine Rückführung ihres Kindes beantragen, muss das Kindeswohl in den Mittelpunkt der Rechtsprechung rücken, d.h. es müssen vom Gericht spezielle Kriterien im Sinne des Kindeswohls geprüft werden. „Dabei sind die Dauer des Pflegeverhältnisses, das Alter und die Verfassung des Kindes, aber auch der Wille des Kindes zur Rückkehr in die Herkunftsfamilie zu berücksichtigen. Vor allem die Integration des Kindes in die Pflegefamilie und die Bindungserfahrung, wie auch bisher stattgefundene Beziehungsabbrüche müssen in die Entscheidungsfindung mit einbezogen werden“, ist LRin Baur überzeugt.

Vorsitz der Kinder- und Jugendhilfekonferenz 2018 in Vorarlberg
Vorarlberg wird im nächsten Jahr die Kinder- und Jugendhilfekonferenz ausrichten. „Ich freue mich sehr, dass wir hier in die Rolle des Gastgeberlandes kommen“, teilt die Vorarlberger Soziallandesrätin Katharina Wiesflecker mit. Inhaltlich schließt sich LRin Wiesflecker dem Anliegen ihrer Amtskollegin LRin Baur an, dass an dem wichtigen Thema der Pflegschaftsreform weitergearbeitet wird.

Sich dem Thema der „vollen Erziehung“ zu widmen, unterstützt LRin Wiesflecker mit großer Überzeugung: „Es braucht gute Rahmenbedingungen, damit das Kindeswohl auch bei Fremdunterbringung gut gesichert ist.“ In Vorarlberg gibt es bereits zwei Dialoggruppen, in denen ExpertInnen der öffentlichen und privaten Kinder- und Jugendhilfe gemeinsam fachliche Standards weiterentwickeln.

Um allen Kindern und Jugendlichen, die außerhalb der eigenen Familie aufwachsen müssen, gleichwertige Angebote bieten zu können, haben sich die Kinder- und JugendhilfereferentInnen heute dazu entschlossen, eine österreichweite Weiterentwicklung der Einrichtungen der vollen Erziehung anzugehen. Dazu soll eine Arbeitsgruppe eingesetzt werden. „Ich freue mich sehr, dass dieser Vorschlag nun auch auf politische Ebene die Zustimmung meiner Landesregierungs-Kolleginnen und –kollegen gefunden hat und wir nun gemeinsam daran arbeiten, für die Kinder und Jugendlichen verbindliche Leitlinien zur Förderung und Unterstützung zu erarbeiten und diese als neue Grundlage für alle Einrichtungen zu verankern“, betont LRin Wiesflecker.

Für das Land Kärnten hat die für die Kinder- und Jugendhilfe zuständige LHStvin Beate Prettner mit 1.1.2018 eine eigene Fachstelle zum Kinderschutz eingerichtet. „Die vordringliche Aufgabe wird es sein, die verschiedenen Systeme wie Gesundheitsbereich, Bildung, Exekutive etc. für den Bereich des Kinderschutzes zu sensibilisieren“, stellt LHStvin Prettner klar.

„Wir werden auch der Empfehlung der ARGE KJH – den in einer Bundesländer-Arbeitsgruppe erarbeiteten Leitfaden für die aktivierende Elternarbeit – umsetzen. Es gilt, in diesem Zusammenhang auch die Kernaufgabe der Kinder- und Jugendhilfe gut im Blick haben und für alle Kinder und Familien flächendeckend im ganzen Bundesland die im Gesetz festgelegten notwendigen Schutz- und Unterstützungsangebote auf hohem fachlichen Niveau sicherstellen“, resümiert LRin Wiesflecker abschließend.

 

 

 

zurück

 

 

 

 

Kennen Sie schon unser kostenloses Monatsmagazin "Österreich Journal" in vier pdf-Formaten? Die Auswahl finden Sie unter http://www.oesterreichjournal.at