Kinder- und JugendhilfereferentInnenkonferenz der Länder in Tirol
Innsbruck (lk) - „Familien stärken, Kinder schützen“ – nach diesem Motto arbeiten die Kinder-
und Jugendhilfebehörden der Länder. Oberste Aufgabe ist es, das Kindeswohl sicherzustellen, wenn dieses
im Familienverband nicht mehr gewährleistet ist. „Jedes Kind hat das Recht, in Sicherheit und Geborgenheit,
frei von Not und Gewalt aufzuwachsen. Die UN-Kinderrechtskonvention schreibt das Recht des Kindes auf Schutz, Fürsorge
und Unterstützung sowie die Kontinuität in der Erziehung fest“, betont LRin Christine Baur, zuständig
für die Kinder- und Jugendhilfe in Tirol, wo am 16. und 17. November die diesjährige Kinder- und JugendhilfereferentInnenkonferenz
abgehalten wurde.
Perspektiven für Kinder rascher klären
Wenn das Wohl eines Kindes ernstlich gefährdet ist, so kann der Kinder- und Jugendhilfeträger dringende
Maßnahmen der Pflege und Erziehung bis zur gerichtlichen Entscheidung selbst treffen. In diesen Fällen
ist die Kinder- und Jugendhilfe vorübergehend allein mit der Obsorge betraut. „Für die Entwicklung eines
Kindes, insbesondere eines Kleinkindes, ist es ganz wichtig, Sicherheit und Perspektiven zu haben“, betont LRin
Baur, die sich daher gemeinsam mit ihren KollegInnen für beschleunigte Verfahren ausspricht. Dabei sei auch
eine intensivere Kooperation zwischen Pflegschaftsgerichten, der Kinder- und Jugendhilfe sowie den Eltern notwendig.
„Eltern können während des Verfahrens Aufträge zur Verbesserung ihrer Lebenssituation erhalten,
die durch entsprechende Hilfestellungen unterstützt werden. Auch für den Zeitraum einer vorläufigen
Obsorgeregelung sollten die Kontakte zwischen Eltern und Kindern geregelt werden“, fordert LRin Baur.
Reformbedarf Pflegekindschaftsrecht
Der Reformbedarf im Pflegschaftsrecht stellte ein zentrales Thema der Tagung dar. „Pflegeeltern geben den ihnen
anvertrauten Kindern, welche oft belastende Ereignisse erfahren haben, Liebe, Geborgenheit, Zuwendung und Aufmerksamkeit.
Das Kindeswohl hat immer Vorrang. Im speziellen Fall der Pflegekinder muss das Augenmerk auf ein stabiles Lebensumfeld
gelegt werden“, weiß LRin Baur. In Tirol lebten 2016 insgesamt 236 Minderjährige in Pflegefamilien.
Kindeswohl als wichtigstes Kriterium bei Entscheidungen über die Obsorge
Hat sich die Situation in der Herkunftsfamilie soweit stabilisiert, dass leibliche Eltern bei Gericht eine Rückführung
ihres Kindes beantragen, muss das Kindeswohl in den Mittelpunkt der Rechtsprechung rücken, d.h. es müssen
vom Gericht spezielle Kriterien im Sinne des Kindeswohls geprüft werden. „Dabei sind die Dauer des Pflegeverhältnisses,
das Alter und die Verfassung des Kindes, aber auch der Wille des Kindes zur Rückkehr in die Herkunftsfamilie
zu berücksichtigen. Vor allem die Integration des Kindes in die Pflegefamilie und die Bindungserfahrung, wie
auch bisher stattgefundene Beziehungsabbrüche müssen in die Entscheidungsfindung mit einbezogen werden“,
ist LRin Baur überzeugt.
Vorsitz der Kinder- und Jugendhilfekonferenz 2018 in Vorarlberg
Vorarlberg wird im nächsten Jahr die Kinder- und Jugendhilfekonferenz ausrichten. „Ich freue mich sehr, dass
wir hier in die Rolle des Gastgeberlandes kommen“, teilt die Vorarlberger Soziallandesrätin Katharina Wiesflecker
mit. Inhaltlich schließt sich LRin Wiesflecker dem Anliegen ihrer Amtskollegin LRin Baur an, dass an dem
wichtigen Thema der Pflegschaftsreform weitergearbeitet wird.
Sich dem Thema der „vollen Erziehung“ zu widmen, unterstützt LRin Wiesflecker mit großer Überzeugung:
„Es braucht gute Rahmenbedingungen, damit das Kindeswohl auch bei Fremdunterbringung gut gesichert ist.“ In Vorarlberg
gibt es bereits zwei Dialoggruppen, in denen ExpertInnen der öffentlichen und privaten Kinder- und Jugendhilfe
gemeinsam fachliche Standards weiterentwickeln.
Um allen Kindern und Jugendlichen, die außerhalb der eigenen Familie aufwachsen müssen, gleichwertige
Angebote bieten zu können, haben sich die Kinder- und JugendhilfereferentInnen heute dazu entschlossen, eine
österreichweite Weiterentwicklung der Einrichtungen der vollen Erziehung anzugehen. Dazu soll eine Arbeitsgruppe
eingesetzt werden. „Ich freue mich sehr, dass dieser Vorschlag nun auch auf politische Ebene die Zustimmung meiner
Landesregierungs-Kolleginnen und –kollegen gefunden hat und wir nun gemeinsam daran arbeiten, für die Kinder
und Jugendlichen verbindliche Leitlinien zur Förderung und Unterstützung zu erarbeiten und diese als
neue Grundlage für alle Einrichtungen zu verankern“, betont LRin Wiesflecker.
Für das Land Kärnten hat die für die Kinder- und Jugendhilfe zuständige LHStvin Beate Prettner
mit 1.1.2018 eine eigene Fachstelle zum Kinderschutz eingerichtet. „Die vordringliche Aufgabe wird es sein, die
verschiedenen Systeme wie Gesundheitsbereich, Bildung, Exekutive etc. für den Bereich des Kinderschutzes zu
sensibilisieren“, stellt LHStvin Prettner klar.
„Wir werden auch der Empfehlung der ARGE KJH – den in einer Bundesländer-Arbeitsgruppe erarbeiteten Leitfaden
für die aktivierende Elternarbeit – umsetzen. Es gilt, in diesem Zusammenhang auch die Kernaufgabe der Kinder-
und Jugendhilfe gut im Blick haben und für alle Kinder und Familien flächendeckend im ganzen Bundesland
die im Gesetz festgelegten notwendigen Schutz- und Unterstützungsangebote auf hohem fachlichen Niveau sicherstellen“,
resümiert LRin Wiesflecker abschließend.
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