FMA-Bericht zur Lage der Versicherungswirtschaft 2017:
Wien (fma) - Österreichs Versicherungswirtschaft unterliegt seit Jahren einem signifikanten Konsolidierungsprozess.
Allein in den vergangenen fünf Jahren hat sich die Zahl der hierzulande zugelassenen Versicherungsunternehmen
um 16% auf 89 verringert. Gleichzeitig sind die großen österreichischen Versicherungsgruppen auf den
Märkten in Zentral, Ost- und Südosteuropa weiterhin sehr aktiv und erwirtschaften dort mit rund 100 Auslandsbeteiligungen
in 26 Ländern beinahe die Hälfte aller ihrer Prämieneinnahmen. Trotz extrem volatiler Finanzmärkte
und großer Herausforderungen durch das Niedrigzinsumfeld sind die heimischen Anbieter mit Solvabilitätsquoten[1] von im Schnitt (Median) 237% nach wie vor
sehr stabil aufgestellt. Dies geht aus dem am 17. November von der Österreichischen Finanzmarktaufsichtsbehörde
FMA veröffentlichten „Bericht der FMA 2017 zur Lage der österreichischen Versicherungswirtschaft“ hervor.
„Österreichs Versicherer meistern die großen Herausforderungen vor denen sie seit Jahren stehen durchaus
zufriedenstellend“, fasst der FMA-Vorstand, Helmut Ettl und Klaus Kumpfmüller, den Bericht zusammen: „Die
im Vorjahr erfolgte Umstellung auf das neue Aufsichtsregime Solvency II wurde erfolgreich gemeistert. Aber Klimawandel,
stetige Erhöhung der Lebenserwartung, die Auswirkungen des anhaltenden Niedrigzinsumfeldes sowie die Herausforderungen
durch die Digitale Revolution erfordern eine konsequente und grundlegende Überarbeitung vieler Geschäftsmodelle“,
so der FMA-Vorstand.
Schwerpunkt private Krankenversicherung
Neben der klassischen Lebensversicherung leidet auch die private Krankenversicherung mit ihrem jährlichen
Prämienvolumen von rund € 2 Mrd. besonders stark unter den Herausforderungen des anhaltenden Niedrigzinsumfelds,
weshalb dieser in dem Bericht ein Schwerpunkt gewidmet ist. Auf Grund des niedrigen Zinsniveaus sind die Veranlagungserträge
so stark gesunken, dass sie kaum mehr einen Beitrag zur Kompensation der steigenden Kosten durch den medizinischen
Fortschritt und die zunehmende Lebenserwartung leisten können, weshalb Prämienerhöhungen signifikant
über der Einkommensentwicklung erforderlich sind. Dies erfordert eine Neugestaltung der Prämienstruktur
im Versicherungsverlauf sowie zusätzlichen Informationsaufwand gegenüber den Versicherten.
Maßvolle Adaptierung der Anlagestrategie
Zum 30. Juni 2017 haben die österreichischen Versicherungen ein Vermögen von rund € 131 Mrd. verwaltet.
Zum Vergleich: die gesicherten Spareinlagen betrugen zu diesem Zeitpunkt € 223 Mrd., das in österreichischen
Investmentfonds angelegte Vermögen betrug € 178 Mrd. Die Versicherungen veranlagen das ihnen anvertraute Vermögen
im Allgemeinen sehr konservativ, wobei knapp ein Viertel (€ 32 Mrd.) in Fonds investiert ist; davon entfallen rund
80% auf österreichische Fonds. Im europäischen Vergleich halten die österreichischen Versicherungen
relativ betrachtet weniger Staatsanleihen, jedoch mehr Finanzsektor-Anleihen. Der Anteil der Staatsanleihen am
verwalteten Vermögen liegt bei rund 14%, bei großen europäischen Versicherungsunternehmen im Vergleich
dazu bei über 30%. Der Anteil der Finanzsektor-Anleihen ist zwar rückläufig, liegt in Österreich
jedoch bei rund 15% verglichen mit nur 10% bei den großen europäischen Versicherungsunternehmen.
Die Veranlagungsstrategie wurde von den heimischen Versicherungsunternehmen in den vergangenen Jahren trotz anhaltend
niedriger Zinsen nur maßvoll adaptiert, die Portfoliozusammensetzung hat sich nur geringfügig verändert.
Die Suche nach höher verzinsten Veranlagungen spiegelt sich lediglich in Form von Umschichtungen innerhalb
der bestehenden Veranlagungsklassen wider. Insgesamt ist aber eine Zunahme an weniger liquiden Anlagen zu verzeichnen,
etwa indem Immobilien- und Private Equity Investments verstärkt werden.
Die gesamte Studie finden Sie hier >
[1] Die Solvabilitätsquote entspricht dabei dem Verhältnis der vorhandenen
Eigenmittel zur Solvenzkapitalanforderung. Die Solvenzkapitalanforderung gibt an, wieviel Eigenmittel ein Versicherungsunternehmen
halten muss, um mit einer Wahrscheinlichkeit von höchstens 0,5 Prozent im nächsten Jahr oder einmal in
200 Jahren zahlungsunfähig zu werden.
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