Bundesratspräsident Mayer lehnt die Vorschläge von Respekt.net als Zentralisierungsschub
ab
Wien (pk) - "Das ist ein Zentralisierungsschub, wie man ihn schlimmer noch nicht gesehen hat. Letztendlich
läuft das auf eine komplette Entmachtung der Länder hinaus. Der Verein Respekt.net hätte den Arbeitskreis
besser Zentralisierungsstrategie genannt, statt Föderalismusreform", hielt Bundesratspräsident Edgar
Mayer, der sich gerade auf Einladung des irischen Parlaments in Dublin befindet, am 15. November fest.
"Ohne Gesetzgebung der Bundesländer kann man diese auch gleich abschaffen. Kein Land hätte dann
mehr etwa die Möglichkeit, bei Katastrophen direkt einzugreifen, es müsste stattdessen auf die Almosen
des Bundes hoffen, um den Betroffenen vor Ort schnell und effizient helfen zu können. Es ist auch ein Irrglaube,
dass die Situation verbessert würde, wenn die Bundesmittel für die Gemeinden direkt vom Bund kommen.
Wenn man Kosten einsparen will, so soll man sich natürlich Zweigleisigkeiten zwischen Bund und Ländern
widmen, aber den Bundesrat abzuschaffen und stattdessen den Nationalrat zu vergrößern, wird wohl kaum
die gewünschten Einsparungen bringen. Würde der Vorschlag der Arbeitsgruppe umgesetzt, hätte das
zudem die Auflösung des bundesstaatlichen Prinzips zur Folge. Man würde damit eine der Grundsäulen
unserer Verfassung abschaffen, mit der wir bisher sehr gut gefahren sind", kritisiert Mayer.
"Ich will nochmals die Vorschläge des Bundesrates wiederholen, wonach wir einerseits eine Steuerautonomie
der Länder fordern und, damit verbunden, eine Aufwertung des Bundesrats nach deutschem Vorbild. Dort bedürfen
nicht nur Gesetze mit Auswirkungen auf die Finanzen der Länder der Zustimmung des Bundesrats, auch Verfassungsänderungen
oder Gesetze mit Auswirkungen auf die Organisations- oder Verwaltungshoheit der Länder brauchen dessen Zustimmung.
Der deutsche Bundesrat kann bei Uneinigkeiten mit dem Bundestag auch die Einberufung eines Vermittlungsausschusses
verlangen. In Österreich dagegen können entsprechende Gesetze vom Bundesrat zwar abgelehnt, aber im Nationalrat
ohne weitere Einbindung des Bundesrates dennoch beschlossen werden2, so der Vorsitzende der Länderkammer.
"Ich gehöre nicht zu denjenigen, die Vorschläge von Altpolitikern grundsätzlich ablehnen. Wir
haben nun einen von Grund auf verjüngten Nationalrat, da müssen auch Ideen der älteren Generationen
gehört werden. Was aber von der Arbeitsgruppe im Umfeld von Respekt.net hier vorgelegt wurde, verdient den
Namen Föderalismusreform nicht. Von der EU verlangen wir zu Recht mehr Subsidiarität, aber auf nationalstaatlicher
Ebene will diese Arbeitsgruppe diese Subsidiarität dann abschaffen. Das macht doch keinen Sinn. Die jeweils
größere staatliche Einheit soll nur dann, wenn die kleinere dazu nicht in der Lage ist, aktiv werden.
Viele Agenden sind deshalb auf Ländereben besser aufgehoben als beim Bund. Den Ländern das Recht zur
Gesetzgebung und zu Verordnungen zu entziehen, bedeutet genau das Gegenteil von Subsidiarität, nämlich
mehr Zentralstaat. Wohin das führt, sehen wir ja bereits in vielen europäischen Regionen, wo sich zunehmend
Widerstand gegen einen zu starken Zentralstaat formiert. Letztendlich kann ich dazu nur wiederholen, was bereits
bei der EU-Enquete des Bundesrates vor knapp einer Woche im Parlament schon gesagt wurde: 'Wer Zentralismus sät,
wird Separatismus ernten'. Und Separatismus äußert sich auch in einer geistigen Loslösung vom Nationalstaat.
Wer sich diesem nicht mehr zugehörig fühlt, wird ihn auch nicht mehr fördern und unterstützen",
so Mayer.
"Hätten die Damen und Herren des Arbeitskreises Föderalismusreform sich die Zeit genommen, der Bundesratsenquete
zu folgen, wären ihnen solche Ideen wohl gar nicht erst gekommen. Wenn ich natürlich auch für eine
Föderalismusreform bin, so lehne ich die Vorschläge des Arbeitskreises dazu jedoch ab. Das ist keine
Reform, sondern eine Zerstörung des Föderalismus, die auch in der Bevölkerung in dieser Art sicher
keinen Rückhalt finden wird", bekräftigte Bundesratspräsident Mayer abschließend.
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