MTD-Innovationspreis 2017 geht an Projekt der FH St. Pölten zu neuen Analysemethoden in
der Physiotherapie
St. Pölten (fh) - Die Fachhochschule St. Pölten entwickelt im Projekt „IntelliGait“ Algorithmen
zum automatisierten Erkennen von Mustern in Ganganalyse-Daten, um Physiotherapeutinnen und -therapeuten die Arbeit
zu erleichtern und die Therapie zu unterstützen. Am 17. November gewann das Projekt den ersten Platz beim
MTD-Innovationspreis 2017 von MTD-Austria, dem Dachverband der gehobenen medizinisch-technischen Dienste Österreichs.
Das Projekt IntelliGait entwickelt Mustererkennungsmethoden, die automatisiert Daten aus der Ganganalyse auswerten
und nach möglichen Beeinträchtigungen am Bewegungsapparat klassifizieren. Eine Beurteilung erfolgt zwar
immer durch Expertinnen und Experten, diese werden aber durch die vorhergehende automatische Analyse unterstützt.
So könnten Gangabweichungen früher erkannt oder der Ort des Problems am Bewegungsapparat, etwa Knie oder
Hüfte, einfacher identifiziert werden. Zudem soll das System dabei unterstützen, sekundäre Probleme
zu identifizieren, die oftmals leicht übersehen werden. Die Technik wäre auch in der Prävention
einsetzbar, um Anzeichen für Schäden zu entdecken, bevor Menschen mit Beschwerden zu einem Arzt oder
einer Ärztin gehen.
„Es geht darum, Expertinnen und Experten im medizinischen und therapeutischen Bereich zu unterstützen. Die
Technik soll Fachkräfte und menschliche Erfahrung nicht ersetzen, aber deren Arbeit erleichtern und zusätzliche
Erkenntnisse ermöglichen“, erklärt Anna-Maria Raberger, FH-Dozentin im Studiengang Physiotherapie der
FH St. Pölten.
Muster erkennen durch maschinelles Lernen
„Zum Klassifizieren der Daten nutzen wir sogenannte maschinelle Lernmethoden, oft auch als ‚künstliche Intelligenz‘
bezeichnet. Im Prinzip sind das ähnliche Methoden, die in Smartphones zur Gesichtserkennung verwendet werden.
Hier suchen wir aber nach Mustern und Abweichungen in Gangbildern“, sagt Sportwissenschaftler Brian Horsak, FH-Dozent
im Studiengang Physiotherapie der FH St. Pölten und Leiter des Projekts IntelliGait.
Für die Analyse der Daten entwickelt das Institut für Creative\Media/Technologies (IC\M/T) der FH St.
Pölten Verfahren der Mustererkennung, der Datenvisualisierung und des maschinellen Lernens. Bei großen
Datenmengen fällt die Analyse und Interpretation der Daten oft schwer. Doch mit den richtigen Ansätzen
lassen sich Informationen entdecken, die darin versteckt sind.
„Durch maschinelles Lernen können wir Muster in den Signalverläufen identifizieren, welche für verschiedene
Gangprobleme charakteristisch sind. Da diese Muster rein objektiv auf statistischer Basis ermittelt werden, sind
sie oft komplementär zu bisher bekannten Merkmalen und können so zu neuen Einsichten führen und
einen Erkenntnisgewinn direkt aus den Daten heraus generieren“, erklärt Matthias Zeppelzauer, Senior Researcher
am IC\M/T.
Erfolgreiche Forschung zur Digitalisierung im Gesundheitswesen
„Die FH St. Pölten hat in den letzten Jahren innovative Forschung an der Schnittstelle von Gesundheit, Sozialem
und Technik aufgebaut. Der MTD-Innovationspreis bestätigt die Qualität der Arbeiten und zeigt, dass unsere
Forscherinnen und Forscher am richtigen Weg sind“, sagt Jürgen Pripfl, Leiter des Departments Gesundheit und
des Instituts für Gesundheitswissenschaften der FH St. Pölten.
Beim MTD-Innovationpreis wurde vor zwei Jahren bereits ein anders Projekt der FH St. Pölten mit dem zweiten
Platz ausgezeichnet: das Projekt SONIGait, das intelligente Schuhsohlen entwickelt, die Fehlbelastungen beim Gehen
hörbar machen und in der Rehabilitation unterstützen könnten.
Das heuer prämierte Projekt IntelliGait war darüber hinaus bei der diesjährigen internationalen
ESMAC-Konferenz, der Jahrestagung der European Society for Movement Analysis in Adults and Children, unter den
Favoriten für den Best Paper Award, einen Preis für die beste vorgestellte Studie. Djordje Slijepcevic,
Junior Researcher der Forschungsgruppe Media Computing des Instituts für Creative\Media/Technologies der FH
St. Pölten, schreibt zudem im Rahmen des Projekts seine Dissertation an der TU Wien zur Entwicklung neuer
Mustererkennungsmethoden im Bereich der automatischen Ganganalyse.
Projekt IntelliGait
Das Projekt IntelliGait wird vom Land Niederösterreich über die NÖ Forschungs- und Bildungsges.
m. b. H. (NFB) im Rahmen des Life Science Call 2014 gefördert und in enger Kooperation mit der AUVA (Allgemeine
Unfallversicherungsanstalt) durchgeführt, die anonymisierte Daten aus 20 Jahren klinischer Praxis bereitstellt.
Die Universität Wien ist wissenschaftlicher Partner im Bereich Biomechanik. Die FH St. Pölten bringt
die klinische Expertise und das technische Wissen zu den Analysen ein.
|