EU-Ausschuss beschließt Stellungnahme an die Regierung
Wien (pk) - Der EU-Ausschuss des Bundesrats hat Bedenken gegenüber den von der Kommission geplanten
Verhandlungsstart für Freihandelsabkommen mit Neuseeland und Australien. Er fordert in einer Stellungnahme
an die Regierung gewisse Mindestanforderungen für die inhaltliche Ausgestaltung von zukünftigen EU-Freihandels-
und Investitionsabkommen. Neben der Beibehaltung von heimischen Gesundheits-, Verbraucher- und Umweltstandards
pocht er etwa auf sogenannte gemischte Abkommen und die Implementierung des Vorsorgeprinzips als fixe Punkte des
EU-Verhandlungsmandats gegenüber Australien und Neuseeland. Von Vornherein abgelehnt werden müssten außerdem
private Schiedsgerichte oder internationale Investitionsgerichte. Für die Stellungnahme stimmten SPÖ
und Grüne, sie hatten zum Zeitpunkt der Abstimmung eine Mehrheit im Ausschuss.
Absolut ausgenommen vom Freihandel müsse außerdem die Daseinsvorsorge und der öffentliche Dienst
werden. Nach Meinung von SPÖ-Bundesrat Michael Lindner würde das von der Kommission vorgelegte Verhandlungsmandat
danach aussehen, als hätte die Europäische Union nur wenig aus CETA und TTIP gelernt. Die Forderungen
an die Bundesregierung basieren auf einer erst im Oktober veröffentlichten einheitlichen Stellungnahme aller
Bundesländer. Ein von der ÖVP eingebrachter Vertagungsantrag, der weitere Überlegungen und Informationen
ermöglichen soll, wie Martin Preineder meinte, wurde vom EU-Ausschuss nicht ausreichend unterstützt.
Grundsätzlich sollen mit den geplanten Abkommen die Märkte für Waren, Dienstleistungen und Investitionen
zwischen der EU und Neuseeland bzw. Australien weitestgehend geöffnet werden. Passieren soll das durch den
Abbau von Handels- und Investitionshemnissen, etwa für ausländische Direktinvestitionen. Einfuhrzölle
sollen innerhalb von sieben Jahren gänzlich Geschichte sein. Ausnahmen sollen nur für sensible Waren
wie Landwirtschaftserzeugnisse gelten. Gewahrt werden sollen dabei gleichzeitig aber Sozial- und Umweltschutzniveaus,
wie die Kommission in ihrem Mandatsvorschlag anmerkt. So ist neben einem Nachhaltigkeitskapitel beispielweise geplant,
Bestimmungen in die Abkommen aufzunehmen, wonach Umweltschutz-, Arbeitsrechts oder Gesundheitsstandards nicht gesenkt
werden dürfen. Vorteile sollen die Abkommen insbesondere für KMU bringen. Mit dem Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen
will die EU mit anderen Drittstaaten gleichziehen, die aufgrund von bereits bestehenden Abkommen mit Australien
und Neuseeland einen Vorsprung haben, heißt es weiter im Kommissionspapier.
Seitens des Wirtschaftsministeriums werden die Pläne für Verhandlungen zum freien Handel zwischen der
EU und den beiden Ländern unterstützt. Der Mandatsvorschlag basiere auf dem handelspolitischen Konzept
der EU, gesplittet sind beide Abkommen in je ein Abkommen für EU-Kompetenzen (EU-only-Abkommen) sowie ein
separates Investitionsschutzabkommen. Zum Investitionsschutz liege noch kein Mandatsvorschlag vor, beide Teile
der Abkommen sollen aber parallel verhandelt und zum Abschluss gebracht werden, geht es nach Informationen von
Gabriele Habermayer aus dem Wirtschaftsressort. Laut Daten des Ministeriums handelt es sich sowohl bei Australien
als auch bei Neuseeland um schnell wachsende Industriestaaten, in Australien ist die Europäische Union größter
ausländischer Direktinvestor. Das Interesse beider Länder für einen freien Handel mit der EU sei
groß, Neuseeland könne sich etwa das CETA-Modell 1:1 vorstellen. Mit einem Verhandlungsstart wird momentan
im kommenden Frühjahr gerechnet.
Für den Verhandlungsstart der Abkommen warb außerdem Claudia Stowasser von Seiten der Wirtschaftskammer.
Österreich und Europa würden neue Exportmärkte brauchen, da es in einigen Ländern Protektionismustendenzen
gebe.
Hinsichtlich möglicher Auswirkungen für die EU rechnet die Kommission mit einem Anstieg des realen BIP
um zirka 0,02 %. Aus Sicht der Arbeiterkammer, die sich in einer umfassenden Stellungnahme dezidiert gegen Abkommen
nach bisherigen EU-Verhandlungsmustern ausspricht, ist das wenig. Es handle sich lediglich um einen kumulierten
Effekt, außerdem würden Phänomene wie die Langzeitarbeitslosigkeit in den Berechnungen ausgeklammert,
kritisierte Valentin Wedl. Die Arbeiterkammer fordert "scharfe und klare Bedingungen" wenn es u.a. um
das Vorsorgeprinzip, nachhaltige Wirtschaftsbeziehungen oder heimische Standards im Sozial-, Gesundheits- und Umweltbereich
geht.
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