Eine Nano-Uhr mit präzisen Zeigern

 

erstellt am
21. 11. 17
13:00 MEZ

Duisburg-Essen/Tel Aviv/Wien (universtität) - Einem internationalen Team von Forschern der Universitäten Wien, Duisburg-Essen und Tel Aviv ist es gelungen, ein Nano-Stäbchen kontrolliert in Rotation zu versetzen und somit als hochpräzisen Zeiger einer elektronischen Uhr zu verwenden. Mit Hilfe fokussierter Laserstrahlen kann das Team um Stefan Kuhn, James Millen und Markus Arndt von der Universität Wien ein Stäbchen mit einer Länge von etwa einem Tausendstel Millimeter in Vakuum einfangen, gegen die Schwerkraft zum Schweben bringen und gezielt in Rotation versetzen. Diese Drehbewegung folgt dem Zeitsignal einer elektronischen Uhr mit unglaublicher Präzision: In vier Tagen geht nur ein Millionstel einer Sekunde verloren. Diese Arbeit erscheint aktuell in "Nature Communications".

Tick…Tack… Stabile Uhren spielen in unserem Alltag eine wesentliche Rolle. Von Schiffs-Chronometern bis zu GPS-Systemen ermöglichen sie uns verlässlich zu navigieren. Präzise Uhren sind der Taktgeber des Internets – sie bestimmen die Geschwindigkeit, mit der Informationen ausgetauscht werden können.

Zeit ist die am genauesten bestimmte physikalische Messgröße und kleinste Unregelmäßigkeiten können sehr genau bestimmt werden. Durch die Beobachtung der Bewegung von zeitgebenden physikalischen Objekten, wie zum Beispiel dem Pendel einer Standuhr, und dem Vergleich mit einer Referenz-Uhr kann man externe Einflüsse, wie in diesem Fall etwa Vibrationen, detektieren.

In einer Forschungsarbeit, die im Fachjournal Nature Communications publiziert wird, haben Stefan Kuhn von der Universität Wien und Kollegen einen erstaunlich stabilen Uhrzeiger erzeugt, der die Zeit einer elektronischen Uhr anzeigt. Realisiert wird dies durch ein rotierendes Silizium-Stäbchen, das kürzer als ein Mikrometer ist und mittels Laserlicht gegen die Schwerkraft levitiert wird. Eine elektronische Uhr gibt den Takt an, mit dem es durch zirkular polarisierte Licht-Pulse angetrieben wird. Dabei dreht sich das Stäbchen öfter als eine Million Mal pro Sekunde. "Es ist erstaunlich, dass wir ein elektronisches Signal nehmen und damit die Bewegung eines physikalischen Objekts perfekt kontrollieren können, ohne dabei an Stabilität zu verlieren. Unsere Uhr hat in vier Tagen gerade einmal ein Millionstel einer Sekunde verloren", ist Co-Autor James Millen vom Ausgang der Studie begeistert. Vergleichbare Systeme sind in ihrer Genauigkeit durch deren Kontakt mit der Umgebung limitiert. Durch das optische Levitieren des Systems kann dies umgangen, und diese erstaunliche Stabilität ermöglicht werden.

Einen entscheidenden Beitrag zu dieser Studie haben Alon Kosloff und Fernando Patolsky von der Universität Tel Aviv geleistet, die mit hoch entwickelten Ätzverfahren reinste Silizium-Stäbchen auf einer Oberfläche produzieren können. In Wien werden diese Stäbchen dann mit einem "Laser-Hammer" von dieser Oberfläche losgelöst und in der optischen Falle eingefangen.

Die komplexe Bewegung der angetriebenen Stäbchen theoretisch zu verstehen ist eine Herausforderung, die von Benjamin Stickler und Klaus Hornberger an der Universität Duisburg-Essen gelöst wurde. Die Drehdynamik des nanomechanischen Uhrzeigers ist chaotisch – ein Verhalten das man sonst zum Beispiel auch in Wetterphänomenen und im Straßenverkehr wiederfindet. Im Falle des Nanostäbchens gibt es jedoch stabile Bereiche in diesem Chaos, die vorhergesagt werden können und genau in diesen Bereichen bewegen sich die Nanostäbchen mit äußerster Präzision.

Anders als die elektronische Uhr interagiert das Stäbchen mit seiner Umgebung. Die Präzision des nanomechanischen Uhrzeigers kann daher für äußerst präzise und lokale Messungen verwendet werden um zum Beispiel Druckänderungen über sehr kurze Distanzen mit hoher Genauigkeit zu messen. Das levitierte Stäbchen könnte durch einen Gasstrom bewegt werden um Turbulenzen im Gas zu messen, oder durch einen Atom- bzw. Licht-Strahl um deren Eigenschaften zu bestimmen. Eines Tages könnte es sogar möglich sein, dieses System für die Suche nach Grenzen der Quantentheorie zu verwenden: "Bei hohen Rotationsraten ist dies ein Sensor mit erstaunlicher Präzision. Bei niedrigen Frequenzen könnte dieses System jedoch eine Reihe ganz neuer Experimente zur Quantenmechanik rotierender Objekte ermöglichen", so Markus Arndt.

Originalpublikation in Nature Communications:
"Optically driven ultra-stable nanomechanical rotor", S. Kuhn, B. A. Stickler, A. Kosloff, F. Patolsky, K. Hornberger, M. Arndt and J. Millen, Nature Communications
DOI: 10.1038/s41467-017-01902-9.

 

 

 

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