Schmidt: "Eisenbahnen müssen endlich reagieren"

 

erstellt am
21. 11. 17
13:00 MEZ

EURh-Bericht: Ausbau eines gemeinsamen Signalsystems stockt/Finanzierung dreistelliger Milliardenbeträge unklar
Brüssel/Wien (övp-pd) - "Der Schienenverkehr, und dazu gehört bedauerlicherweise auch die ÖBB, nimmt sich als ernsthafte Alternative zum Straßenverkehr zunehmend aus dem Spiel", sagt Claudia Schmidt, ÖVP-Verkehrssprecherin im Europäischen Parlament. Denn am Nachmittag des 21. November bespricht der Haushaltskontrollausschuss einen Bericht des EU-Rechnungshofs, der dem geplanten Ausbau eines einheitlichen Signalsystems für Eisenbahnen in Europa (ERTMS)ein verheerendes Zeugnis ausstellt.

"Das gesamte Projekt verkommt zunehmend zur Farce", bedauert Schmidt. "Ich hatte große Hoffnungen in die Eisenbahn gesetzt. Doch leider werden die Kunden zum wiederholten Mal bitter enttäuscht: Noch immer sind mehr als 30 unterschiedliche Signalsysteme in Europa im Einsatz, was den grenzüberschreitenden Personen- und Güterverkehr per Schiene verlangsamt und behindert. Da braucht sich niemand wundern, wenn das Gros der Transporte weiterhin per Lkw erfolgt."

Schmidt kritisiert auch die EU-Kommission: "Laut Rechnungshof hat die Kommission bis heute keine vernünftige Kostenaufstellung für die Umstellung auf das gemeinsame Signalsystem geliefert. Das ist bei einem Projekt dieser Größenordnung unverantwortlich", sagt sie. "Die Prüfer schätzen, dass die Umrüstung von Infrastruktur und Loks im EU-Kernverkehrsnetz auf der Schiene rund 80 Milliarden Euro kosten wird. Geplant wäre sie bis 2030, doch der Verzug ist bereits beträchtlich. Für die Umrüstung des gesamten Schienen-Netzwerks (bis 2050) wären noch einmal 110 Milliarden fällig."

"Völlig unklar ist, wer das zahlen soll. An EU-Förderungen sind von 2007 bis 2020 nur 3,9 Milliarden Euro für den ERTMS-Ausbau vorgesehen", kritisiert Schmidt. "Den Rest müssten die Mitgliedstaaten und vor allem die Schienennetzbetreiber und Eisenbahngesellschaften zahlen. Doch die zieren sich, weil kein unmittelbarer Profit herausspringt. Und die EU-Förderungen nutzen sie laut Rechnungshof oft für die Sanierung von Nebenstrecken, die dem EU-Ziel der prioritären Verkehrsnetzwerke genau gar nichts bringt."

"Abgerundet wird das Chaos beim europäischen Eisenbahnverkehr dadurch, dass die eher wenigen aufgerüsteten Loks und Strecken vielfach mit unterschiedlichen und nicht kompatiblen Versionen des neuen Signalsystems arbeiten", sagt Schmidt. "Es ist ein Wunder, dass die Personen- und Güterbeförderung per Schiene in Europa überhaupt funktioniert. Die Eisenbahnen müssen jetzt endlich reagieren. Sicher ist: Solange ernsthafte Alternativen fehlen, dürfen die Autofahrer nicht durch Schikanen im Namen des vermeintlichen Umweltschutzes oder sonstiger Vorwände in ihrem Alltag behindert werden."

 

 

 

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