Innsbruck (i-med) - Im Rahmen eines feierlichen und für alle Medizinischen Universitäten gemeinsamen
Festaktes an der Medizinischen Universität Wien wurden am 20. November die diesjährigen Sanofi Preise
zur Förderung der medizinischen Forschung in Österreich u.a. an drei NachwuchsforscherInnen der Medizin
Uni Innsbruck vergeben: Stefan Coassin von der Sektion für Genetische Epidemiologie, Raimund Pechlaner von
der Univ.-Klinik für Neurologie und Verena Wieser von der Univ.-Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe.
Für die Prämierung von hervorragenden Forschungsarbeiten erhalten die Medizinischen Universitäten
von Graz, Innsbruck und Wien seit 1964 sowie seit 2010 auch Salzburg von Sanofi-aventis GmbH Österreich jährlich
einen namhaften Betrag. Junge WissenschafterInnen sollen auf diesem Weg zur weiteren Forschungstätigkeit motiviert
werden. Die Auszeichnung wurde an insgesamt 12 junge WissenschafterInnen vergeben. Auf Vorschlag der Vergabekommission
der Medizinischen Universität Innsbruck wurden dieses Jahr die Arbeiten von drei jungen ForscherInnen ausgewählt
und im Rahmen des feierlichen Festaktes am 20. November in Wien von Christine Bandtlow, Vizerektorin für Forschung
und Internationales der Medizin Uni Innsbruck, vorgestellt. Die feierliche Übergabe der Urkunden erfolgte
anschließend durch Sanofi-Österreich Geschäftsführerin Sabine Radl.
Die PreisträgerInnen der Medizin Uni Innsbruck sind
Mag. Stefan Coassin PhD von der Sektion für Genetische Epidemiologie (Direktor Univ.-Prof. Dr. Florian
Kronenberg) für die Identifikation einer neuen Lp(a)-Genmutation, die dazu führt, dass Mutations-TrägerInnen
besser vor Herzerkrankungen geschützt sind, woraus sich ein neuer Ansatzpunkt für protektive Herz-Kreislauf-Therapien
ergibt.
Dr. Raimund Pechlaner PhD von der Universitätsklinik für Neurologie (Direktor o.Univ.-Prof. Dr. Werner
Poewe) für die Beschreibung des Zusammenhangs eines breiten Panels von Apolipoproteinen mit kardiovaskulären
Erkrankungen und daraus möglichen Entwicklungen für neue protektive Therapien abseits von Statinen.
Dr.in Verena Wieser von der Univ.-Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe (Direktor Univ.-Prof. Dr. Christian
Marth) für den Nachweis, dass der Botenstoff Interleukin-8 die Entzündung bei Alkoholischer Lebererkrankung
triggert und dessen Blockade damit einen innovativen therapeutischen Effekt für schwere Lebererkrankungen
hat.
Die PreisträgerInnen und ihre prämierten Arbeiten
Der 1981 in Bozen geborene Stefan Coassin hat an der Universität Innsbruck Molekularbiologie
studiert und anschließend ein PhD-Studium (Genetics, Epigenetics and Genomics) an der Sektion für Genetische
Epidemiologie der Medizin Uni Innsbruck, absolviert. Nach Tätigkeit beim Pharmaunternehmen Sandoz Kundl, ist
Stefan Coassin seit 2014 Universitätsassistent an der Sektion für Genetische Epidemiologie, wo er mithilfe
modernster Sequenzierungsmethoden zur Genomik komplexer Lipid-Phänotypen, insbesondere Lipoprotein(a) [Lp(a)],
forscht.
In seiner nun ausgezeichneten Forschungsarbeit gelang die Entdeckung einer bisher unbekannten, jedoch in der Bevölkerung
weit verbreiteten Mutation im Lp(a) Gen. Obwohl ein Fünftel der Bevölkerung diese Mutation trägt,
war sie bisher übersehen worden, weil sie in einer nicht untersuchbaren Region des Genoms lag. Diese Region
konnte nun mit neuesten Sequenziermethoden erstmals in einer großen Probandengruppe erforscht werden und
lieferte einen wichtigen Einblick in bislang unverstandene Aspekte der Regulation der Lp(a)-Konzentrationen. Lp(a)
wurde 1963 erstmals beschrieben und inzwischen als einer der wichtigsten, genetisch bedingten kardiovaskulären
Risikofaktoren bestätigt. Etwa 20 Prozent der Bevölkerung weisen, genetisch bedingt, erhöhte Lp(a)-Konzentrationen
und damit ein erhöhtes Herzinfarktrisiko auf. An der Sektion für Genetische Epidemiologie wird das Lp(a)
bereits seit vielen Jahren intensiv beforscht. Dank innovativer, datenintensiver Methodik und der konstruktiven
Zusammenarbeit mit weiteren Kolleginnen und Kollegen am Standort konnte Coassin nachweisen, dass die gefundene
Mutation die Lp(a)-Konzentrationen um bis zu 70 Prozent verringert. Damit sind TrägerInnen dieser Mutation,
vor Herzerkrankungen geschützt, obwohl sie genetisch eigentlich sehr ungünstige Lp(a) Varianten tragen.
Aus dieser Forschungsarbeit ergibt sich nun auch die Möglichkeit, Personen für zukünftige Forschungsarbeiten
viel gezielter auszuwählen. „Nachdem wir jetzt diese Mutation kennen, verstehen wir eine ganze Reihe von außergewöhnlichen
Eigenschaften der Lp(a)-Konzentrationen in der Bevölkerung, die bisher nicht oder nur teilweise erklärt
werden können, bedeutend besser. Damit rückt auch die Entwicklung neuer Therapiemöglichkeiten einen
Schritt näher“, so Stefan Coassin.
Link zur Forschungsarbeit: https://doi.org/10.1093/eurheartj/ehx174
Der gebürtige Innsbrucker Raimund Pechlaner studierte an der Medizinischen Universität Innsbruck
und an der Université de Franche-Comté in Frankreich Humanmedizin. Sein Doktoratsstudium an der Univ.-Klinik
für Neurologie schloss Pechlaner mit einer mit dem „Award of Excellence“ ausgezeichneten Dissertation über
den Zusammenhang von Eisenstoffwechsel und kardiovaskulärem Risiko ab. Nach einer Postdoc-Stelle am King’s
British Heart Foundation Centre, King’s College London, forscht er seit 2015 an der Univ.-Klinik für Neurologie
weiterhin zur Arteriosklerose.
Der Zusammenhang einer großen Palette von Apolipoproteinen mit kardiovaskulären Erkrankungen stand auch
im Mittelpunkt der nun prämierten Forschungsarbeit, die im Journal of The American College Of Cardiology (JACC)
publiziert und von Herausgeber Valentin Fuster, einem der bekanntesten Kardiologen in den USA, als „herausragende
Studie“ hervorgehoben wurde. Apolipoproteine stellen den Eiweißanteil von Lipoproteinen dar und regulieren
den Fettstoffwechsel. „Auf der Grundlage von Daten gesunder Probanden aus der prospektiven Bruneck-Studie fanden
wir die stärksten Zusammenhänge mit dem Triglyzeridstoffwechsel und nicht, wie erwartet, mit dem Cholesterinstoffwechsel“,
so Pechlaner, dessen Untersuchung in Zusammenarbeit mit ForscherInnen des King’s College London, der University
of Cambridge und der University of California, San Diego, entstand. In einem zweiten Schritt wurde daher freiwilligen
ProbandInnen ein experimentelles Medikament verabreicht. Mittels Hemmung von Apolipoprotein C-III, einem den Triglyzeridstoffwechsel
regulierenden Apolipoprotein, zeigte sich unter dieser Therapie ein substantieller Rückgang der Blutspiegel
einer Reihe der zuvor mit dem kardiovaskulären Risiko in Verbindung gebrachten Apolipoproteine. Insgesamt
deutet die Arbeit darauf hin, dass eine Senkung von very-low-density lipoprotein vor Herzkreislauferkrankungen
schützen könnte. Ob dieser vielversprechende neue Ansatz zukünftig eine Ergänzung zur Cholesterin
senkenden Therapie mit Statinen und PCSK-9 Inhibitoren darstellt, werden klinische Studien zeigen.
Link zur Forschungsarbeit: http://dx.doi.org/10.1016/j.jacc.2016.11.065
Verena Wieser wurde 1987 in Innsbruck geboren und absolvierte nach ihrem Studium der Humanmedizin an der
Medizinischen Universität Innsbruck ein PhD-Studium im Programm „Infectious Diseases“. Nach ihrer Assistenzstelle
an der Univ.-Klinik für Innere Medizin I, wo auch die nun ausgezeichnete Arbeit entstand, ist sie seit 2015
Assistenzärztin an der Univ.-Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe. Ihr Forschungsfokus liegt
auf immunologischen Reaktionen im Zusammenhang mit der gastroenterologischen und gynäko-onkologischen Entzündungsbiologie.
Bei der alkoholbedingten chronischen Leberentzündung kommt es zur massiven Einwanderung von Entzündungszellen
in die Leber, was zur Zerstörung des Lebergewebes und damit zur Einschränkung ihrer Funktion führt.
Die Blockade des körpereigenen Botenstoffs Interleukin-8 (IL-8) mittels synthetisch hergestellter Pepducine
könnte den entzündlichen Prozess der alkoholischen Fettlebererkrankung stoppen und die mit der Erkrankung
verbundene hohe Mortalität senken. Zu diesem therapierelevanten Ergebnis kommt Verena Wieser in ihrer ausgezeichneten
und im renommierten Magazin GUT veröffentlichten Forschungsarbeit. Die Blut- und Serumspiegel von IL-8 sind
bei entzündlichen Lebererkrankungen sehr hoch und korrelieren mit der Mortalität. „Der Nachweis dieses
Effekts gelang in dem von uns etablierten und vielfach bewährten alkoholischen Lebermodell in der Maus, in
dem wir IL-8 durch den Einsatz sogenannter Pepducine spezifisch hemmten, wodurch die neutrophilen Granulozyten
kein Signal zur Einwanderung in die Leber erhalten. Die Invasion der Leber durch Entzündungszellen bleibt
aus, die Mortalität nimmt ab“, erklärt die junge Forscherin den Mechanismus. Der Begriff Pepducine steht
für lipid-konjugierte kurze Peptide. Diese sind synthetisch relativ einfach herzustellen und in der Lage,
G Protein-gekoppelte Rezeptoren wie etwa jenen des Botenstoffs IL-8 zu aktivieren oder zu inhibieren. Bei kardiovaskulären
Erkrankungen sind Pepducine bereits in klinischer Erprobung.
Link zur Forschungsarbeit: http://dx.doi.org/10.1136/gutjnl-2015-310344
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