Waltraud Heindl erhält den Wilhelm Hartel-Preis, Francesca Ferlaino wird mit dem Erwin
Schrödinger-Preis ausgezeichnet
Wien (öaw) - Die Österreichische Akademie der Wissenschaften (ÖAW) vergibt ihre höchsten
Preise in diesem Jahr an die Historikerin Waltraud Heindl und die Quantenphysikerin Francesca Ferlaino. Waltraud
Heindl erhält den Wilhelm Hartel-Preis für ihre Forschungen zur Geschichte des 19. Jahrhunderts – insbesondere
der Geschlechtergeschichte. Mit dem Erwin Schrödinger-Preis zeichnet die ÖAW Francesca Ferlaino für
ihre bahnbrechenden Leistungen auf dem Gebiet der Erforschung von Quantengasen aus.
Von der Verwaltungsgeschichte zur Geschichte der Geschlechterrollen
Waltraud Heindl, Universitätsprofessorin i.R. für Geschichte der Neuzeit an der Universität Wien
und Direktorin des Österreichischen Ost- und Südosteuropa-Instituts bis 2001 wird für ihre herausragenden
Forschungen zur Geschichte des 19. Jahrhunderts – mit besonderem Augenmerk auf die Rolle der Geschlechter – ausgezeichnet.
Zu Beginn ihrer Karriere ermöglichte Heindl mit der Edition der Protokolle des österreichischen Ministerrats
(1848-1867) einen vorurteilsfreien Blick auf die Reformbemühungen jener Zeit. In der Folge beschäftigte
sie sich intensiv mit der Geschichte der Verwaltung und der Beamten, jener Gesellschaftsschicht, die seit dem ausgehenden
18. Jahrhundert wesentlich an der Entstehung des modernen Staates beteiligt war. Und schließlich nahm die
Historikerin die Frauen- und Geschlechterbilder ab dem späten 18. Jahrhundert in den Blick. Dabei widmete
sie sich u.a. der Entwicklung des Frauenstudiums an der Universität Wien. Am aktuellen Genderdiskurs beteiligt
sich Heindl nicht zuletzt als Mitherausgeberin von „L’Homme. Zeitschrift für feministische Geschichtswissenschaft“.
Verhaltensforschung in der Quantenwelt
Francesca Ferlaino kam vor zehn Jahren nach Innsbruck, wo sie zunächst als Gastwissenschaftlerin, dann als
Postdoc und Lise-Meitner-Fellow tätig war. Seit 2011 ist sie Mitglied der Jungen Akademie der ÖAW und
seit 2014 Professorin für Atomphysik an der Universität Innsbruck sowie wissenschaftliche Direktorin
am Institut für Quantenoptik und Quanteninformation der ÖAW. Die 39-jährige italienische Wissenschaftlerin
und ERC-Preisträgerin erhält nun den Erwin Schrödinger-Preis für ihre bahnbrechenden Arbeiten
auf dem Gebiet der Quantengase mit dipolaren magnetischen Wirkungen.
Durch Experimente mit solch speziellen Gasen – gemeinsam mit ihrem Team war sie die erste, die ultrakalte Quantengase
aus Erbiumatomen erzeugt hat – erkundet Ferlaino das Verhalten von Atomen jenseits der Gesetzmäßigkeiten
der klassischen Physik. Zu diesem Zweck müssen die Atome nahezu unbeweglich gemacht werden, was sich durch
extrem tiefe Temperaturen und eine völlige Isolierung von der Außenwelt erreichen lässt. Mit ihren
Forschungen an Quantengasen mit dipolaren magnetischen Wirkungen will Francesca Ferlaino kontrollierbare Quantensysteme
schaffen, die schließlich als Quantensimulatoren dazu genutzt werden, um Quanteneigenschaften von Materie
dort zu berechnen, wo herkömmliche Methoden versagen.
Die Preise der ÖAW
Die beiden höchsten Wissenschaftspreise der ÖAW sind mit jeweils 15.000 Euro dotiert. Mit dem Erwin Schrödinger-Preis,
benannt nach dem Nobelpreisträger für Physik, werden ForscherInnen ausgezeichnet, die in Österreich
wirken und hervorragende wissenschaftliche Leistungen in den von der mathematisch-naturwissenschaftlichen Klasse
der ÖAW vertretenen Fächern erbracht haben. Sein Pendant, der Wilhelm Hartel-Preis, ehrt WissenschaftlerInnen,
die in den von der philosophisch-historischen Klasse der ÖAW vertretenen Fächern forschen.
Erwin Schrödinger- und Wilhelm Hartel-Preis werden einmal jährlich – zusammen mit den ÖAW-Nachwuchspreisen
– verliehen. Letztere werden für herausragende Monografien, Publikationen in angesehenen Journalen oder außergewöhnliche
Masterarbeiten bzw. Dissertationen vergeben.
Heuer werden folgende WissenschaftlerInnen am Beginn ihrer Karriere ausgezeichnet:
Der Liturgiewissenschaftler Predrag Bukovec erhält den Roland Atefie-Preis, der Jubiläumspreis des Böhlau
Verlages Wien geht zu gleichen Teilen an die Kulturwissenschaftlerin Katharina Prager und den Zeithistoriker Florian
Traussnig, und Alicja Borys von der Masaryk Universität Brünn erhält das Moritz Csáky-Stipendium
für einen Forschungsaufenthalt in Österreich. Die beiden Chemiker, Sebastian Mai und Ghislain Rupp, werden
mit einem Karl Schlögl-Preis ausgezeichnet, und die Paläontologin Monika Alscher mit dem Erich Thenius-Stipendium.
Die feierliche Überreichung an alle PreisträgerInnen findet am 21. November 2017 um 17:30 Uhr an der
ÖAW in Wien statt.
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