Mit rund 130 Medienvertreter und Auslandskorrespondenten aus Europa sowie führenden Wissenschaftlern
und Politikern ging am Wochenende der 11. Europäischen Mediengipfel zu Ende.
Lech (pro.media) - Das Thema „Die neue Weltunordnung“ und die Auftritte von Persönlichkeiten wie dem
international erfolgreichen österreichischen Medienmanager Gerhard Zeiler, Seyran Ates (Mitbegründerin
der Ibn-Rushd-Goethe-Moschee in Berlin) und Julian Reichelt (Vorsitzender der Chefredaktionen der BILD-Chefredaktionen)
wurden intensiv diskutiert und fanden breiten Medienniederschlag.
Vom 30. November bis 2. Dezember 2017 stand Lech am Arlberg ganz im Zeichen des 11. Europäischen Mediengipfels.
Donnerstagabend eröffnete Gerhard Zeiler, Präsident Turner International, gemeinsam mit Hans-Peter Siebenhaar
(Präsident der Auslandspresse in Wien) den hochkarätigen Branchentreff unter dem heurigen Motto „Die
neue Welt(un)ordnung“. „Ich wünsche mir Medien, die politisch unabhängig sind und Politiker, die unabhängig
von Medien sind,“ so Zeiler. Die Sicherstellung von seriösem, unabhängigem Journalismus läge dabei
in erster Linie in der Verantwortung des Staates. Politisch gefährlich für die Demokratie seien im Medienbereich
vor allem neue Medien: „Soziale Plattformen haben eine gefährliche Tendenz. Es entstehen Communities, die
sehr einseitige Meinungen verstärken und das politische System gefährden.“
Bewegendster Auftritt in der elfjährigen Geschichte des Mediengipfels
Als ein Highlight des Gipfeltreffens galt der unter hohen Sicherheitsvorkehrungen stattfindende Besuch der deutschen
Rechtsanwältin Seyran Ates – ihr Auftritt wurde später als einer der bewegendsten in der elfjährigen
Geschichte des Mediengipfels bezeichnet. Als Mitbegründerin der Ibn-Rushd-Goethe-Moschee in Berlin setzt sich
Ates vor allem für mehr Liberalismus und Frauenrechte im Islam ein. Seyran Ates gilt deshalb als eine der
meistgefährdeten Menschen in Deutschland – bei Ihrem Besuch in Lech war dies dadurch erkennbar, da sie von
zahlreichen Personenschützern auf Schritt und Tritt bewacht wurde. „Ich wünsche mir für die Zukunft
mehr Akzeptanz dafür, dass Menschenrechte für alle gelten“ so Ates im Gespräch mit ARD-Korrespondentin
Susanne Glass. Der europäischen Identität schreibt sie dabei einen sehr hohen Stellenwert zu – für
Menschen mit Migrationshintergrund sei es schließlich um einiges einfacher, sich zu Europa zugehörig
zu fühlen, als zu einem einzelnen Staat. Zum Abschluss nahm Ates Stellung zur derzeitigen europakritischen
Haltung vieler Bürger und teilte dabei die Meinung von Gerhard Zeiler: „Viele wissen nicht zu schätzen,
was die Europäische Union an Sicherheit bringt. Die Vorteile werden zu oft für selbstverständlich
genommen“.
Europas Versäumnisse
Sowohl die Keynote von David Kennedy (Jurist, Professor an der Harvard Law School), als auch der darauffolgende
Internationale Mediengipfel der Auslandspresse unter der Leitung von Pascal Thibaut beschäftigte sich mit
dem Thema der „neuen Weltunordnung“. Kennedy eröffnete nach einleitenden Worten von Andreas Altmann (Rektor
MCI – Management Center Innsbruck) den Abend in der Kunsthalle arlberg1800.
Der Samstagvormittag rückte die Presse in den Fokus: Rainer Nowak (Chefredakteur Die Presse) bat Julian Reichelt
(Vorsitzender der BILD-Chefredaktionen) zur Pressestunde. „Ich habe in den letzten drei Jahren die Situation in
Aleppo hautnah journalistisch miterlebt“, berichtete der ehemalige Kriegsberichterstatter Reichelt. Als Grund für
die vielen Missstände der Welt sieht er unter anderem ein fehlendes Bewusstsein der Politik für falsche
Entscheidungen. „Sehr dramatisch ist die tiefe Überzeugung, das Richtige getan zu haben. Politiker haben oft
nicht das Gefühl, etwas fundamental falsch gemacht zu haben“, stellte Reichelt fest. Dabei nahm er konkret
Bezug auf Barak Obama. Die Probleme Europas und Europas Nachbarn seien die Auswirkungen der ersten wirklich linken
Administration Amerikas. „Europa hat die USA als Sehnsuchtsland abgelöst, aber bisher können wir noch
nicht damit umgehen“, ergänzte er in Bezug auf die Flüchtlingsproblematik.
Den Abschluss des diesjährigen Mediengipfels bildete am Samstag der Internationale Presseclub. Der langjährige
Medienmanager, Journalist und Berater Markus Spillmann diskutierte mit Paul Flückiger (Korrespondent in Warschau
im Netzwerk von weltreporter.net), Inga Rogg (Türkei und Nah Ost-Korrespondentin NZZ und NZZ am Sonntag) und
Pascal Nufer (SRF Korrespondent für China) über die aktuellen, erschwerten Bedingungen im Journalismus.
„Es freut uns, dass wir jedes Jahr aufs Neue das Who is Who der Medienszene bei uns am Arlberg begrüßen
dürfen. Die Veranstaltung hat sich über die Jahre zu einem Fixpunkt der Branche etabliert“, resümmierten
Hermann Fercher (Direktor Lech Zürs Tourismus), Hans-Peter Siebenhaar (Präsident des Verbandes der Auslandspresse
in Wien) und Stefan Kröll (GF ProMedia).
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