Weitere Themen: Brexit, Migration, Russlandsanktionen
Prag/Poysdorf/Wien (pk) – In betont freundschaftlicher Atmosphäre verlief am 29. November der Besuch
des tschechischen Senatspräsidenten Milan Štech im Bundesrat - findet doch ein regelmäßiger Austausch
zwischen den beiden Kammern statt, wie Bundesratspräsident Edgar Mayer (ÖVP/V) betonte. In diesem Zusammenhang
hob er besonders das Grenzlandtreffen in Poysdorf im Dezember 2015 hervor. Die grenzüberschreitende Zusammenarbeit
sei für beide Länder ein Gewinn, waren sich die Gesprächspartner einig.
An dem Gedankenaustausch nahmen von österreichischer Seite neben Mayer auch Reinhard Todt (SPÖ/W), Monika
Mühlwerth (FPÖ/W) und Robert Seeber (ÖVP/O) teil, letzterer in dessen Funktion als Obmann der bilateralen
österreichisch-tschechischen parlamentarischen Freundschaftsgruppe.
Angesprochen wurden vor allem aktuelle Herausforderungen auf EU-Ebene wie der Brexit, die Migration und die Russlandsanktionen.
In diesem Zusammenhang betonte der tschechische Senatspräsident die positive wirtschaftliche und soziale Entwicklung
seines Landes seit dem Fall des Eisernen Vorhangs. Die damaligen Unterschiede zu Österreich in diesen Bereichen
gebe es nicht mehr, so Štech. Die Zusammenarbeit mit Österreich sei für diese positive Entwicklung sehr
wichtig gewesen, wobei der Mix in Österreich aus Industrie und Dienstleistung als Vorbild gedient habe. Enorm
beigetragen hätte vor allem die Mitgliedschaft in der EU und in der NATO. Die Menschen würden heute aber
leider vergessen, wie die Lage 1990 im Vergleich zu heute war, gab Štech mit Bedauern zu bedenken.
Der Brexit stelle alle vor große Aufgaben, insbesondere in wirtschaftlicher Hinsicht, stimmten die beiden
Spitzenpolitiker überein und verliehen auch ihrer diesbezüglichen Sorgen Ausdruck. Tschechien sei es
ein Anliegen, weiterhin gute Beziehungen zu Großbritannien zu haben, sagteŠtech. Allerdings seien die Interessen
der EU im Prozess zu wahren, mahnte er und warnte vor diesbezüglichen Eigeninteressen einzelner Mitgliedsländer.
Das würde die EU schwächen, meinte er. Mayer erinnerte daran, dass Österreich Nettozahler in der
EU ist und es innerstaatlich Widerstände gebe, höhere Beiträge zu zahlen.
Thematisiert wurden in dem Gespräch auch die Russlandsanktionen, wobei Štech die Einhaltung der Beschlüsse
von Minsk bekräftigte, weshalb sein Land die Sanktionen unterstütze. Er verhehlte jedoch nicht, dass
sich die Sanktionen auch negativ – ebenso wie in Österreich - auf die eigene Wirtschaft auswirken, zumal beide
Staaten stark exportorientiert sind. Man werde sich überlegen müssen, wie man in Zukunft mit dieser Frage
umgeht, meinte Mayer.
Breiten Raum nahm bei dem Zusammentreffen auch die Frage der Migration ein. Dabei wiederholte der tschechische
Gast die Ablehnung der Quotenregelung innerhalb der EU seitens seines Landes. In den letzten zwanzig Jahren habe
Tschechien rund eine halbe Million Menschen aus dem Balkan, der Ukraine, aus Vietnam und anderen asiatischen Staaten
aufgenommen, erklärte er, und die Integration funktioniere sehr gut. In Tschechien würden auch mehr Menschen
aus Westeuropa arbeiten als TschechInnen in Westeuropa. Bundesratspräsident Edgar Mayer unterstrich den Solidaritätsgedanken
in der EU und machte vor allem auf die budgetären und gesellschaftlichen Herausforderungen aufmerksam, die
Österreich derzeit zu bewältigen hat.
Probleme würden vor allem die zahlreichen Wirtschaftsflüchtlinge bereiten sowie jene, die nicht bereit
seien, die europäischen Werte anzuerkennen, stellte Monika Mühlwerth zu dieser Frage fest. Selbstverständlich
herrsche Konsens darüber, dass Menschen aufgenommen werden, die nach der Genfer Flüchtlingskonvention
Anspruch auf Asyl haben. Die FPÖ-Politikerin sprach sich darüber hinaus für ein Umdenken in der
Entwicklungszusammenarbeit aus. Die Gelder flössen vielfach in die Taschen der Machthaber, in Gesundheit,
Bildung und Infrastruktur werde kaum investiert. Die Zahlungen müssten ihrer Meinung nach an Bedingungen geknüpft
werden.
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