Spendenaufkommen stagniert erstmals seit Jahren - Fundraising Verband fordert engagiertere
Spendenpolitik von der nächsten Bundesregierung
Wien (anker) - Am Vormittag des 29. November präsentierte der Fundraising Verband Austria (FVA) den
Spendenbericht 2017. Das österreichische Rekord-Spendenaufkommen von 640 Millionen Euro im Jahr 2016 konnte
nicht ganz gehalten werden. Die Verunsicherung wegen der Spendenabsetzbarkeit NEU zeigt ihre Wirkung. Mit 630 Millionen
Euro an Spenden freuen sich Österreichs Organisationen dennoch über einen hohen Wert. Im Bundesländervergleich
wurden die Südösterreicher an der Spitze abgelöst: Am meisten spenden die Oberösterreicher
mit durchschnittlich 126 Euro. Am spendenfreudigsten sind die Niederösterreicher und Burgenländer, besonders
viele von ihnen geben.
Über mehr Spenden als jemals zuvor freuten sich Österreichs gemeinnützige Organisationen im Vorjahr.
"Das von uns errechnete Spendenvolumen von 640 Millionen im Jahr 2016 hat alle Erwartungen deutlich übertroffen.
Nie zuvor hat die heimische Bevölkerung mehr für den gemeinnützigen Zweck gespendet.", so Günther
Lutschinger, Geschäftsführer des Fundraising Verbands Austria - Dachverband Österreichs Spendenorganisationen.
Mit gemischten Gefühlen blickt Lutschinger auf das Jahr 2017: Mit 630 Mio. wird 2017 zwar neuerlich ein gutes
Ergebnis erwartet, allerdings zeichnet sich erstmals eine Stagnation nach dem Wachstum der letzten Jahre ab.
Jede Spende zählt
Nach einer fortwährenden Steigerung des Spendenaufkommens von 460 Mio. im Jahr 2010 auf über 570
Mio. 2014 bis hin zum Rekordwert von 640 Mio. 2016 prognostiziert der Fundraising Verband im Spendenbericht 2017
erstmals einen leichten Spendenrückgang. Die Gründe macht Günther Lutschinger insbesondere an der
Verunsicherung der Bevölkerung durch die Neuregelung der Spendenabsetzbarkeit fest: "Seit Anfang des
Jahres hat sich die Absetzbarkeit grundlegend geändert. Österreichs Spender wurden allerdings bislang
völlig unzureichend darüber informiert, was sich für sie ändert und was zu beachten ist."
Weitere Gründe sind weniger Aufrufe rund um die Flüchtlingshilfe und andere Elementarereignisse, aber
auch die Tatsache, dass das Spendenthema im Wahljahr 2017 medial im Hintergrund gestanden ist. "Umso wichtiger
sind besonders heuer die Spenden in der Weihnachtszeit, die in der Regel 25 bis 30 Prozent des Gesamtvolumens ausmachen.
Ich rufe die Österreicherinnen und Österreicher dazu auf: Helfen Sie mit Ihrer Weihnachtsspende jetzt,
um gemeinnützige Projekte auch in Zukunft zu sichern!", so Lutschinger.
Österreichs Spendenorganisationen sagen Danke!
"Das hohe Spendenaufkommen zeigt den wichtigen Beitrag, den die Menschen leisten, damit wir in Österreich
und weltweit da helfen können, wo Hilfe benötigt wird. Im Namen aller Spendenorganisationen Österreichs
möchte ich Danke sagen. Für uns sind Spenden ein großer Vertrauensbeweis, der deutlich macht, dass
die Arbeit von zivilgesellschaftlichen Organisationen geschätzt wird.", sagt Werner Kerschbaum, Generalsekretär
des Österreichischen Roten Kreuzes.
So spendet Österreich: Motive, Themen und Spendenhöhe
"Die Beweggründe für das Spenden sind vielfältiger Natur. Als Hauptmotive geben die Österreicher
Sympathie mit der Organisation, Betroffenheit von der Not, Anteilnahme an Schicksalen sowie Sicherheit, dass die
Spende auch zweckgerichtet ankommt, an. Spitzenreiter bei den Spendenthemen, die den Menschen am Herzen liegen,
sind Kinder, Tiere sowie die Katastrophenhilfe im Inland.", erklärt Bernhard Hofer, Geschäftsführer
des Umfrageinstituts Public Opinion.
Oberösterreicher spenden viel, Niederösterreicher und Burgenländer häufig
Unter den 62% der Österreicher, die spenden, liegt die Durchschnittsspende derzeit bei 113 € pro Spender.
Im Bundesländervergleich liegt Oberösterreich mit durchschnittlich 126 € heuer am weitesten über
dem bundesweiten Durchschnitt vor Salzburg/Tirol/Vorarlberg mit 121 €. Schlusslicht in dieser Wertung ist Wien
mit 99 €. Bei der Spendenbeteiligung hingegen sind Niederösterreich und das Burgenland klar vorne. Hier spenden
mit 74 Prozent so viele Menschen wie nirgends anders in Österreich. Bei der Spendenhöhe befindet sich
Österreich international im Mittelfeld. Zwar spenden hierzulande 62% der Bevölkerung, das Spendenaufkommen
pro Einwohner ist allerdings wesentlich geringer als beispielsweise in Deutschland, in der Schweiz oder in Großbritannien.
Spendenabsetzbarkeit zeigt Wirkung
Über eine Million Österreicher nutzen bereits die Möglichkeit der Spendenabsetzbarkeit und machen
mittlerweile 227 Mio. € an Spenden steuerlich geltend. Jeder dritte Spenden-Euro wird damit in Österreich
steuerlich abgesetzt. Seit 1. Jänner 2017 gelten für die Spendenabsetzbarkeit die neuen Vorschriften:
Nicht mehr die Spender müssen ihre Spende beim Finanzamt geltend machen, sondern die von ihnen bedachten Organisationen.
Spender müssen den Organisationen jedoch ihren vollständigen Namen laut Meldezettel sowie ihr Geburtsdatum
übermitteln. Dies bedeutet einen immensen, personalintensiven Adaptierungs- und Investitionsbedarf für
die Organisationen.
Forderungen an neue Bundesregierung
Von der nächsten Bundesregierung verlangt der Fundraising Verband rasch Schritte zu setzen, um das Österreichische
Spendenwesen zu stärken und fit für die Zukunft zu machen:
Ausbau und mehr Fairness bei der Spendenbegünstigung
Wie in Deutschland oder der Schweiz sollte die Spendenbegünstigung für alle Bereiche der Gemeinnützigkeit
gelten. Derzeit sind in Österreich Bildung oder Sport nicht, Kunst und Kultur nur sehr eingeschränkt
spendenbegünstigt - eine massive Ungleichbehandlung und Benachteiligung. Spenden für Bildung in Afrika
sind begünstigt, für Bildung in Österreich hingegen nicht. Es ist Aufgabe der nächsten Bundesregierung,
die Vorschriften zu vereinheitlichen, alle gemeinnützigen Zwecke zu begünstigen und die überbordende
Bürokratie bei der Spender-Datenweiterleitung zu entschärfen.
Entbürokratisierung des Gemeinnützigkeitsgesetzes
Die Steuervorschriften für gemeinnützige Einrichtungen sind immer unübersichtlicher geworden.
Allein die Vereinsrichtlinie des BMF umfasst 250 Seiten. In der nächsten Legislaturperiode müssen die
Rechtsvorschriften vereinfacht und vereinheitlicht werden. Damit hat es die neue Bundesregierung in der Hand, das
gemeinnützige Engagement in Österreich wieder auf einen Wachstumskurs zu bringen.
Stärkung des gemeinnützigen Stiftungssektors
Das Gemeinnützigkeitsgesetz 2015 hat deutliche Verbesserungen für den Stiftungsstandort Österreich
gebracht. Eine Angleichung an das Niveau in Deutschland oder der Schweiz hinsichtlich der steuerlichen Rahmenbedingungen
wurde damit noch nicht erreicht. Insbesondere die KESt-Befreiung von gemeinnützigem Vermögen ist eine
absolut notwenige Maßnahme für die weitere Stärkung des Sektors.
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