Wien (wifo) - Eine protektionistischere Handelspolitik der USA unter Donald Trump könnte Österreich
kurzfristig unter Druck setzen, bietet aber auch Chancen. Falls die Nordamerikanische Freihandelszone aufgehoben
würde, könnte Österreich sogar profitieren. Die aktuellen Forschungsergebnisse präsentiert
ifo-Forscher Gabriel Felbermayr am 7. Dezember bei einer Vorlesung in Wien.
Eine weitere Verschärfung der Abschottungspolitik der USA, wie sie Präsident Donald Trump ankündigt,
könnte weltweit gravierende Konsequenzen haben. Auch Österreich wäre von neuen einseitigen Zöllen
und nicht-tarifären Handelsbarrieren der USA betroffen: Die heimische Wohlfahrt - gemessen am Bruttohaushaltseinkommen
- könnte um bis zu 1 Milliarde Euro (0,31 Prozent) sinken. Durch vergeltende Maßnahmen der WTO-Länder
würden die Verluste geringer ausfallen: In diesem Fall würden Österreichs Haushalte Wohlfahrtsverluste
von etwa 730 Millionen Euro (0,20 Prozent) erleiden. Zu diesem Ergebnis kommt ein Policy Brief des Kompetenzzentrums
FIW (Forschungsschwerpunkt Internationale Wirtschaft).
Der Ökonom Gabriel Felbermayr, Leiter des Zentrums für Außenwirtschaft am ifo Institut in München,
und seine Kollegin Marina Steininger haben für das FIW die möglichen Auswirkungen der angedrohten Handelspolitiken
der USA für Österreich simuliert. Ihre Schlussfolgerung: "Ein neuer amerikanischer Protektionismus
ist zwar ärgerlich, aber die volkswirtschaftlichen Effekte bleiben für Österreich langfristig verkraftbar,
da Österreich über ein ausreichend diversifiziertes Portfolio von Exportmärkten verfügt",
heißt es in dem Policy Brief.
Unter Druck geraten würden im Falle einseitiger Handelsbarrieren der USA die österreichische Agrarbranche
sowie die ökonomisch bedeutsamen, klassischen Güterbranchen wie der Fahrzeugsektor, der Maschinenbau
und der Großhandel. Diese Branchen sind derzeit für den Großteil der österreichischen Exporte
in die USA verantwortlich. Insgesamt exportierte Österreich im Jahr 2016 Produkte im Wert von knapp 8,7 Milliarden
Euro in die USA. Das sind 6,6 Prozent des gesamten Außenhandels.
Andere Auswirkungen ergeben sich, falls die Nordamerikanische Freihandelszone NAFTA aufgehoben würde: In diesem
Fall wäre es möglich, dass Österreich sogar profitiert. In ihrer Simulation gehen Felbermayr und
Steininger davon aus, dass ein Ende von NAFTA für die USA mit Kosten von rund 37 Milliarden Euro verbunden
wäre. Österreich könnte durch Handelsumlenkungen mit einem kleinen BIP-Zuwachs von 35 Millionen
Euro rechnen. Eine angedachte Reform der Unternehmenssteuer mit Einführung eines Grenzsteuerausgleichs würde
Österreich nur sehr geringfügig - und eventuell positiv - betreffen.
Das Kompetenzzentrum "Forschungsschwerpunkt Internationale Wirtschaft" (FIW) ist ein Projekt von drei
Instituten - Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO), Wiener Institut für Internationale
Wirtschaftsvergleiche (wiiw), Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliches Rechenzentrum (WSR) - im Auftrag des Bundesministeriums
für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft (BMWFW); unterstützt wird das Projekt u. a. von der Oesterreichischen
Nationalbank, der Industriellenvereinigung und dem Bundeskanzleramt. Die Kooperationsvereinbarungen des FIW mit
der Wirtschaftsuniversität Wien, der Universität Wien, der Johannes Kepler Universität Linz und
der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck werden aus Hochschulraumstrukturmitteln gefördert. Das FIW
bietet Zugang zu internationalen Außenwirtschafts-Datenbanken, eine Forschungsplattform und Informationen
zu außenwirtschaftsrelevanten Themen.
Das FIW-Projekt veröffentlicht in unregelmäßigen Abständen Policy Briefs zu aktuellen außenwirtschaftlichen
Themen. In diesen Policy Briefs soll eine Aufbereitung aktueller, politikrelevanter Informationen stattfinden.
Hierbei soll insbesondere auf die spezifische Situation Österreichs eingegangen werden.
Der FIW Policy Brief Nr. 37 "Effekte der US-Präsidentschaft Trump – Neuer Protektionismus" von Univ.-Prof.
Gabriel Felbermayr, PhD und Marina Steininger, MSc ist als kostenloser Download unter https://www.fiw.ac.at/ erschienen.
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