Innsbruck (universität) - Heute verfügbare Ionenfallen-Technologien eignen sich als Basis für
den Bau von großen Quantencomputern. Das zeigen Untersuchungen eines internationalen Forscherteams, deren
Ergebnisse nun in der Fachzeitschrift Physical Review X veröffentlicht wurden. Die Wissenschaftler haben für
Ionenfallen maßgeschneiderte Protokolle entwickelt, mit denen auftretende Fehler jederzeit entdeckt und korrigiert
werden können.
Damit die heute existierenden Prototypen von Quantencomputern ihr volles Potenzial entfalten, müssen sie erstens
viel größer werden, d.h. über deutlich mehr Quantenbits verfügen, und zweitens mit Fehlern
umgehen können. „Aufwändige Rechnungen scheitern heute noch daran, dass die Systeme aufgrund von Störungen
aus dem Ruder laufen“, sagt Rainer Blatt vom Institut für Experimentalphysik der Universität Innsbruck
und dem Akademieinstitut für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI). „Durch Fehlerkorrektur lässt
sich dieser Prozess eindämmen.“ Jeder herkömmliche Computer nutzt solche Verfahren, um Fehler bei der
Speicherung und Übertragung von Daten zu erkennen und möglichst zu korrigieren. Dazu wird vor der Datenspeicherung
oder Übertragung den Daten Redundanz hinzugefügt, meist in Form zusätzlicher Bits, die zum Erkennen
und Korrigieren von Fehlern genutzt wird. Auch für den Quantencomputer wurden ähnliche Verfahren entwickelt,
die im Wesentlichen darin bestehen, die Quanteninformation in mehreren, miteinander verschränkten physikalischen
Quantenbits zu speichern. „Hier werden die Eigenschaften der Quantenwelt genutzt, um Fehler zu erkennen und zu
korrigieren“, beschreibt Markus Müller von der Swansea University in Großbritannien. „Wenn es gelingt,
die Störungen unter eine bestimmte Schwelle zu drücken, können wir Quantencomputer für beliebig
komplexe Rechnungen bauen, indem wir die Zahl der verschränkten Quantenbits entsprechend erhöhen.“
Ionen im Labyrinth gefangen
Gemeinsam mit seinem Kollegen Alejandro Bermudez Carballo betont Markus Müller, dass auf dem Weg zu diesem
Ziel die Möglichkeiten der technologischen Plattformen bestmöglich ausgenutzt werden müssen. „Für
die Fehlerkorrektur benötigen wir Quantenschaltkreise, die besonders stabil sind und auch unter realistischen
Bedingungen verlässlich arbeiten, sogar wenn während der Fehlerkorrektur selbst zusätzliche Fehler
auftreten“, erklärt Bermudez. Sie gemeinsam haben eine Reihe von fehlertoleranten Protokollen weiterentwickelt
und untersucht, wie diese mit den heute verfügbaren Operationen auf Quantencomputern umgesetzt werden können.
Eine neue Generation von segmentierten Ionenfallen bietet dafür ideale Möglichkeiten: Einzelne Ionen
können rasch zwischen verschiedenen Zonen einer Falle hin- und hertransportiert werden. Zeitlich sorgfältig
festgelegte Abläufe erlauben parallele Prozesse in unterschiedlichen Speicher- und Rechenzonen. Durch den
Einsatz von zwei unterschiedlichen Ionenarten in einer Falle lässt sich die eine Art als Träger der logischen
Quantenbits einsetzen, während die andere zur Fehlermessung, Rauschunterdrückung und Kühlung dient.
Neue Generation von Quantencomputern
Auf Basis der experimentellen Erfahrung von Forschungsgruppen in Innsbruck, Mainz, Zürich und Sydney haben
die Forscher Kriterien definiert, anhand deren bestimmt werden kann, ob die Quantenfehlerkorrektur erfolgreich
ist. Auf dieser Basis können die Wissenschaftler die weitere Entwicklung von Ionenfallen-Quantencomputern
leiten, um schon in naher Zukunft ein logisches Quantenbit zu realisieren, das mit Hilfe der Fehlerkorrektur die
Eigenschaften eines rein physikalischen Quantenbits übersteigt.
Aufwändige numerische Simulationen der neuen Fehlerkorrekturprotokolle in der Arbeitsgruppe um Simon Benjamin
an der Universität Oxford zeigen, wie die Hardware der nächsten Generation von Ionenfallen-Quantencomputern
weiterentwickelt werden muss, um in Zukunft fehlertolerant rechnen zu können. „Unsere numerischen Ergebnisse
unterstreichen, dass die modernsten Ionenfallen-Technologien als Basis für den Bau von großen, fehlertoleranten
Quantencomputern sehr gut geeignet sind“, erklärt Benjamin.
Die Forschungen wurden unter anderem vom österreichischen Wissenschaftsfonds FWF und der Tiroler Industrie
finanziell unterstützt.
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