Erste Lesung des Gesetzes zeigt unterschiedliche Ansätze der Fraktionen zu Steuersystem
auf
Wien (pk) - Die SPÖ will Gewinnverschiebungen, die der Steuervermeidung bzw. –reduktion dienen, entgegentreten.
Sie stellte daher einen Antrag auf ein "Gewinnverschiebungs- Bekämpfungsgesetz", das in der Nationalratssitzung
vom 14. Dezember einer Ersten Lesung unterzogen wurde. Dabei bekannten sich alle Parteien grundsätzlich zu
mehr Steuergerechtigkeit und Maßnahmen gegen Steuerflucht. Unterschiedliche Auffassungen wurden hingegen
in der Frage von Transparenzregelungen für das Steuersystem deutlich.
Laut den Vorstellungen der SPÖ sollten jene Aufwendungen nicht mehr abzugsfähig sein, die an Briefkastenfirmen
getätigt werden oder die beim Empfänger einem effektiven Steuersatz von unter 10% unterliegen. Um die
Bedeutung des Anliegens zu unterstreichen, fordert die SPÖ die Behandlung im Nationalrat binnen drei Monaten.
Der Antrag wurde dem Finanzausschuss zugewiesen.
SPÖ: Steuerschlupflöcher schließen, mehr Steuertransparenz
Tatsache sei, dass gerade die besonders reichen Unternehmen und die Individuen dahinter am wenigsten Steuern zahlen,
da sie über zahlreiche Wege der Steuervermeidung verfügen, befand SPÖ-Abgeordneter Kai Jan Krainer.
Die SPÖ fordere daher gesetzliche Maßnahmen gegen das Verschieben von Gewinnen zum Zweck der Steuervermeidung.
Auch solle, wer falsche Angaben gemacht hat, stärker als bisher mit Zuschlägen belastet werden.
Krainer plädierte dabei auch für mehr Steuertransparenz. Das Daten des bereits im Rahmen eines multilateralen
Abkommens beschlossenen Public Country-by-Country-Reporting seien öffentlich zu machen. Außerdem sieht
er die Notwendigkeit, Vorschriften über Whistleblowing im österreichischen Arbeitsrecht zu verankern.
Im Detail sei der Vorschlag der SPÖ sicher noch verbesserungswürdig, meinte Krainer. Er biete aber eine
gute Basis für Diskussionen darüber, wie das Steuersystem in Österreich gerechter gemacht werden
kann. Grundsätzlich müsse sich die gesamte Steuerkultur ändern, stellte der SPÖ-Finanzsprecher
fest.
Das Thema Steuervermeidung sei besonders seit der Veröffentlichung der so genannten "Paradise Papers"
und zuvor der "Panama Papers" ins öffentlichen Bewusstsein gelangt, sagte Andreas Schieder (SPÖ).
Wichtig sei es jedoch, nicht nur auf illegale Schlupflöcher hinzuweisen, sondern auch bei den bisher noch
legalen Formen der Steuervermeidung anzusetzen. Vor allem müsste Umgehungsmöglichkeiten über Briefkastenfirmen
ein Riegel vorgeschoben werden. Grundsätzlich habe das Prinzip zu gelten, dass Steuern dort zu zahlen sind,
wo die Gewinne gemacht werden. Schieder sieht das als eine Frage der Wettbewerbsgerechtigkeit, um kleine Unternehmen
gegenüber den Großkonzernen zu stärken. Die SPÖ habe schon im Frühjahr ein Paket zu mehr
Transparenz vorgelegt. Er freue sich über die sachliche Diskussion zum SPÖ-Vorschlag. Sie zeige, dass
es auch in den andren Parteien ein wachsendes Bewusstsein für die Wichtigkeit des Themas gebe, sagte Schieder.
ÖVP erwartet EU-Richtlinie mit wirksamen Maßnahmen gegen Steuervermeidung
Zweifellos müsse man sich mit den Themen Steuergerechtigkeit und Steuerflucht auseinandersetzen. Hier gehe
es um eine Frage der Fairness im Wirtschaftsleben, meinte Karlheinz Kopf (V). Die Steuerflucht in Steueroasen sei
jedenfalls zu unterbinden. Kopf sieht Steuerflucht als Verstoß gegen das Grundprinzip, wonach jeder und jede
je nach Leistungsfähigkeit einen adäquaten Beitrag zum Gemeinwesen leisten muss. Wie hoch dieser Beitrag
aber tatsächlich sein müsse, sei eine weitere Grundsatzfrage. Hier spreche sich die ÖVP für
die Senkung der Steuerbelastung und mehr Freiheit für den Einzelnen aus. Der Antrag der SPÖ enthalte
einige Punkte, gegen die es Bedenken von Experten gebe, sagte Kopf. Zudem arbeite die EU-Kommission an einer Richtlinie,
die weit effektivere Instrumente gegen ungerechtfertigte Abzüge von Gewinnen enthalten werde, als sie die
SPÖ vorschlage. Die EU warne zudem vor einem Alleingang in der Frage der Veröffentlichung von Daten des
Public Country-by-Country-Reporting. Er freue sich aber bereits auf eine konstruktive Debatte zu diesen wichtigen
Fragen im Finanzausschuss.
FPÖ gegen nationale Alleingänge bei Transparenzregeln
FPÖ-Abgeordneter Hubert Fuchs (F) verwies darauf, dass den EU-Staaten Jahr für Jahr hohe Steuerbeträge
entgehen. Die größten Schäden verursacht dabei seiner Aussage nach der so genannte Karussell-Betrug
bei der Mehrwertsteuer. Die FPÖ fordere daher schon seit langem ein Reverse Charge System für die Mehrwertsteuer.
Leider biete die EU-Kommission in diesem Punkt nur sehr unzureichende Vorschläge an, um diese Form des Steuerbetrugs
abzustellen. Die Verantwortlichen dafür ortet Fuchs in den Reihen der früheren sozialistischen Regierung
Frankreichs, die mittels Steuersystem der französischen Autoindustrie verdeckte Förderungen zukommen
lassen wollte. Aus Sicht seiner Fraktion sei Steuertransparenz zweifellos wichtig, nationale Alleingänge in
diesem Punkt erachte er aber als wenig sinnvoll, sagte Fuchs.
NEOS fordern Steuerentlastung für Klein- und Mittelbetriebe
Angesichts der Bekenntnisses der früheren Koalitionsparteien zu einer besseren Steuermoral frage er sich,
warum die alte Regierung kein Transparenzabkommen mit Liechtenstein erreicht habe, meinte NEOS-Abgeordneter Josef
Schellhorn (N). Gegen die im Antrag formulierten Vorschläge der SPÖ habe er einige Bedenken, da sie seiner
Meinung nach nicht auf die exportorientierte Wirtschaft Österreichs Rücksicht nehmen. Laut OECD findet
bereits 60 Prozent des Welthandels innerhalb von Konzernen statt, das müsse bei allen Steuerplänen berücksichtigt
werden. Die große Herausforderung für Schellhorn ist die Vereinfachung des Steuersystems, das Jahr für
Jahr durch eine Flut neuer gesetzlicher Regelungen immer unüberschaubarer werde. Vor allem müssten Klein-
und Mittelbetriebe, die ohnehin keine Möglichkeit zur Gewinnverschiebung haben, entlastet werden.
Liste Pilz forderte wirksame Bekämpfung europäischer Steueroasen
Entsprechend dem Prinzip der Besteuerung nach Leistungsfähigkeit, wie es Abgeordneter Kopf fordere, müsse
die ÖVP eigentlich auch für die Wiedereinführung der Erbschaftssteuer eintreten, argumentierte Bruno
Rossmann von der Liste Pilz. Was die Vorschläge der SPÖ angehe, hätte sie diese bereits in der vorigen
Legislaturperiode einbringen können, das aber versäumt. SPÖ und ÖVP hätten sich damals
gemeinsam gegen alle seine Forderungen nach mehr Steuertransparenz gestellt. Besonders Finanzminister Schelling
habe sich mit wenig stichhaltigen Argumenten der Veröffentlichung von Daten stets widersetzt. Kritik übte
Rossmann auch an der Rolle von Schelling bei der Bekämpfung von Steuerbetrug. Er habe Maßnahmen gegen
Steueroasen, wie sie etwa die EU plante, nie vorangetrieben, sondern stattdessen sogar blockiert, lautete der Vorwurf
Rossmanns. Die EU habe bisher nichts zur Schließung der europäischen Steueroasen vorgeschlagen, kritisierte
Rossmann.
|