WKÖ-Experte Kronberger: Ergebnisse des 11. WTO-Ministertreffens gleichen einem Scheitern
Buenos Aires/Wien (pwk/awo) - Vom 10. bis 13. Dezember fand die elfte Ministerkonferenz der Welthandelsorganisation
(WTO) in Buenos Aires statt. Vertreter von 164 WTO-Staaten kamen zusammen, um zu multilateralen Themen wie Abbau
von Subventionen in der Landwirtschaft, Fischerei, öffentliche Lagerhaltung von Nahrungsmitteln, Unterstützung
von kleinen und mittleren Unternehmen sowie neuen Regeln für den digitalen Handel zu verhandeln.
Die Ausgangslage für erfolgreiche Verhandlungen war bereits im Vorfeld der Vorbereitungen für die 11.
WTO-Ministerkonferenz (MC11) angespannt und überschattet von unausgewogenen Interessen zwischen den Entwicklungsländern
und Industrieländern. Dazu kam die Haltung der USA, die Arbeiten des WTO-Streitbeilegungs-Systems durch Blockade
der Ernennung neuer Mitglieder der Berufungsinstanz zu verhindern.
„Seitens der Wirtschaft war bereits die Erwartungshaltung auf multilaterale Ergebnisse aufgrund der am Tisch gelegenen
Verhandlungsthemen im Vorfeld mäßig. Dennoch bestand Hoffnung auf zumindest bescheidene Ergebnisse in
relevanten Bereichen wie Dienstleistungen, Investitionserleichterungen sowie eine stärkere Einbindung von
KMU und Mikrounternehmen im Welthandelssystem“, so Ralf Kronberger, Leiter der Abteilung Finanz- und Handelspolitik
in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ).
Verlängerung des Moratoriums bei eCommerce
Im Dienstleistungsbereich konnte wenigstens eine Verlängerung des Moratoriums bei eCommerce erreicht werden.
Bedauerlich ist allerdings, dass im Rahmen des Ministertreffens nicht einmal eine multilaterale Einigung zu Schlüsselthemen
wie öffentliche Lagerhaltung von Nahrungsmitteln oder Abbau von Fischereibeihilfen getroffen werden konnte.
Kronberger: „Ergebnisse in diesen Kernthemen wären die Basis für die Behandlung neuer, für die Wirtschaft
wichtiger Handelsfragen wie ‚global value chains‘ innerhalb der WTO gewesen, die sich aufgrund der technologischen
und wirtschaftlichen Veränderungen seit der Doha-Ministererklärung von 2001 der WTO regelrecht aufdrängen.“
Auch wenn die Ergebnisse des 11. WTO-Ministertreffens einem Scheitern gleichen und substanzielle Erfolge der WTO
seit der Doha-Runde ausgeblieben sind - die WTO hat in den vergangenen Ministerkonferenzen in Bali (2013) und Nairobi
(2015) bewiesen, dass Verhandlungsergebnisse möglich sind - wie das multilaterale Abkommen zu Handelserleichterungen
mit Bestimmungen zur weltweiten effizienteren Zollabwicklung oder der Liberalisierung von IT-Produkten.
Blockade der WTO durch die USA
„Die Ministerkonferenzen waren seit jeher von unterschiedlichen Interessen und Blockadehaltungen einzelner
WTO-Mitgliedstaaten geprägt. Neu und für die Wirtschaft umso besorgniserregender ist allerdings die Blockade
durch die USA, was die Funktionsfähigkeit der WTO anbelangt“, so der WKÖ-Experte. Neben der Wichtigkeit
einer thematischen Agenda wäre dieses Treffen eine sehr gute Gelegenheit für die Behandlung von systematischen
Fragen gewesen, etwa die zukünftige Rolle der WTO als Hüterin der Welthandelsregeln oder die Zukunft
des Multilateralismus.
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