Wiener Auszeichnungen für drei Persönlichkeiten der scientific community
Wien (rk) - Prof. Dr. Dr. Rudolf O. Zucha, Psychologe und Psychotherapeut, und Dr. Dieter Schweizer, Genetiker
und Pflanzenforscher, am 20. Dezember im Wiener Rathaus das Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um das Land
Wien, Univ.-Doz. Dr.in Christine Neugebauer-Maresch, Archäologin und Anthropologin, das Silberne Ehrenzeichens
für Verdienste um das Land Wien an.
„Wien ist mit 200.000 Studierenden die größte Universitätsstadt im deutschsprachigen und zentraleuropäischen
Raum“, hob Wissenschaftsstadtrat Andreas Mailath-Pokorny die Bedeutung Wiens als Universitäts- und Forschungsstandort
hervor. „Die Stadt stärkt und unterstützt Institutionen, Themen, Ideen und Projekte und last but not
least Menschen, die die wissenschaftliche Erkenntnissuche vorantreiben. Die heutigen Ehrengäste sind drei
Repräsentanten der scientific community, die die ganze Bandbreite der exzellenten Forschung aufzeigen“.
„Dieter Schweizer hat Pionierarbeit in der Chromosomenanalyse geleistet, deren Ergebnisse nicht nur für die
Pflanzenforschung, sondern auch für die Medizin bahnbrechende Erkenntnisse brachte“, so Genetikerin Marie-Theres
Hauser in ihrer Laudatio: „Mit der Gründung des Gregor-Mendel-Instituts für Molekulare Pflanzenbiologie
bewies Schweizer Durchhaltevermögen, Mut, Geschick und hohes persönliches Engagement. Er ist ein beharrlicher
Ermöglicher, vorausschauender Erneuerer, nimmermüder Wissenschaftler und Kulturliebhaber“.
„Rudolf Zucha hat viel dazu beigetragen, die Erinnerung an die Vorreiter der Entwicklungspsychologie Charlotte
und Karl Bühler wachzuhalten. Er hielt Fachvorträge, initiierte eine Gedenktafel und editierte die Beiträge
der regelmäßig stattfindenden Bühler-Symposien“, betonte Kulturwissenschaftler und Historiker Philipp
Maurer.
„Christine Neugebauer-Maresch konnte sich mit ihrem Forschungsschwerpunkt des Paläolithikum auch international
positionieren“, unterstrich Anthropologin Maria Teschler-Nicola. „Highlight ihrer Forschungstätigkeit war
sicher der Fund einer der ältesten Venusfiguren weltweit, die heute im Naturhistorischen Museum ausgestellt
ist.“ Weitere Meilensteine in deren Karriere seien die Gründung einer Forschungsgruppe, die sich auf Bestattungsriten
und Kultur der Steinzeit konzentrierte, der Aufbau einer Fundortdatenbank sowie die Sichtbarmachung archäologischer
Erkenntnisse für die Bevölkerung.
„Wir haben Wien als Mittelpunkt unserer wissenschaftlichen Tätigkeit ausgewählt. Von Wien haben wir immer
Impulse und Unterstützung erhalten und daher freuen wir uns, dass wir etwas zurückgeben konnten“, bedankte
sich Dieter Schweizer im Namen aller Ausgezeichneten.
Biographie Dieter Schweizer
Dieter Schweizer, geboren 1938 in Basel (Schweiz), promovierte 1970 an der Philosophisch-Naturwissenschaftlichen
Fakultät der Universität Basel summa cum laude. Er ist emeritierter Professor für Cytologie und
Genetik (Botanik) der Universität Wien, Honorarprofessor der Universität Salzburg und wirkliches Mitglied
der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW). Nach seiner Berufung zum Ordinarius 1986 war
Schweizer Departementsleiter, zuerst am vormaligen Institut für Botanik und danach bis zu seiner Emeritierung
an den Max F. Perutz-Laboratorien. 2000 berief ihn das Präsidium der ÖAW zum Gründungsdirektor des
Gregor-Mendel-Instituts für molekulare Pflanzenbiologie. Ab 2011 arbeitete Schweizer als wissenschaftlicher
Programmleiter des 650-jährigen Gründungsjubiläums der Universität Wien im Jahr 2015.
Die von Dieter Schweizer an Pflanzenchromosomen entwickelten fluoreszenzoptischen, diagnostischen Methoden erwiesen
auch als äußerst nützlich in der veterinär- und humanmedizinischen Genetik und Onkologie.
Das führte in Wien u. a. zu einer fruchtbaren Zusammenarbeit mit dem Neuropädiater Andreas Rett und dem
Hämatologen Alois Stacher. Auf dem Gebiet der experimentellen Botanik trugen Schweizers frühe Arbeiten
zur Genetik und Molekularbiologie von Arabidopsis thaliana (Ackerschmalwand) dazu bei, diesen Vertreter der Kreuzblütler
als universelles „Modellsystem“ der molekularen Pflanzenbiologie zu etablieren. Der eigentliche Schwerpunkt seines
Wirkungsbereiches als Ordinarius war die zell- und molekularbiologische Analyse der Reifeteilung (Meiose), eine
Forschung, die auch heute noch an der Universität Wien von seinen Schülern gepflegt wird – mit höchstem
Erfolg! Das von Dieter Schweizer ab 2000 im Auftrag der ÖAW am Campus VBC neu aufgebaute Gregor-Mendel-Institut
entwickelte sich innerhalb weniger Jahre zu einer führenden Forschungseinrichtung der Pflanzenwissenschaften.
Biographie Rudolf Zucha
Rudolf Zucha, wurde 1940 in Wien geboren. Nach der Matura im Jahr 1964 studierte er Psychologie, Philosophie
und Anthropologie an der Universität Wien. Außerdem absolvierte er die Ausbildung zum klinischen Gesundheitspsychologen
sowie zum Psychotherapeuten.
Zucha war Lehrbeauftragter am Institut für Psychologie an der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt, an
der Universität Wien sowie an der Technischen Universität Wien tätig. Seit 1981 leitet er als Geschäftsführer
auch den Fachverlag „Psychologische Gesellschaft für Persönlichkeits- und Organisationsentwicklung“ und
fungiert als Herausgeber der „Internationale Zeitschrift für Sozialpsychologie und Gruppendynamik in Wirtschaft
und Gesellschaft“. Rudolf Zucha ist weiters Vorsitzender des Vereins für Psychologie und Psychotherapie im
Rahmen des Bundes sozialdemokratischer Akademiker/innen, Intellektueller und Künstler/innen (BSA).
Ein Schwerpunkt seiner wissenschaftlichen Tätigkeit gilt Karl und Charlotte Bühler, Gründungspersönlichkeiten
der wissenschaftlichen Psychologie, worüber er auch zwei Wiener Vorlesungen hielt. 2012 veröffentlichte
editierte er unter dem Titel „Krise und Chance der Psychologie“ die Beiträge der regelmäßig stattfindenden
Bühler-Symposien.
Biographie Christine Neugebauer-Maresch
Christine Neugebauer-Maresch studierte an der Universität Wien Ur- und Frühgeschichte, Klassische
Archäologie und Anthropologie. 1981 promovierte sie mit einer Dissertation über die Grabungen zu jungsteinzeitlichen
Befestigungsanlagen in Falkenstein (NÖ). Nach dem Studium war sie zunächst freiberuflich tätig und
arbeitete unter anderem bei verschiedenen Ausgrabungen mit, verfasste Artikel in Fachpublikationen und war im Ausstellungs-
und Museumswesen tätig, bevor sie 1988 einen Lehrauftrag am Institut für Anthropologie an der Universität
Wien erhielt. Seit 1994 unterrichtet sie auch am Institut für Ur- und Frühgeschichte. 1999 wurde sie
wissenschaftliche Angestellte der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und übernahm dort die
Leitung der Arbeitsgruppe Paläolithikum der Prähistorischen Kommission, die seit 2000 die Fundortdatenbank
"Quartärfundplätze Österreichs" mit interdisziplinären Verknüpfungen aufbaut.
2013 wurde die Wissenschaftlerin mit der Leitung der Forschungsgruppe Quartärarchäologie betraut.
2010 habilitierte sie sich an der Universität Wien im Fach Ur- und Frühgeschichte mit der Arbeit "Geistige
Welt der Steinzeiten". Christine Neugebauer-Maresch war Leiterin zahlreicher Grabungsprojekte, vor allem in
Niederösterreich nördlich der Donau. Ihre prominenteste Grabung ist zweifellos jene an der Fundstelle
der sogenannten "Venus vom Galgenberg" auf dem Galgenberg bei Stratzing in der Nähe von Krems. Die
32.000 Jahre alte Venusfigurine aus grünem Serpentin ist eine der weltweit ältesten Statuetten und heute
eines der Prunkstücke in der prähistorischen Sammlung des Naturhistorischen Museums in Wien. In Kooperation
mit der Stadtarchäologie Wien und dem Naturhistorischen Museum erforscht das Team um Christine Neugebauer-Maresch
eiszeitliche Jäger- und Sammlergesellschaften im heutigen Wiener Stadtgebiet.
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