Geschäftsvertrauen in der Industrie war im November so hoch wie zuletzt vor der Krise
2007 – Das Industriewachstum beschleunigt sich insgesamt auf rund 4 Prozent im Jahr 2017
Wien (unicredit group) - Die Ergebnisse von Unternehmensbefragungen in unterschiedlichsten Branchen im dritten
Quartal 2017 zeigen ein sehr erfreuliches Konjunkturbild: „Bereits in den ersten drei Quartalen hat das Branchenklima
in der heimischen Industrie fast kontinuierlich aufgeklart. Im November lag der Geschäftsvertrauensindex so
hoch wie zuletzt vor der Krise 2007. Von der Beschleunigung der Industriekonjunktur profitieren auch die wirtschaftsnahen
Dienstleistungssparten. Zudem beurteilen die Bauunternehmen ihre aktuelle Geschäftslage, trotz schwächerem
Produktionswachstum in den letzten Monaten, besser als in den zehn Jahren davor. Lediglich das Einzelhandelsklima
ist trüb geblieben“, fasst Stefan Bruckbauer, Chefökonom der UniCredit Bank Austria, den aktuellen Branchenüberblick
zusammen.
Das erfreuliche Branchenklima 2017 hat sich im hohen gesamtwirtschaftlichen Beschäftigungswachstum von 2 Prozent
in den ersten elf Monaten niedergeschlagen. „Bemerkenswert ist die Zunahme an Arbeitsplätzen in der Industrie
von 3,2 Prozent bis November 2017, was das höchste jährliche Wachstum der letzten zwei Jahrzehnte darstellt.
Zudem wird die Arbeitslosenquote im Sektor auf 4,4 Prozent im Jahresdurchschnitt sinken, im Vergleich zu 8,5 Prozent
in der Gesamtwirtschaft, womit die Industrie wesentlich zur Stabilisierung der heimischen Arbeitsmarktes beiträgt“,
sagt UniCredit Bank Austria Ökonom Günter Wolf.
Industriewachstum beschleunigt sich 2017
Noch im November ist das Geschäftsvertrauen der Industrieunternehmen gestiegen, wobei sich die Stimmung in
fast allen großen Bereichen verbesserte. „Auf der Grundlage der lebhaften Investitionsgüternachfrage
im In- und Ausland und der stärkeren Nachfrage von Seiten der Bauwirtschaft wird die Industrie in Österreich
2017 um wenigstens 4 Prozent und damit rascher als im langfristigen Durchschnitt wachsen“, sagt Wolf.
Vom starken Wachstum der europäischen Investitionskonjunktur, das voraussichtlich auch 2018 ungebremst bleibt,
profitieren auf Branchenebene vor allem die Maschinenbauer. Ihre Produktionsleistung hat zwar erst ab der zweiten
Jahreshälfte stärker an Schwung gewonnen, sollte aber im Jahresdurchschnitt 2017 noch auf wenigstens
4 Prozent zulegen, im Tempo des Industriedurchschnitts. Die sehr guten Produktionserwartungen und Beurteilungen
der Auftragslage im November signalisieren weitere Zuwächse bis 2018, wobei die optimistischen Investitionsprognosen
für das nächste Jahr in den wichtigsten Absatzmärkten eine weitere Beschleunigung des Branchenwachstums
erwarten lassen.
Die baunahen Industriebereiche und einzelne Sparten der Stahl- und Metallwarenerzeugung, der Kunststoffverarbeitung
und der Elektroindustrie berichteten zuletzt im September stark steigende Exportaufträge. Zudem sind die Auftragsbeurteilungen
mit Ausnahme der Stahlindustrie in der jüngsten Konjunkturbefragung im November optimistischer geworden. Es
zeigt sich, dass die Baukonjunktur 2017, vor allem im Hochbau, in wichtigen europäischen Märkten rascher
wächst als in Österreich. Obwohl die Stahlindustrie in ihren Produktionserwartungen in den letzten Monaten
noch Konjunkturunsicherheiten zeigte, verbucht die Branche bereits hohe Zuwächse und wird das Jahr 2017 mit
einem Produktionsplus im Bereich von 6 Prozent beenden. Deutlich darüber liegt das Ergebnis der Elektroindustrie,
die 2017 einmal mehr Wachstumsspitzenreiter der heimischen Industrie ist. Die jüngsten Konjunkturbefragungsergebnisse
bestätigen das Rekordwachstum von 9,6 Prozent, das die Branche schon in den ersten Quartalen erreicht hat.
An Tempo fehlt es 2017 vor allem der Kfz-Industrie. Die Unternehmen sind in ihren Produktionserwartungen zwar optimistisch
geblieben, beurteilten aber ihre Auftragsentwicklung im November überwiegend skeptisch. Das schwächere
Wachstum der europäischen Autoproduktion 2017, das wichtigste Nachfragesegment der heimischen Zulieferer,
kann durch den hervorragenden Ausblick einzelner Unternehmen in Österreich nur zum Teil aufgewogen werden.
Stabil steigende Baukonjunktur
„Die Bauproduktion in Österreich ist in den ersten drei Quartalen 2017 um 3,5 Prozent gestiegen, mit ähnlich
hohen Beiträgen vom Hochbau und vom Tiefbau. Folgt man den stark gestiegenen Geschäftsvertrauenswerten
im Hochbau, gewinnt die Bauproduktion im vierten Quartal 2017 voraussichtlich noch etwas Schwung. Im Jahresdurchschnitt
wird die Branche ihr Vorjahresergebnis auf jeden Fall deutlich übertreffen, mit einem Produktionsplus von
rund 4 Prozent real“, sagt Wolf.
Die Hochbaukonjunktur stützte sich 2017 bisher auf den dynamischen Wohnungsneubau, während im Wirtschaftsbau
noch keine stärkeren Umsatzzuwächse erzielt wurden. Allerdings signalisieren die deutlich nach oben revidierten
Investitionspläne der Industrie für das vierte Quartal, dass auch im Unternehmenssektor 2017 neue Bauprojekte
begonnen wurden. Die Tiefbaukonjunktur bleibt 2017 volatil, trotz der geplanten Mehrausgaben im Straßen-
und Bahnbau, wie die zuletzt im November wieder vorsichtigere Beurteilung der Auftragslage der Sparte zeigte.
Handelsklima: branchenabhängig sonnig bis trüb
Im Sektor Handel sind die hohen Performanceunterschiede zwischen den Sparten 2017 kaum geringer geworden: Bis September
sind die Umsätze preisbereinigt im Kfz-Handel um 6,3 Prozent, im Großhandel um 2,7 Prozent und im Einzelhandel
um 1,5 Prozent gestiegen. Die hervorragende Autohandelskonjunktur verliert bis Jahresende etwas Tempo, wie die
pessimistischeren Nachfrageerwartungen der Händler im November erwarten lassen. Dennoch wird die Sparte das
zweite Jahr in Folge überdurchschnittlich rasch zulegen. Auch der Großhandel profitiert unvermindert
von der Erholung der Industrie- und Exportkonjunktur, wobei sich aber die Zuwächse nur auf wenige Sparten
verteilen, vor allem den Großhandel mit Informationstechnik, Maschinen und Pharmaprodukten.
Der Einzelhandel bleibt das Schlusslicht im Sektor und kann offensichtlich kaum von der bemerkenswerten Erholung
der Konsumentenstimmung in Österreich profitieren. Zuletzt haben sich im November die Nachfrageerwartungen
der Einzelhändler geringfügig verbessert. Allerdings ist die Konjunkturstimmung nur im Nahrungsmittelhandel
und in der Sparte Tankstellen gestiegen und bei sonstigen Einzelhandelssparten weiter gesunken.
Dienstleistungskonjunktur gewinnt an Fahrt
Nach dem erfreulichen Dienstleistungsjahr 2016 hat sich der Konjunkturaufschwung im Sektor 2017 noch beschleunigt.
Im November kündigten die überdurchschnittlich optimistischen Nachfrageerwartungen der Unternehmen fast
aller großen wirtschaftsnahen Dienstleistungsbereiche weitere Umsatzzuwächse an. Maßgeblich dafür
sind die anhaltend robusten Wachstumsimpulse von Seiten der Industrie und vom Bau. Zu den wachstumsstärksten
Bereichen zählen die Verkehrsdienste, die IT-Dienste, Technikbüros, Arbeitskräftevermittler und
Werbefirmen.
„Die ungewöhnlich starke Stimmungsverbesserung bei den Paketdiensten im November, als der Saldo optimistischer
und pessimistischer Nachfrageerwartungen von 33 Prozent auf 60 Prozent gestiegen ist, dürfte vor allem dem
dynamischen Onlinehandel geschuldet sein. Einen Hinweis gibt der Zuwachs der Online-Shopper an der Bevölkerung,
deren Anteil von 58 Prozent im Jahr 2016 auf 62 Prozent im Jahr 2017 gestiegen ist. Die Paketdienste verbuchten
im ersten Halbjahr 2017 ein Umsatzplus von über 5 Prozent nominell, das deutlich über dem Ergebnis der
letzten fünf Jahre lag. Gleichzeitig hat sich aber der Preisdruck in der Sparte in den letzten Monaten massiv
verstärkt, wie die Unternehmererwartungen im November zeigten. Voraussichtlich verlangsamt sich das Umsatzwachstum
der Paketdienste noch 2017“, sagt Wolf.
Wie im Vorjahr bleibt das Beherbergungs- und Gaststättenwesen 2017 einer der wachstumsstärksten Dienstleistungsbereiche,
obwohl die Gastronomie zuletzt etwas an ihrem Konjunkturoptimismus der ersten Jahreshälfte verloren hat. So
hat sich das Umsatzplus von 5,3 Prozent bis Juni im dritten Quartal auch etwas abgeschwächt. Allerdings ist
das Geschäftsvertrauen zumindest der Beherbergungsbetriebe noch im November wieder gestiegen.
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