Trendwende auf den Agrarmärkten sorgt für leichten und dringend notwendigen Einkommenszuwachs
auf den heimischen Höfen
Linz (lk-ooe) - Das Jahr 2017 sparte wieder einmal nicht mit Herausforderungen für die heimische Landwirtschaft.
Erneute Frostschäden, fehlender Niederschlag im Frühsommer und die Borkenkäfer-Kalamitäten
während des Sommers werden noch lange in Erinnerung bleiben. Auf der Habenseite steht eine solide Marktentwicklung
bei den Ferkel- und Schweineproduzenten und auch ein akzeptables Milchpreis-Niveau aufgrund hoher Butterpreise.
ÖR Ing. Franz Reisecker, Präsident der Landwirtschaftskammer Oberösterreich, fasst das Agrarjahr
2017 zusammen: “Die Herausforderungen für die Landwirtschaft in Oberösterreich nehmen zu, sowohl aufgrund
klimatischer Veränderungen aber auch aufgrund zunehmender Preisschwankungen auf den Agrarmärkten. Unsere
Bäuerinnen und Bauern begegnen diesen Widrigkeiten mit großem persönlichen Engagement und so konnte
nach fünf aufeinanderfolgenden Jahren mit abnehmenden Einkommen im Grünen Bericht 2017 endlich wieder
eine kleine Zunahme bei den bäuerlichen Einkommen festgestellt werden.“
Klimatische Extrema erschweren Bewirtschaftung
Veränderungen in den klimatischen Bedingungen sind mittlerweile auch in Oberösterreich unübersehbar.
Zum zweiten Mal in Folge sorgte ein sehr früher Frühlingsbeginn mit darauffolgender Kältephase im
April für Frostschäden im Obstbau. Durch die massiven Anstrengungen der betroffenen Landwirte - beispielweise
wurden ganze Marillen-Anlagen mit Frostkerzen erwärmt - und mit der notwendigen Portion Glück konnten
die Schäden im Vergleich zu 2016 aber auf einem viel geringeren Ausmaß gehalten werden.
Härter getroffen wurde die heimische Landwirtschaft durch die anhaltende Trockenheit im Mai und Juni, wodurch
für viele Grünlandbetriebe ein Schnitt ausfiel und Ackerkulturen auf leichteren und sandigen Böden
schwer geschädigt wurden. „Versicherungsmöglichkeiten gegen klimatische Extremereignisse wie Dürren
nehmen angesichts der Verwundbarkeit der Landwirtschaft an Bedeutung zu und werden daher konsequent ausgebaut und
verbessert. Dafür gibt es auch den notwendigen finanziellen Rückhalt seitens der Politik. Auch das beste
Versicherungssystem kann aber nicht für alle möglichen Fälle vorsorgen und leider wird es immer
Betriebe geben, die trotz Schäden nicht die Schwellenwerte erreichen und daher nicht in den Genuss von Entschädigungen
kommen“, fasst Präsident Reisecker zusammen.
Schnittschutzhose bei 30 Grad – Borkenkäfer macht Waldarbeit im Sommer notwendig
Das in den letzten Jahren kumulierte Niederschlagsdefizit und der heiße Sommer 2017 setzten die heimischen
Wälder unter enormen Druck. Im ganzen Land wurden daher die Seilwinden und Rückewagen aus der Sommerruhe
geholt und die Fichtenbestände von mit dem Borkenkäfer befallenen Stämmen befreit. Die wärmeren
klimatischen Bedingungen ermöglichen den Forstschädlingen, sich bis zu fünfmal pro Jahr fortzupflanzen
und auch gesunde Fichten anzugreifen, die dann schnellstmöglich aus dem Bestand zu entfernen sind. „Die Borkenkäferkalamitäten
sorgten im Sommer 2017 für einen saisonuntypisch hohen Anfall an Rundholz für die heimische Sägeindustrie.
Es ist der guten Koordination durch die Waldverbände und der Kooperation mit der heimischen Sägeindustrie
zu verdanken, dass diese Holzmengen zügig aus den Wäldern abtransportiert und in den heimischen Sägewerken
untergebracht werden konnten“, zeigt sich Präsident Reisecker erleichtert: „Die Preiseinbußen durch
den Verkauf von käfergeschädigtem Holz machen aber wieder einmal klar, dass nur ein aktiv gemanagter
Wald auch wirklich Einkommen für die landwirtschaftlichen Betriebe bringt. Das Bild des Waldes als lebende
Sparkasse ist leider nicht mehr aktuell.“
Leichte Trendwende auf den Agrarmärkten sorgt für dringend notwendige Erhöhung der bäuerlichen
Einkommen
Die agrarischen Märkte zeichneten sich 2017 durch eine zufriedenstellende Preissituation bei Schweinen und
Ferkeln vor allem im ersten Halbjahr und einen stabileren Milchpreis aus. Gerade der Schweinemarkt zeigt dabei
exemplarisch die enge Verzahnung der internationalen Agrarmärkte auf, da der höhere und stabile Preisverlauf
bis Mitte des Sommers vor allem auf dem hohen Importbedarf der asiatischen Märkte, allen voran China, beruhte.
„Dass die heimische Schweinebranche 2017 wieder einmal kostendeckend arbeiten konnte, war nach den letzten, harten
Jahren bitter notwendig. Auf längere Sicht können unsere Betriebe nicht ständig von der Substanz
leben und Investitionen wie neue Stallbauten werden nur getätigt, wenn es auch eine positive Perspektive am
Markt gibt. Diese sind aber dringend notwendig, um die Selbstversorgung mit Schweinefleisch zu sichern und die
steigenden Tierwohl-Anforderungen umzusetzen“, erläutert Präsident Reisecker. Auch die Milchpreise entwickelten
sich 2017 wieder hin zu einem annehmbaren Niveau. Vor allem die vermehrte Nachfrage nach Milchfett sorgte für
einen positiven Markttrend.
Neues Tierschutzgesetz schafft Basis für moderne Nutztierhaltung
Mit dem Tierschutzpaket konnte 2017 eine Neuregelung dieses sensiblen Bereiches erreicht werden, der den Ansprüchen
einer modernen Nutztierhaltung und einer immer anspruchsvoller werdenden Gesellschaft entspricht. „Das überarbeitete
Tierschutzgesetz und die Tierhaltungsverordnung betreffen Eingriffe wie die Enthornung von Rindern und die Kastration
von Ferkeln, regeln aber auch die Anbindehaltung neu. Damit festigt Österreich seine Vorreiterrolle in Fragen
des Tierwohles, gleichzeitig sind die höheren Anforderungen für unsere professionell arbeitenden Betriebe
handhabbar. Durch das Projekt PRO-SAU, das eine Weiterentwicklung der aktuell verwendeten Ferkelschutzkörbe
und Sauenbuchten in der Ferkelproduktion erreicht hat, befinden wir uns auch in dieser Branche auf einem sehr guten
Weg in Richtung mehr Tierwohl“, zeigt sich Präsident Reisecker zufrieden.
Weltweiter Agrarhandel als heißes Thema in der Agrarpolitik
Neben den innenpolitischen Themen wie dem Tierschutzgesetz und der auf den Weg gebrachten kleinen Ökostromnovelle
stand die agrarpolitische Diskussion 2017 sehr stark im Zeichen des weltweiten Agrarhandels und der damit verbundenen
Freihandelsabkommen. „Seitens der bäuerlichen Interessenvertretung gibt es ein klares Bekenntnis zum freien
Handel mit Agrargütern. Die qualitativen Unterschiede in der Produktion und damit auch im Endprodukt müssen
aber entsprechend beachtet werden. Daher setzt sich die Landwirtschaftskammer aktiv für einen Freihandelsvertrag
mit dem hoch entwickelten Japan ein, wehrt sich aber vehement gegen weitere zollfreie Importe aus den Mercosur-Staaten.
In Brasilien oder Argentinien sind landwirtschaftliche Praktiken üblich, die weit unter den in der EU erlaubten
Standards liegen. Die daraus resultierenden, billigeren Produkte stehen in keinem fairen Wettbewerb mit heimischen
Lebensmitteln“, erläutert Präsident Reisecker.
Erster Ausblick auf die Gemeinsame Agrarpolitik nach 2020
Die Agrarpolitik 2017 wurde zudem durch die öffentliche Konsultation zur neuen Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP)
nach 2020 und der offiziellen Mitteilung der EU-Kommission zur Zukunft dieses zentralen EU-Politikbereiches Ende
November geprägt. Dieser erste Ausblick auf die kommende GAP verheißt mehr Freiraum für die Mitgliedsstaaten
bei der Ausgestaltung der konkreten Maßnahmen, mehr Anstrengungen bei umweltbezogenen Themen wie dem Klimaschutz
und eine stärkere betriebsgrößenbezogene Degression der öffentlichen Zahlungen samt möglicher
Deckelung pro Betrieb. „Ich werde mich 2018 weiter für eine sinnvolle Weiterentwicklung der GAP einsetzen,
die den vielen Ansprüchen an die oberösterreichischen Bäuerinnen und Bauern gerecht wird. Als oberste
Ziele müssen die Aufrechterhaltung der flächendeckenden Bewirtschaftung und die zielgerichtete Unterstützung
der heimischen Familienbetriebe stehen. Dies sind die Voraussetzungen dafür, um unsere hohe Lebensmittelqualität
aufrechtzuerhalten und den Schutz der natürlichen Ressourcen konsequent weiter zu entwickeln“, so LK-Präsident
Reisecker abschließend.
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