Graz (tu) - Mit „Meltdown“ und „Spectre“ veröffentlichte ein internationales, zehnköpfiges Forschendenteam
– darunter Moritz Lipp, Michael Schwarz und Daniel Gruss von der TU Graz – zwei neue, schwere Sicherheitslücken
in Computer-Prozessoren. Betroffen sind davon nicht nur private Computer, sondern auch die meisten Server-Strukturen
und Cloud-Dienste. Die Grazer Forscher zeigen einen Lösungsweg auf.
Rund um den Jahreswechsel wurde in der IT-Welt über neue, schwere Sicherheitslücken spekuliert, die alle
derzeit gängigen Mikroprozessoren haben sollen. Nun ist es offiziell: Mit „Meltdown“ und „Sepctre“ wurden
zwei neue Angriffsmethoden gefunden, bei denen unautorisierte User direkt auf Daten im Herzstück des Computers
– dem Kernel – zugreifen können. Entdeckt wurde dieses Problem von einer zehnköpfigen, internationalen
Forschendengruppe mit zentraler Beteiligung des Instituts für Angewandte Informationsverarbeitung und Kommunikationstechnologie
der TU Graz. Bei beiden Angriffen wird die zentrale Arbeitsweise von schnellen Prozessoren ausgenutzt. Betroffen
sind davon Prozessoren der Hersteller Intel, AMD und ARM.
Simpler Code mit verheerenden Auswirkungen
„Bei Meltdown handelt es sich um einen sehr simplen Angriff, bei dem nur vier Zeilen Computercode ausreichen, um
Zugriff zu erlangen“, erklären Moritz Lipp, Michael Schwarz und Daniel Gruss von der TU Graz. „Spectre ist
wesentlich aufwändiger, dafür aber auch wesentlich schwerer abzuwehren. Dabei wird das angegriffene Programm
dazu gebracht selbst seine Geheimnisse auszuplaudern.“ Betroffen sind von den Sicherheitslücken aber nicht
nur private Computer, sondern vor allem auch die meisten Server-Strukturen und Cloud-Dienste, die derzeit verwendet
werden.
Weil Computersysteme immer schneller arbeiten sollen, machen sie ihre Rechenschritte nicht nacheinander, sondern
parallel. Parallel zu langwierigen Arbeitsschritten, versucht der Prozessor bereits die nächsten Schritte
vorherzusagen und vorzubereiten. „Aus Performancegründen wird dafür noch nicht überprüft, ob
das zugreifende Programm überhaupt die Rechte für einen Zugriff hat“, erklären die Grazer Forschenden.
Wird der Arbeitsschritt doch nicht benötigt oder fehlen die Zugriffsrechte, dann verwirft der Prozessor die
Vorarbeit wieder. Diese Vorarbeit wird bei den neuen Angriffen nun ausgenutzt, um sensible Daten aus dem Kernel
auszulesen – beispielsweise Passwörter, die in gängigen Internet-Browsern gespeichert sind.
Grazer Patch schützt gegen „Meltdown“
Mit KAISER präsentierten die Grazer ein am Institut entwickeltes Patch, das helfen soll, diese Lücke
zu schließen. Entwickler der wichtigsten IT-Firmen haben den Grazer Vorschlag angepasst, weiterentwickelt
und liefern ihre Lösung nun mit dem aktuellsten Sicherheitsupdate aus. „Dieses Update greift aber die zentrale
Arbeitsweise von schnellen Prozessoren an und könnte sich vor allem in seiner Geschwindigkeit bemerkbar machen“,
erklären Gruss, Lipp und Schwarz. „Wir können aber trotz allem nur an alle Nutzenden appellieren, diese
Updates auszuführen. Die großen Anbieter von Cloud- und Server-Lösungen werden das in den kommenden
Tagen umsetzen.“ Bis das Thema aber auf Seiten der Hardware gelöst werden kann, wird noch einige Arbeit auf
die Hersteller zukommen. Insbesondere, weil das Patch zwar gegen den „Meltdown“-Angriff wirksam ist, nicht aber
gegen Attacken wie „Spectre“.
Das internationale Team setzt sich aus Forschern der TU Graz, dem unabhängigen Forscher Paul Kocher und Personen
der University of Pennsylvania, University of Maryland, Cyperus Technology, Rambus, der University of Adelaide
und Data61 zusammen.
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