Unlimitiertes Arbeitslosengeld und personalisierte Arbeitsmarktberatung
Wien (bmask) - Mit einem klaren Bekenntnis zum Sozialstaat Österreich und der Ansage, dass das Sozialbudget
nicht gekürzt wird, setzt die neue Sozialministerin Beate Hartinger-Klein Akzente vor der Regierungsklausur,
die am 4. Jänner in Schloss Seggau in der Steiermark beginnt. „Ich will den Stempel ‚Notstandshilfeempfänger‘
möglichst rasch beseitigen“, sagt Hartinger-Klein. „Menschen, die unverschuldet auch sehr lange keinen Job
finden, werden dauerhaft Anspruch auf Arbeitslosengeld haben.“
Die Höhe des Arbeitslosengeldes wird degressiv gestaltet, also mit der Zeit sinken, in etwa auf das Niveau
der jetzigen Notstandshilfe, die in das System integriert wird. Jetzt werden zunächst einmal finanzmathematische
Modelle berechnet.
Eigenverantwortung stärken – Personalisierte Beratung
Hartinger-Klein will in der Sozialpolitik aber auch mehr auf die Eigenverantwortung der Arbeitssuchenden setzen.
„Ich gehe von dem positiven Menschenbild aus, nämlich dass sich jeder seiner Verantwortung gegenüber
seinem Umfeld und gegenüber der Gesellschaft bewusst ist und das ihm Mögliche tut, Arbeit zu finden,“
so Hartinger-Klein. Besondere Berücksichtigung bräuchten wie bisher schwer Vermittelbare, gleich ob
Menschen mit Behinderung, besonderen Einschränkungen oder Suchterkrankungen. Die Definition der Vermittlungshemmnisse
wird überprüft. „So wie auch die personalisierte Medizin zunehmend im Kommen ist, will ich eine weiterentwickelte
personalisierte Arbeitsmarktberatung.“ Zugleich bräuchte es aber auch stärkere Sanktionsmöglichkeiten,
wenn der Eigenverantwortung nicht nachgekommen wird. „Die Kritik an Hartz IV in Deutschland muss man ernst nehmen.
Die Chancen Langzeitarbeitsloser in Deutschland haben durch die Androhung von Streichungen nicht zugenommen. Zugleich
aber ist erwiesen, dass jene wieder schneller Arbeit finden, die kurze Zeit erwerbslos waren. Wir müssen schauen,
welche Maßnahmen konkret wirkungsvoll den Arbeitseintritt beschleunigen und welche nicht. Wir werden in enger
Zusammenarbeit mit wissenschaftlichen Experten unser gutes System noch weiter verbessern.“ Sozialministerin Beate
Hartinger-Klein will dazu auch sozial engagierte Personen aus NGOs, „die das Ohr bei den Bedürftigen haben“,
einladen und konsultieren.
In den nächsten Monaten werden Einzelmaßnahmen ausgearbeitet. „Wir sind aber in der glücklichen
Lage, zwei Jahre hintereinander drei Prozent Wirtschaftswachstum als Garant dafür zu haben, dass Menschen
auch bessere Chancen haben, wieder Arbeit zu finden.“
Zieldefinition
Die Veränderung ziele auf Stärkung der Eigeninitiative und verbesserte, personalisierte Beratung. Ziel
ist und bleibt die Erreichung einer Beschäftigungsquote von 77-78% und 235.000 weniger von Armut Betroffene
bis 2020 gemäß der Strategie Europa 2020 für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum.
Europäisches Umfeld bei Mindestsicherung beachten
Die Regierung wird dem Wahlprogramm beider Regierungsparteien entsprechend einen Gesetzesvorschlag ausarbeiten,
in dem das Mögliche an Sozialleistungen für Nicht-Österreicher in einem europäischen Kontext
definiert wird, leistbar und sozial gerecht in der Umsetzung. „Wir haben gar keine Sozialhilfe mehr für vorläufig
aufgenommene Flüchtlinge in Zürich, wir haben Hartz IV in Deutschland, die bis September amtierende sozialdemokratische
Sozialministerin lobte 416 EUR Grundsicherung, in Italien gibt es gar keine Mindestsicherung. Bedürftige Familien
bekommen dort 320 EUR. Wir können nicht so tun, als ob es gar keinen Sog in unser Sozialsystem gäbe,“
begründet Hartinger-Klein die bevorstehenden Veränderungen. Maßstab bleibe aber immer die europäische
Menschenrechtskonvention.
Die neue Sozial- und Gesundheitsministerin will bei der Regierungsklausur den Fahrplan für Reformvorhaben
in ihrem Ressorts näher konkretisieren und einige gesundheitspolitische Details präsentieren.
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