Behindertenanwalt Hansjörg Hofer stellt Benachteiligung von Menschen mit Behinderung fest
Wien (bmask) - Mit 1. Juli 2017 ist das Heimopferrentengesetz in Kraft getreten. Mit diesem Gesetz erfahren
Menschen, die in Heimen oder in Pflegefamilien Gewalt erlitten haben, endlich eine bundesgesetzliche Anerkennung
und haben Anspruch auf eine monatliche Rente von derzeit 306,60 Euro netto. Für noch nicht geklärte Fälle
ist bei der Volksanwaltschaft eine weisungsfreie Rentenkommission eingerichtet, der unter anderem auch der Behindertenanwalt
Hansjörg Hofer angehört.
Auf der Basis der bisherigen Erfahrungen ist in Bezug auf Menschen mit Behinderung Folgendes festzustellen:
Heimopferrenten können Personen nur erhalten, wenn sie eine Eigenpension beziehen oder das Regelpensionsalter
(60 Jahre für Frauen, 65 Jahre für Männer) erreicht haben. Unter einer Eigenpension ist zum Beispiel
eine Alterspension, aber auch eine Invaliditätspension zu verstehen. Beziehern und Bezieherinnen einer Eigenpension
sind Menschen gleichgestellt, die wegen einer festgestellten Arbeitsunfähigkeit eine Mindestsicherung als
Dauerleistung erhalten.
Menschen mit einer schweren Behinderung, die am allgemeinen Arbeitsmarkt keiner Beschäftigung nachgehen können,
erhalten keine Eigenpension, da sie keine Versicherungszeiten erwerben konnten. Diese Menschen beziehen in vielen
Fällen eine Waisenpension, diese ist aber keine Eigenpension und erfüllt daher die Anspruchsvoraussetzungen
für die Heimopferrente nicht. Wird keine Leistung der Mindestsicherung bezogen, müssen gerade schwer
behinderte Menschen auf den Eintritt des Regelpensionsalters warten, bis die Heimopferrente gebührt.
Wurde also ein männliches Kind in den 80er-Jahren des vorigen Jahrhunderts in einem staatlichen oder kirchlichen
Heim schwer misshandelt und war später möglicherweise sogar deshalb nicht in der Lage eine Arbeit anzunehmen,
bezieht aber eine Waisenpension samt Ausgleichszulage, so kann nach der derzeitigen Rechtslage eine Heimopferrente
erst mit Erreichen des 65. Lebensjahres gewährt werden. Unter der Annahme einer Geburt im Jahr 1978 müsste
der Mensch mit Behinderung noch 25 Jahre warten, bis die Heimopferrente zum ersten Mal ausgezahlt werden könnte.
Damit werden Menschen, die ohnehin nach wie vor mit alltäglichen Diskriminierungen konfrontiert sind, auch
im Zusammenhang mit einer wenngleich eher symbolischen, so doch sehr bedeutsamen Leistung noch einmal benachteiligt.
Das Heimopferrentengesetz muss in diesem Punkt so rasch wie möglich geändert werden, um Menschen mit
Behinderung gleich zu behandeln wie andere Gewaltopfer. "Es handelt sich zwar um wenige Fälle, eine derart
krasse Schlechterstellung von Menschen mit Behinderung muss aber schleunigst behoben werden", fordert Behindertenanwalt
Hofer.
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