Von der Postsparkasse zur Postmoderne
Wien (mak) - Anlässlich des 100. Todesjahres des Architekten Otto Wagner lenkt die MAK-Ausstellung
"POST OTTO WAGNER. Von der Postsparkasse zur Postmoderne" (30. Mai – 30. September 2018) den Blick auf
den nachhaltigen Einfluss seines epochalen Werks auf andere ArchitektInnen und DesignerInnen. Wagner gilt als "Vater
der Moderne": Seine Absage an den Einsatz historischer Stile, seine weltweit rezipierten Schriften zu Architektur
und Stadtplanung und seine Bauten waren nicht nur für Zeitgenossen und Schüler inspirierend, sondern
auch für nachfolgende Generationen.
Weit über eine Personale hinaus diskutiert die MAK-Ausstellung nicht nur Wagners bedeutendste Werke, sondern
auch Architektur-Ikonen der Postmoderne und Gegenwart, in denen Wagners Erbe erkennbar ist. Als ein Schlüsselwerk
der Wiener Moderne gilt die Österreichische Postsparkasse (1904–1912), mit der Wagner eine Verbindung von
"Baukunst" und zeitgenössischer Ingenieursarchitektur gelang. Konstruktive Elemente setzte er als
formgebendes Prinzip ein, der mit Marmorplatten verkleideten Fassade verlieh er durch ornamental eingesetzte Aluminiumstifte
den Ausdruck des Maschinenzeitalters. Originalentwürfe, Pläne und Modelle sowie Möbel, die Wagner
eigens für das Gebäude entworfen hat, spiegeln in der Ausstellung die Bedeutung des Baus wider.
Aus Wagners Schule und Atelier gingen weltweit bedeutende Architekten hervor, darunter Josef Hoffmann, Joseph Maria
Olbrich, Max Fabiani, Leopold Bauer, Hubert Gessner, Jan Kotera, Josef Plecnik, Otto Schönthal oder Rudolph
M. Schindler. Seine moderne Auffassung von Architektur machte Wagner auch zum Mitstreiter der Künstlervereinigung
"Secession".
Ausgehend vom Wiener Kreis der Zeitgenossen Wagners – darunter Ludwig Baumann, Friedrich Ohmann und Adolf Loos
– spannt die Ausstellung mit Arbeiten weltweit renommierter Architekten wie Charles Rennie Mackintosh, Louis Henry
Sullivan, Frank Lloyd Wright, Frei Otto, Hans Hollein oder auch der Gruppe ARCHIGRAM einen zeitlichen Bogen von
der Jahrhundertwende über die Architektur nach 1945 bis zur Gegenwart.
In drei ineinander verschränkten Kapiteln nähert sich die Ausstellung POST OTTO WAGNER. Von der Postsparkasse
zur Postmoderne seinem architektonischen Vermächtnis.
Plan und Methode: Dimensionen der Großstadt
Große städtebauliche Projekte wie die Wiener Stadtbahn (1894–1901) und der Ausbau des Donaukanals (1898–1908)
illustrieren im Ausstellungskapitel "Plan und Methode: Dimensionen der Großstadt" Otto Wagners
Abkehr von der Formensprache des Historismus und seinen Einfluss auf die zukünftige Stadtplanung. Zum einen
prägten seine in ihrer Monumentalität und Symmetrie geradezu barock anmutenden Großanlagen nicht
nur die Entwürfe der Wagner-Schule und des Roten Wien, sondern fanden ihre Parallelen auch in den "Civic
Centers", den amerikanischen Regierungs- und Verwaltungszentren. Zum anderen schrieben sich die sogenannten
"Zellenkonglomerate" bis in die Gegenwart als dominierendes Denkmuster urbaner Erschließung ein.
Im Unterschied zum Konzept der malerischen Stadt führten sie zu einer dezidiert monumentalen Großstadt.
Ein weiterer Fokus dieses Ausstellungsabschnitts liegt auf Otto Wagners Studie "Die Großstadt"
(1910/11) und dem weltweiten Interesse an seinem "großen Plan" im Städtebau. Internationale
Beispiele wie der Plan für Chicago (1909) von Daniel Burnham, der Städtebauwettbewerb für Canberra
(1912), Eliel Saarinens Entwurf für Helsinki-Munkkiniemi (1915) oder Hendrik Petrus Berlages Plan für
Amsterdam-Süd (1914) zeigen die idealistischen Ziele der frühen Moderne.
Typus und Stil: Formen der Großstadt
Das Kapitel "Typus und Stil: Formen der Großstadt" geht der Frage nach, wie sich die Moderne formal
manifestierte. Otto Wagner tendierte nach 1900 zu immer klareren und einfacheren Lösungen in der Architektur.
Seine Schüler dagegen griffen nach dem Ersten Weltkrieg die stilistisch vielfältigen Ansätze der
Moderne auf und entwickelten sie weiter. Sie orientierten sich einerseits an Regionalismus, Heimatstil und Nationalstil
(wie dem tschechischen Kubismus), andererseits fanden sie Interesse am Internationalen Stil sowie an tradierten
Lösungen wie dem Klassizismus oder dem Biedermeier. In Wien fanden sich bereits kurz nach 1900 individuelle
stilistische Ansätze etwa von Josef Plecnik oder Max Fabiani, wie sie erst in der Postmoderne wieder aktuell
wurden.
Otto Wagners Absage an den Historismus ermöglichte eine wesentliche Innovation im Städtebau. Besonders
in Wien sowie in Mitteleuropa setzte sich der Typus der großstädtischen Wohn- und Geschäftshäuser,
Warenhäuser und Hotels durch. Beispielhaft für diese neuen Bauaufgaben ist das von Adolf Loos erbaute
weltberühmte Haus am Michaelerplatz (1910–1911).
Technik und Material: Konstruktionen der Großstadt
Ausgehend von charakteristischen Bauwerken wie der Postsparkasse, dem Zacherlhaus (1903–1905) von Josef Plecnik
oder dem Geschäftshaus Portois & Fix von Max Fabiani (1900) untersucht dieses Kapitel den innovativen
Umgang mit neuen Materialien und Fertigungstechniken. Früher als andere erkannte Wagner die zunehmende Bedeutung
von Technik und Ingenieurwesen, die sich in neuen Konstruktionen und Werkstoffen manifestierte. Mit der Forderung
nach dem sogenannten "Nutzstil", dessen Formen sich aus Material, Konstruktion und Funktion ergeben sollten,
vollzog er endgültig den Bruch mit dem Historismus.
Zur Ausstellung erscheint eine Publikation in deutscher und englischer Sprache.
Die Ausstellung wird durch die finanzielle Unterstützung des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung
realisiert und ist Bestandteil des Projekts „Bilaterale Designnetzwerke“ im Rahmen des Programms INTERREG V-A Österreich-Tschechische
Republik.
Als Partner der Ausstellung konnten die BAWAG P.S.K. und Signa gewonnen werden.
|