Innsbruck (universität) - Die Tiefsee liefert wichtige Einblicke in die Erdbebengeschichte. Zugleich ist
sie noch weniger erforscht als der Mars. Ein internationales Team um den Innsbrucker Geologen Michael Strasser
hat mit neuartigen Methoden Sedimentablagerungen im mehr als sieben Kilometer tiefen Japangraben erforscht, um
die Effekte von Erdbeben in Tiefseegräben zu untersuchen. Die Ergebnisse wurden nun in Nature Communications
veröffentlicht.
In einer vom MARUM - Zentrum für marine Umweltwissenschaften der Universität Bremen organisierten Forschungsexpedition
nach Japan, hat ein Team um den Innsbrucker Geologen Michael Strasser, dynamische, durch Erdbeben ausgelöste
Remobilisierungsprozesse von Sedimenten untersucht. In diesen Prozessen wird organisches Material vom flachen Wasser
in die Tiefsee transportiert. Die so entstandenen Sedimentschichten verraten wichtige Informationen über die
Erdbebengeschichte und den Kohlenstoffkreislauf in der Tiefsee. Dazu wurde ein Bohrkern aus dem 7,5 Kilometer tiefen
Japangraben gezogen und mit neuartigen Messmethoden analysiert.
Ermöglichen Erdbeben Leben in der Tiefsee?
Die Ergebnisse könnten neue Aufschlüsse über Leben in der Tiefsee liefern. So konnten die Forscher
anhand der sogenannten (Online-Gas-) Radiokarbonmethode zeigen, dass Erdbeben organische Materialien vom flachen
Wasser in die Tiefsee transportieren. Mit Hilfe dieser Datierungsmethode, die an der ETH Zürich durchgeführt
wurde, können die Aktivität des radioaktiven Kohlenstoffs (C14) und der Gehalt des organischen Kohlenstoffs
in den einzelnen Ablagerungsschichten bestimmt werden. Dadurch lässt sich das relative Alter der organischen
Substanz in den einzelnen Sedimentschichten bestimmen. Der untersuchte Bohrkern weist an drei Stellen älteres
organisches Material sowie eine erhöhte Zufuhr von organischem Kohlenstoff pro Zeit auf. Diese Stellen entsprechen
den drei historisch-bekannten Erdbebenereignissen im Japangraben, wie beispielsweise dem Tohoku-oki Erdbeben 2011,
das vor allem aufgrund der Nuklearkatastrophe von Fukushima Schlagzeilen machte. Die Dokumentation von erdbebenbedingten
Remobilisierungsprozessen durch große Mengen an organischem Kohlenstoff liefert neue Informationen darüber,
wie Leben in der Tiefsee ermöglicht wird.
Auswahl der Sedimentproben durch neuartige Methode
Gemeinsam mit dem amerikanischen Woods Hole Oceanographic Institute wurde im Rahmen der Studie außerdem erstmals
die Methode der Ramped PyrOx Messungen (Pyrolyse) für die Datierung von Sedimentschichten aus der Tiefsee
angewandt. Dabei wird organisches Material bei unterschiedlichen Temperaturen verbrannt. Da ältere organische
Materialien stärkere chemische Verbindungen aufweisen, sind bei ihrer Verbrennung höhere Temperaturen
erforderlich. Die Neuartigkeit dieser Vorgehensweise besteht darin, dass die relativen Altersabweichungen der einzelnen
Temperaturfraktionen zwischen zwei Proben den Altersunterschied zwischen Sedimentschichten in der Tiefsee sehr
genau eingegrenzen.
Zukünftige Erdbebenprognose
„Aktuell arbeite ich im Rahmen eines FWF-Projekts gemeinsam mit einem Doktoranden an der großflächigen
geologischen Aufzeichnung über Herkunft und Häufigkeit von Sedimenten in Tiefseegräben. Dazu analysieren
wir mehrere Bohrkerne aus dem Japangraben. Die Identifizierung und Datierung erdbebenbedingter Ablagerungen ist
wesentlich für künftige Prognosen über die Wahrscheinlichkeit von Erdbeben“, so Michael Strasser.
Publikation: Rolling in the Deep: Tectonically-triggered
sediment and carbon export to the Hadal zone. Rui Bao, Michael Strasser, Ann P. McNichol, Negar Haghipour, Cameron
McIntyre, Gerold Wefer, Timothy I. Eglinton Nature Communications
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