Österreichs Strategie in Deutschland: Qualität vor Quantität
Wien (ama) - Österreichs Agrar-Außenhandel erfährt starken Aufwind. Die Ausfuhren stiegen
mit knapp 7% gegenüber dem Vorjahr so stark wie schon lange nicht mehr. 2017 wurden laut ersten Hochrechnungen
Lebensmittel und Agrarwaren im Wert von 11,11 Mrd. Euro exportiert. Auch die ausgeführte Menge stieg im vergangenen
Jahr, nämlich um rund 3%. 2017 standen den Ausfuhren wertmäßige Importe von 12 Mrd. Euro gegenüber.
Das Außenhandelsdefizit verringerte sich damit auf knapp 900 Mio. Euro und ist so gering wie seit Jahren
nicht mehr.
Die wichtigsten Produktgruppen im Agrarexport sind alkoholfreie Getränke (18%), Fleisch und Fleischzubereitungen
(14%) sowie Milch und Milchprodukte (11%). Frisches und zubereitetes Obst und Gemüse sowie Backwaren nehmen
jeweils rund 9% im Produkt-Ranking ein.
Seit Österreichs EU-Beitritt konnten vor allem die Ausfuhren von Milchprodukten enorm gesteigert werden, nämlich
um 544%. Besonders gut entwickelt haben sich auch die Exporte von Schweine- und Rindfleisch sowie Fleischzubereitungen.
Veredeltes Obst und Gemüse, etwa Marmeladen, spielen traditionell eine wichtige Rolle im Lebensmittelexport.
Schwerpunkt europäischer Raum und USA
Mehr als ein Drittel der weltweiten agrarischen Exporte Österreichs geht nach Deutschland. Italien steht mit
knapp 1,3 Mrd. Euro an zweiter Stelle. Erstmals seit 2014 ist wieder Aufwind im Außenhandel mit dem südlichen
Nachbarland zu bemerken, mit einem Exportplus von 5% und einem Außenhandelsüberschuss von 44 Mio. Euro.
Die USA liegen auf Platz 3. Dieser Markt verzeichnete im Jahr 2017 einen weiteren Zuwachs, und zwar um 15%, der
zum großen Teil auf alkoholfreie Getränke zurückzuführen ist.
Die zehn umsatzstärksten Zielmärkte nehmen rund drei Viertel der gesamten Agrarexporte ein und sie liegen
- bis auf die USA - alle im europäischen Raum. Das unterstreicht die Bedeutung der geografischen Nähe
für den Handel mit Agrarwaren.
Ein Drittel der Lebensmittel-Exporte geht nach Deutschland
2017 erreichten österreichische Lebensmittel und Agrarwaren im Wert von 3,9 Mrd. Euro unser großes Nachbarland.
Das entspricht einem Plus von 7%. Die exportierte Menge stieg um knapp 6% auf 3,2 Mio. t.
Die Agrar-Außenhandelsbilanz mit Deutschland ist mit rund 408 Mio. Euro leicht negativ. Betrachtet man die
agrarischen Warengruppen wie lebende Tiere, Fleisch, Fleischzubereitungen, Eier, Milchprodukte sowie frisches und
veredeltes Obst und Gemüse, weist die Handelsbilanz einen Überschuss von 88 Mio. aus. "Deutschland
ist für unsere landwirtschaftlichen Urprodukte ein sehr bedeutender Markt und unverzichtbare Säule der
Land- und Lebensmittelwirtschaft", erläutert Michael Blass, Geschäftsführer der AMA-Marketing,
die aktuellen Zahlen.
Wichtige Umsatzbringer sind seit vielen Jahren Fleischzubereitungen sowie Milch und Milchprodukte. Backwaren sowie
frisches und veredeltes Obst und Gemüse machen jeweils rund 10% aus, alkoholfreie Getränke 9%.
In allen landwirtschaftsnahen Zollkapiteln sind im vergangenen Jahr Exportsteigerungen zu verzeichnen, bei Käse,
Fleischzubereitungen und Rindfleisch sogar um mehr als 10%. Die Ausfuhr von Eiern - an sich eine kleine Warengruppe
- stiegt 2017 besonders stark. Der unerlaubte Einsatz und Nachweis des Desinfektionsmittels Fipronil in Eiern hat
den gesamten europäischen Markt verworfen. Österreichische Eier waren Fipronil-frei, was die große
Nachfrage bei den heimischen Eierproduzenten erklärt. Einziger Wermutstropfen im Handel mit Deutschland sind
Äpfel. Aufgrund der schlechten Ernte im Jahr 2016 sanken die Ausfuhren um mehr als 50%.
Käseexporte: Qualität vor Quantität
2017 wurden rund 74.000 t Käse im Wert von 330 Mio. Euro nach Deutschland verbracht. Das entspricht einer
Steigerung von 11%. Österreich nimmt in der Liste der Top-10-Importländer Platz vier ein, nach den potenten
Käsenationen Niederlande, Frankreich und Dänemark. Der Vergleich der Werte pro Kilo eingeführtem
Käse in Deutschland erklärt die Exportstrategie der heimischen Produzenten: Qualität vor Quantität.
Die Zahlen belegen, dass EU-Länder mit vielen Käsesorten geschützten Ursprungs einen höheren
Erlös pro Einheit erwirtschaften. "Österreich befindet sich derzeit im guten Mittelfeld. Mit geschützten
und bekannten Käsespezialitäten sowie einer darauf abgestimmten Kommunikationsstrategie wollen wir weiter
aufholen", erläutert AMA-Exportmanagerin Margret Zeiler.
Die derzeitige EU-kofinanzierte Marketingkampagne in Deutschland schlägt genau in diese Kerbe. Modellhaft
für die traditionsbewusste, kleinstrukturierte Erzeugung im alpinen Raum, stellt sie die besondere Qualität
und Herstellungsweise von Berg- und Alpkäse mit geschützter Ursprungsbezeichnung (g.U.) in den Fokus.
Zur Untermauerung ihrer Strategie gab die AMA eine Studie bei einem führenden Markenforschungsinstitut über
die Einstellung der Deutschen zu österreichischen Lebensmitteln in Auftrag. Produkte aus der Alpenrepublik
punkten besonders stark bei Qualitätskäufern, denen die Güte der Lebensmittel wichtiger ist als
der Preis.
Österreich in der neuen EU-Agrarpolitik positionieren
Im Mai wird die EU-Kommission konkrete Vorschläge zur Weiterentwicklung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP)
nach dem Jahr 2020 präsentieren. Die Mitgliedsländer sollen größeren Spielraum bei der inhaltlichen
Ausgestaltung bekommen. Franz Stefan Hautzinger, Aufsichtsratsvorsitzender der AMA-Marketing, hält es für
notwendig, die Qualitätsausrichtung der Land- und Lebensmittelwirtschaft Österreichs als Eckpfeiler der
GAP zu positionieren. "Die erfolgreiche Partnerschaft der kleinstrukturierten bäuerlichen Familienbetriebe
und der qualitätsorientierten Verarbeiter legt die Basis für die eigenständige Positionierung rot-weiß-roter
Lebensmittel. Deshalb ist es wichtig, auf der Internationalen Grünen Woche Flagge zu zeigen", so Hautzinger.
39 Aussteller aus Österreich repräsentieren in der Halle 15 die kulinarische Vielfalt, von Klassikern
wie Käse, Speck und Wein bis zu Kren, Süßem und Urlaub am Bauernhof. Die Grüne Woche ist mit
mehr als 1.600 Ausstellern und rund 415.000 Besuchern eine der weltweit größten internationalen Verbrauchermessen
für die Land- und Lebensmittelwirtschaft sowie den Gartenbau. Aussteller aus siebzig Ländern präsentieren
von 19. bis 28. Jänner auf 115.000 m2 ihre Leistungen. Als offizielles Partnerland fungiert heuer Bulgarien.
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