existence.! der mensch in der
 sammlung jean-claude volot

 

erstellt am
16. 01. 18
13:00 MEZ

Erstmals in Österreich: Art Brut aus der Sammlung Jean Claude Volot
Gugging (museum) - Das museum gugging präsentiert die Sammlung Jean-Claude Volot. Volot ist eine der ungewöhnlichsten Sammlerpersönlichkeiten der Gegenwart. Ihn faszinieren die existenziellen Fragen des menschlichen Daseins: Schicksal, Zwänge und Leiden, Entsetzen und Wahn, die Schöpfungskraft und die Liebe. Werke der Art Brut und Arbeiten bekannter sowie neu zu entdeckender Klassiker wie Karel Appel, Gaston Chaissac, Hans Bellmer oder Louise Giamari sind in dieser Sammlung vereint. Erstmals ist diese Sammlung in Österreich zu sehen.

Seit drei Jahrzehnten sammelt Jean-Claude Volot Kunst. Mit der Auswahl seiner Werke ignoriert er den lange als unumstößlich geltenden Kanon in ästhetischen Fragen, den die französischen Museen und Institutionen der Kunst durch ihre Ankaufsentscheidungen bestimmten. Volot nahm und nimmt sich Freiheiten in der Zusammenstellung der Arbeiten, die diese Institutionen sich untersagten. Jean-Claude Volot hortet alle diese Werke in seinem eigenen Kloster, der Abbaye d´Auberive, in der Haute Marne in einem einsamen Wald in Frankreich. Tausende Bilder, Objekte und Skulpturen sind dort in Jahrhunderte alten Mauern gelagert, die man der Öffentlichkeit nicht vorenthalten sollte, da sie uns Einblick in Teile unseres Daseins und vielleicht auch unserer Seele geben können - wenn wir es zulassen.

Ein obsessiver Sammler
"Meine Kaufentscheidungen sind ein Querschnitt durch die künstlerischen Bewegungen unserer Zeit: Art Brut, Expressionismus, Street Art, Art Singulier, Surrealismus, Populärkunst… Die ganze Sammlung stellt die Frage nach den Menschen - ihrem Weg, ihrem Schicksal, ihren Zwängen und ihren Leiden, ihrem Entsetzen, ihrem Wahn, ihrer Schöpfungskraft, ihrem Lieben. Wenn man alles (Gemälde, Zeichnungen, Skulpturen, Videos) mit einem einzigen Wort bezeichnen wollte, so ist es das Wort "menschlich", das mir in den Sinn kommt." (Jean-Claude Volot)

Jean-Claude Volot stellte eine bedeutende Anzahl von Werken erst kürzlich verstorbener oder lebender namhafter Künstler wie Hans Bellmer, Gaston Chaissac, Karl Appel und anderer zusammen. Er interessiert sich aber auch für andere, eher überraschende Objekte - etwa für christlich geprägte Objekte, die von Kunsthandwerkern oder Künstlern in Afrika in der Kolonialzeit hergestellt wurden. Wie viele Werke er erworben hat, könnte Volot wahrscheinlich selbst nicht genau sagen. Die Vielfalt ist ein charakteristisches Merkmal seiner "Galerie".

Art Brut - eine Kategorie für Jean-Claude Volot?
Zwei Kategorien von Künstlern lassen sich in seiner Sammlung unterscheiden: Einerseits jene, die dem Usus des Kunstmarkts entsprechen und andererseits solche Künstler, die sich am Rande der etablierten Kunstwelt ansiedeln. Die Sammlung Volot ignoriert Kategorisierungen. Die Werke seiner Sammlung befinden sich auf gleicher Höhe. Somit wird jegliche hierarchische Beziehung unter den Werken aufgehoben. Volot macht also Schluss mit Schubladen - für ihn wäre es kein Problem zum Beispiel Aloïse neben Matisse und La Chaise zu hängen und Wölfli neben Klee. Auf seine Weise, mit "seinen" Künstlern ist dies genau das, was Volot tut. Die Sammlung setzt sich vornehmlich aus Werken zusammen, für die es gut eingeführte ästhetische Bezeichnungen gibt, aber sie tut so, als existierten diese nicht. Sie verweist auf eine Wahrnehmung künstlerischen Schaffens, die verwirrend ist, weil ihre Struktur nicht vorgegeben wird von Klassifikationen, die in Frankreich in den vergangenen Jahrzehnten vorherrschten und von den meisten Kulturinstitutionen vertreten wurden. Dies ist einer der Gründe, weshalb es sich lohnt, diese Sammlung genauer zu studieren: weil sie sich, vielleicht ohne dass sich ihr Schöpfer dessen bewusst wäre, absolut außerhalb der Normen entwickelt hat.

(Grundlage: Katalogtext von Philippe Dagen: Portrait von Jean-Claude Volot, in: Esprit Singulier. Fonds de l'Abbaye d'Auberive. Flammarion, Paris 2016.)

 

 

 

Weitere Informationen:
http://www.gugging.at

 

 

 

 

 

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