WKÖ-Präsident sieht Europa im Aufwind und im Regierungsprogramm viel Standortverbesserungspotential.
Wien (pwk) - Durchaus zuversichtlich blickt Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl in die wirtschaftliche
Zukunft Österreichs. „Der Optimismus ist zurück“, erklärte Leitl am 25. Jänner anlässlich
seiner traditionellen Gastvorlesung an der Wirtschaftsuniversität Wien. Nach Jahren der Krise, in denen Europa
an sich selbst zweifelte, während die USA und Asien durchgestartet seien, „spüren wir wieder Aufwind.
Europa ist wieder da!“
Jetzt müsse auch Österreich wieder auf den Weg an die Spitze gebracht werden, so Leitl. Das Programm
der neuen Bundesregierung sei diesbezüglich sehr ermutigend: „Keine neuen Steuern und Abgaben, konkrete Maßnahmen
und Zeitpläne zum Bürokratieabbau und ein hoher Stellenwert für die Bildung – das könnte uns
wieder hinaufbringen!“ Die diesbezüglichen Erwartungen an die Regierung seien hoch, sagte Leitl: „Jetzt muss
geliefert werden nach dem Motto ‚Just do it‘.“
Vor allem im Bildungsbereich geht es laut dem Wirtschaftskammerpräsidenten darum, Chancen und Begabungen zu
fördern, die Bildungs- und Ausbildungseinrichtungen weiter zu entwickeln und an zukünftige Erfordernisse
anzupassen. Denn, so Leitl, „im globalen Wettbewerb entscheiden Talente, Begabungen und Innovationen über
Erfolg oder Misserfolg“.
Kritik an US-Protektionismus
Ein wesentlicher Motor für die gute wirtschaftliche Entwicklung Österreichs ist der Außenhandel.
„Im Export sieht es sehr gut aus“, so Leitl. Mit Ausnahme des Jahres 2009 konnte seit 2000 jedes Jahr ein neuer
Exportrekord vermeldet werden. In dieser Zeit stieg die Zahl der exportierenden Unternehmen in Österreich
von 12.000 auf 60.000. Allerdings sieht Leitl eine zu starke Fixiertheit auf Europa: 70 Prozent der österreichischen
Ausfuhren gehen in die EU. „Wir müssen aber auch in anderen Teilen der Welt viel aktiver und präsenter
sein, um am Wachstum dieser Regionen teilzuhaben und mitzuwachsen“, so Leitl.
Entsprechend skeptisch sieht der WKÖ-Präsident auch den Protektionismus, den die US-Regierung aktuell
forciert – auch vor dem Hintergrund, dass die USA nach Deutschland der zweitwichtigste Exportmarkt für österreichische
Unternehmen sind: „Free Trade ist das, was wir in Österreich, in Europa und in der Welt dringend brauchen.
Daher auch ein klares Bekenntnis zu Freihandelsabkommen als Lebensnotwendigkeit für Österreich und eine
klare Absage an Protektionismus, der eine eminente Gefahr für die derzeitige Aufbruchsstimmung in Europa und
der Welt ist.“ Gerade kleine Länder wie Österreich seien auf offene Märkte angewiesen.
Europa weiterentwickeln
Wichtigster Markt bleibt für Österreich aber Europa: „Die Hälfte unseres Wohlstands kommt aus
Europa“, so Leitl, der seit 1. Jänner auch der Europäischen Wirtschaftskammer EUROCHAMBRES vorsteht.
Aber gerade die EU brauche eine Weiterentwicklung. „Ich unterstütze dabei den französischen Präsidenten
Emanuel Macron in seiner Haltung, dass es ein Europa der unterschiedlichen Geschwindigkeiten geben darf. Das gab
es immer, sei es bei Schengen oder dem Euro. „Wenn es Länder gibt, die voranschreiten wollen, dann soll man
sie nicht hindern. Man soll aber auch niemanden zwingen“, so Leitl.
Die Wirtschaft sei bereit, an einer Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion mitzuwirken, auch mit einer
besseren Koordination der Wirtschafts- und Steuerpolitik der Länder. „Was bei der Mehrwertsteuer schon funktioniert
(Unter-/Obergrenze) könnte auch bei Unternehmenssteuern in Europa hilfreich sein“, sagt Leitl. „Was aber nicht
sein darf, ist, dass sich die großen Konzerne ihrer Steuerpflicht entziehen und die Steuerlast den kleinen
und mittleren Unternehmen überlassen. Hier braucht es – und auch da bin ich bei Macron – eine ‚Fair Taxation‘“.
Seine Gastvorlesung schloss Leitl mit einem Ratschlag an die Studierenden: „Das Wichtigste für euch junge
Menschen ist ein ‚Entrepreneurial Spirit‘: Der Wille, etwas zu schaffen.“ Junge sollten kreativ sein, innovativ
sein und mitgestalten. Und vor allem auch umsetzen, erklärte Leitl: „Just do it!“
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