Kritik der Opposition an den Jugendwohlfahrtsbehörden und am Familienbonus Plus – Mögliches
Behördenversagen bei der Betreuung afghanischer Flüchtlinge
Wien (pk) - Der tragische Selbstmord eines elfjährigen afghanischen Buben in einer Flüchtlingsunterkunft
in Baden im November des Vorjahres steht im Mittelpunkt eines Entschließungsantrags der SPÖ-Bundesratsfraktion
(244/A(E)-BR/2017) . Darin wird vor allem auf einen Falter-Artikel verwiesen, in dem das Vorgehen der Jugendwohlfahrtsbehörden
in diesem Fall sehr kritisch beleuchtet wird. Da der Bub Vollwaise war, wurde seinem 23-jährigen Bruder die
Obsorge über ihn und seine fünf minderjährigen Geschwister (eines davon mit Down-Syndrom) übertragen.
Dass es aufgrund dieser schwierigen Situation immer wieder zu Problemen gekommen ist, war seit Monaten bekannt,
schreibt die Autorin. Belege dafür seien u.a. Gefährdungsmeldungen der Diakonie und einer Schule an die
Bezirkshauptmannschaft Baden, die die Geschwister des Buben betrafen, sowie ein Appell des Flüchtlingskoordinators
Christian Konrad an den Bezirkshauptmann Zimper, man möge sich doch bitte der Familie annehmen. All diese
Hilferufe seien jedoch ignoriert worden.
Auch der Volksanwaltschaft, die den Fall geprüft hat, wirft die Autorin vor, der Bezirkshauptmannschaft Baden
und dem Land Niederösterreich quasi eine Absolution erteilt zu haben. Sie kam nämlich zum Schluss, dass
das Umfeld des Toten kein verhaltensauffälliges oder gar selbstgefährdendes Verhalten des Kindes wahrgenommen
habe. Die grundlegende Frage sei aber nicht, wer Schuld an diesem Suizid hat, sondern ob alles getan wurde, um
ihn zu verhindern. Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung werden daher im Antrag aufgefordert, "dem
Bundesrat ehestmöglich über Maßnahmen zu berichten, die zur Hintanhaltung von Behördenversagen
bei der Versorgung von Kindern und Jugendlichen erforderlich sind".
Kritik der Grünen am ungerechten "Familienbonus Plus"-Modell der Regierung
Ihre ablehnende Haltung zum geplanten Familienbonus Plus der neuen Bunderegierung bringen die Grünen in einem
Entschließungsantrag zum Ausdruck (245/A(E)-BR/2017). Da der Steuerabzugsbetrag von 1.500 € sehr vielen Menschen
nicht zugute kommt, handelt es sich dabei de facto um eine radikale Umverteilung von unten nach oben, argumentiert
Bundesrat David Stögmüller (Grüne/O). Ein Drittel aller ArbeitnehmerInnen und sogar 45% der Frauen
verdienen nämlich so wenig, dass sie gar keine Steuern zahlen und vom sogenannten Familienbonus überhaupt
nicht profitieren würden. Auch aus frauenpolitischer Sicht könne man diese Maßnahme nicht gutheißen,
da durch die Streichung der Absetzbarkeit für Betreuungskosten weniger Anreize zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit
gesetzt werden. Stögmüller gibt zudem zu bedenken, dass die Länder und Gemeinden mit einem Einkommenssteuerentfall
von bis zu zwei Milliarden Euro rechnen müssten. Die Bundesregierung sollte daher einen anderen Weg gehen
und stattdessen eine sozial gerechte Familienförderung über alle Einkommensgruppen hinweg sicherstellen.
Gleichzeitig sollen die budgetären Auswirkungen auf die Gemeinden im Wege des Finanzausgleichs abgefedert
werden.
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