„SCHUSO – Schulsozialarbeit Tirol“: offen, freiwillig und vertraulich
Innsbruck (lk) - Was 2008 in Imst als Pilotprojekt begann, ist seit 2010 als fixe Institution eingeführt
und seither auf Erfolgskurs in ganz Tirol: die Schulsozialarbeit, die inzwischen mit dreißig MitarbeiterInnen
an insgesamt 17 Standorten vertreten ist, darunter an der zuletzt im September des Vorjahres hinzugekommenen NMS
Telfs. An der Volksschule Neu-Rum – übrigens die einzige Volksschule in Tirol, in der die SCHUSO eingeführt
wurde - erfolgte eine wissenschaftliche Evaluierung, die eine Wirksamkeit im Sinne einer positiven Resonanz auf
SchülerInnen, Eltern und Lehrpersonen bestätigt.
„Neben der Familie ist die Schule eine zentrale Lebenswelt für Kinder und Jugendliche. Dort manifestieren
sich auch die Auswirkungen familiärer und sozialer Probleme, die mit in die Schulklassen und Schulhöfe
getragen werden und aufgegriffen werden müssen und können “, weiß Bildungslandesrätin Beate
Palfrader. Die Schule ist dabei weit mehr als ein Ort, in dem Wissen erworben wird. Es ist ein Ort, in dem gelernt
und gelebt wird und in der – unter anderem unterstützt durch Helfersysteme wie die Schulsozialarbeit – die
Kompetenz- und Persönlichkeitsentwicklung von jungen Menschen gefördert wird.
„Schulsozialarbeit stellt eine Drehscheibe zwischen Schülerinnen und Schülern, dem Lehrpersonal und den
Erziehungsberechtigten dar. Dank eines sehr niederschwelligen Zuganges ist die Hemmschwelle für die Kinder
und Jugendlichen niedrig, sich an die Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter zu wenden. Gleichzeitig
kann bei auftauchenden Krisen rasch interveniert werden“, betont LRin Christine Baur, zuständig für die
Kinder- und Jugendhilfe. So könne in der Schule gelernt werden, wie Konflikte gewaltfrei beigelegt und schwierige
Situationen bewältigt werden.
Individuelle Beratungsgespräche sowie Präventions- und Informationsarbeit in den Klassen
Ganz nach dem Leitsatz „SCHUSO – offen, freiwillig & vertraulich“ sind die Bürotüren an der Schule
von Montag bis Freitag für freiwillige vertrauliche Gespräche offen. SchulsozialarbeiterInnen führen
nicht nur individuelle Beratungsgespräche mit SchülerInnen oder Personen aus ihrem Umfeld, sondern kommen
auch in Klassen, um im Klassenverband ein Problem zu bearbeiten oder dort Präventions- und Informationsarbeit
zu Themen wie Mobbing, Sexualität oder Social Media zu leisten. Gleichzeitig arbeiten die SchulsozialarbeiterInnen
auch mit anderen Helfersystemen wie dem schulärztlichen Dienst, den pädagogischen Beratungszentren, den
BeratungslehrerInnen und der Schulpsychologie zusammen.
„Wir legen besonderen Wert darauf, dass der hohe Qualitätsstandard der Schulsozialarbeit in Tirol erhalten
bleibt. Dafür wurde auch eine eigene Fachbereichsleitung in der Tiroler Kinder und Jugend GmbH für die
Agenden der SCHUSO eingerichtet. Bei uns sind ausschließlich Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter tätig,
die in Vollzeit derzeit 200 bis 300 SchülerInnen betreuen und auch deren Umfeld zur Seite stehen. Ein professionelles
und sicheres Dokumentationssystem entspricht dem neuen Datenschutzgesetz“, berichtet Philipp Bechter, Schulsozialarbeiter
der ersten Stunde und Fachbereichsleiter SCHUSO in der Tiroler Kinder und Jugend GmbH aus der Praxis.
„Im Schuljahr 2016/2017 wurden tirolweit 7.336 Beratungen durchgeführt. Davon 6.265 mit Schülerinnen
und Schülern sowie 728 mit Erziehungsberechtigten. Darüber hinaus war die SCHUSO in 1.111 Unterrichtseinheiten
zu Präventionszwecken oder intervenierend in Klassen tätig“, berichtet Karin Hüttemann, Geschäftsführerin
der Tiroler Kinder und Jugend GmbH. Die Beratungsthemen reichten von Konflikten im Klassenverband oder in der jeweiligen
Peergroup, Mobbing, schulischen und familiären Problemen bis hin zu selbstverletzendem Verhalten, häuslicher
sowie sexueller Gewalt. Oft kamen die SchülerInnen auch bezüglich einer Rechtsauskunft oder Fragen zum
Thema Sexualität auf die SchulsozialarbeiterInnen zu. „Häufige Themen in den Beratungen mit Eltern bzw.
Erziehungsberechtigten waren Fragen zur Erziehung, Schul- und/oder Berufslaufbahn“, informiert Hüttemann.
Die Präventionseinheiten in den Klassen widmeten sich den Themen Kinderrechte, Umgang mit neuen Medien, Jugendschutz,
Konsum, Gewalt sowie Sexualität und aus gegebenem Anlass auch dem Thema Flucht. Bei den Interventionen ging
es meistens um die Verbesserung des Klassenklimas und Mobbing.
Reges Interesse der Schulverbände
Das Interesse an Schulsozialarbeit wächst zunehmend: Schulerhalter und Schulstandorte nehmen Kontakt mit der
Steuerungsgruppe „Schulsozialarbeit“ auf. Diese berät über Anfragen sowie über den weiteren Ausbau
der Schulsozialarbeit und gibt eine entsprechende Empfehlung ab. Größeren Schulstandorten wird der Vorrang
gegeben. Die Kosten für die Schulsozialarbeit an den Pflichtschulen teilen sich das Land Tirol (65 Prozent)
und der jeweilige Schulerhalter (35 Prozent).
Hohe Auszeichnung für gemeinsames Projekt von Studierenden und SCHUSO
Das Engagement der Tiroler SchulsozialarbeiterInnen wurde inzwischen auch ausgezeichnet: Ursprünglich als
Studierendenprojekt unter Anleitung der „Ur-SCHUSO“ Christina Steixner-Buisson angelegt, die schon das Grundkonzept
für die SCHUSO in Imst mitverfasste, wurde „StopMobbing.at – Der Workshop gegen Mobbing“ in der Schulsozialarbeit
in Tirol umgesetzt, weiterentwickelt und mit dem „MyKi“ gewürdigt. Dieser österreichische Kinderschutzpreis
wird an Personen und Einrichtungen vergeben, die sich aktiv und kreativ für den Schutz von Kindern und für
die Verbesserung deren Lebenssituation in Österreich einsetzen.
„Bei ‚StopMobbing.at‘ geht es darum, Bewusstsein für Mobbingdynamiken und die verschiedenen Rollen der Beteiligten
zu schaffen. So können beispielsweise Zeuginnen und Zeugen zu Helferinnen und Helfern werden. Zudem wird dadurch
klar, dass unter Mobbing alle Beteiligten leiden“, erläutert Preisträger Patrick Haase, Absolvent des
Bachelorstudiums „Soziale Arbeit“ am MCI und inzwischen SCHUSO–Schulsozialarbeiter in Jenbach. Neben dem Workshop,
bei dem in den Klassen Sensibilisierungsarbeit zum Thema Mobbing geleistet wird, ist auch die Seite http://www.stop-mobbing.at Teil des Projekts, auf der in kind- und jugendgerechter Sprache
unter anderem Rollenbilder, mögliche Konsequenzen für TäterInnen und Unterstützungsmöglichkeiten
für Mobbingbetroffene aufgezeigt werden.
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