Erstmals Spenderleber wird außerhalb des Körpers durchblutet und unter körperähnlichen
Bedingungen konserviert
Innsbruck (universität) - Als eines der weltweit ersten Transplantationszentren nimmt Innsbruck am 1. Feber
ein neues Gerät für Lebertransplantationen in Betrieb. Das Gerät, genannt „Metra“, hat das Potential,
die Transplantationsmedizin zu revolutionieren: Erstmals kann eine Spenderleber für zunächst 24 Stunden
außerhalb des Körpers am Leben erhalten werden. Das Gerät wird zukünftig gänzlich neue
Wege eröffnen.
Am Innsbrucker Transplantationszentrum wird am 1. Februar 2018 das neue Gerät „Metra“ der britischen Firma
OrganOx eingeführt. Einer der Entwickler, der Direktor des Transplantationszentrums der Universität Oxford,
Peter Friend, ist zur Inbetriebnahme angereist. Zwischen den beiden Zentren in Innsbruck und Oxford gibt es bereits
seit vielen Jahren einen regen Austausch. „Hinter der Entwicklung von Metra steckt eine einfache Philosophie: Die
Spenderleber soll nicht merken, dass sie außerhalb eines Körpers ist“, erklärt Peter Friend, der
das Gerät gemeinsam mit dem Ingenieur Constantin Coussios entwickelt hat. Ziel der Entwicklung ist es, die
Funktion von Spenderlebern außerhalb des Körpers für möglichst lange Zeit aufrechtzuerhalten
und dabei im Detail zu testen.
Mehr Zeit für PatientInnen und Transplantationsteam
Bisher werden zugewiesene Lebern bei einer Temperatur von vier Grad nach der Entnahme konserviert. Dem Transplantationsteam
bleiben demnach derzeit nach der Durchtrennung bis zur erneuten Durchblutung im Spenderkörper sechs bis maximal
zehn Stunden. Durch den Einsatz der „Metra“ erhöht sich diese Zeit auf zunächst 24 Stunden. „Lebertransplantationen
werden dadurch planbarer. Wir können sowohl die Patientinnen und Patienten als auch das OP-Team besser vorbereiten
und auf Noteingriffe in der Nacht verzichten“, erklärt Dietmar Öfner-Velano, Direktor der Innsbrucker
Univ.-Klinik für Visceral-, Transplantations- und Thoraxchirurgie.
Potential, Lebertransplantationen zu revolutionieren
„Für uns ist das eine revolutionäre Technik. Wir hoffen, dass wir in naher Zukunft Spenderlebern für
mehrere Tage oder Wochen aufbewahren können“, erklärt Stefan Schneeberger, Leiter des Innsbrucker Transplantationszentrums.
„Eines Tages werden wir diese Technologie vielleicht auch für andere Organe einsetzen können oder beispielsweise
eine erkrankte Leber direkt am Gerät therapieren können.“
Funktion der Leber kann getestet werden
„Metra“ erzeugt für die Spenderleber ein ähnliches Umfeld wie im Körper. Die sogenannte „ex vivo
Perfusion“ erfolgt auf Körpertemperatur. Es wird keine künstliche Flüssigkeit, sondern Blut verwendet.
„Sobald die Leber an das Gerät angeschlossen wird, funktioniert sie wie im Körper. Sie produziert Galle,
verstoffwechselt Glucose und behält ihren physiologischen pH-Wert. ,Metra‘ ermöglicht damit auch eine
Qualitätskontrolle über die Funktion der Leber“, erklärt Annemarie Weißenbacher. Die Innsbrucker
Transplantationschirurgin absolviert derzeit ihr PhD-Studium in Oxford.
Auch Lebern von älteren SpenderInnen könnten jetzt transplantiert werden
Da die Funktion einer potentiellen Spenderleber im Detail überprüft werden kann, wird es möglich
sein, auch Lebern von älteren SpenderInnen nach entsprechender Prüfung für die Transplantation zu
verwenden. „Die Sterberate auf der Warteliste kann dadurch weiter verringert werden“, sagt Stefan Schneeberger.
Ein weiterer entscheidender Vorteil entsteht durch die zeitliche Trennung von Organentnahme und Transplantation.
Dies ermöglicht eine Vorbehandlung des Empfängers. „Jene Therapien, die schon heute dazu beitragen die,
Toleranz‘ des Organempfängers gegenüber dem Spenderorgan zu erhöhen, könnten auch bei der Transplantation
eines Organes von einem verstorbenen Spender eingesetzt werden“, erklärt Stefan Schneeberger. Das wäre
ein entscheidender Schritt, um die Medikamente zur Unterdrückung des Immunsystems nach Transplantationen zu
vermeiden.
Rund die Hälfte aller Lebertransplantationen finden in Innsbruck statt
In Österreich werden jährlich rund 160 Lebertransplantationen durchgeführt, davon rund die Hälfte
am Innsbrucker Transplantationszentrum. Der Eingriff ist komplex und kann daher nur an einer der drei Universitätskliniken
in Wien, Graz und Innsbruck ausgeführt werden. Hauptursache für eine Lebertransplantation ist eine fortgeschrittene
Leberzirrhose. Wenn die Leber als zentrales Stoffwechselorgan nicht richtig funktioniert, wird der Körper
einerseits mit Giftstoffen überschwemmt, andererseits fehlen lebenswichtige Stoffe etwa für die Blutgerinnung.
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