Vögel optimieren Energieverbrauch mit Körpertemperatur und Herzschlagrate
Wien (universität) - Freilebende Graugänse passen ihre Körpertemperatur und Herzschlagrate
an die jahreszeitlichen Erfordernisse an und optimieren so ihre Energiebilanz. Diese Forschungsergebnisse publizieren
Claudia Wascher und Kurt Kotrschal von der Konrad Lorenz Forschungsstelle der Universität Wien, sowie Walter
Arnold von der Veterinärmedizinischen Universität Wien aktuell in "Scientific Reports". Im
Winter "sparen" die Tiere ihre Energiereserven, um diese dann vor allem in die Fortpflanzung zu "investieren".
Mit einer relativ konstanten Körpertemperatur halten Säugetiere und Vögel Körper und Gehirn
auf "Betriebstemperatur". Dies verbraucht erhebliche energetische Ressourcen. So fallen kleinere Säugetiere
und sogar manche Vögel in Kältestarre, den sogenannten Topor. Ähnliche Reaktionen sind auch von
größeren Säugetiere bekannt: Hirsche oder Steinböcke etwa reduzieren Herzschlagrate und Körpertemperatur
in Anpassung an Nahrungsknappheit und Kälte im Winter und somit ihren Energiebedarf. Es war aber bislang fraglich,
ob und wie dies Vögel machen.
Um die Frage der Regulation von Stoffwechsel und Verhalten bei Vögeln im Jahresverlauf zu klären, wurden
25 Gänsen mit bester tierärztlicher Praxis Messgeräte implantiert, welche kontinuierlich bis zu
18 Monate Herzschlagrate und Körper-Kerntemperatur registrierten. Obwohl die Gänse über das gesamte
Jahr ad libitum, also nach Belieben, gefüttert wurden, lagen die höchsten Körpertemperaturen und
Herzschlagraten nur im Zeitraum von Frühling bis in den Herbst, die niedrigsten im Winter.
Die Tagesmittelwerte der Herzschlagraten lagen im Winter immerhin 22 Prozent unter denen der Sommerwerte. Die Körpertemperatur
war im Schnitt zwar bloß um ein Grad geringer als im Sommer, aber viele Individuen senkten sie in Winternächten
noch wesentlich stärker ab. Niedrige Herzfrequenz, d.h. niedrige Stoffwechselrate, ging immer einher mit niedrigerer
Körpertemperatur. Weitere Einflussgrößen waren die Tageslänge, Wetterbedingungen (Temperatur,
Niederschlag) sowie Reproduktion und sozialer Status. So wurden an brütenden Weibchen, aber auch an Jungtiere
führenden Elterntieren beiderlei Geschlechts besonders hohe Herzschlagraten gemessen.
"Wir konnten so erstmals zeigen, dass im Gegensatz zu bisherigen Annahmen nicht primär das Nahrungsangebot
die Physiologie, Stoffwechsel und energetische Regulation dieser Vögel steuert, sondern vor allem der jahreszeitliche
Lichtrhythmus", erklärt Kurt Kotrschal. Die individuelle Feinregulierung wird allerdings von Wetter,
sozialer Situation und anderen Faktoren beeinflusst.
"Mit dem besseren Verständnis der umweltabhängigen Feinregulierung von Physiologie und Verhalten
der Vögel zeigt sich, wie groß die Ähnlichkeiten zwischen Säugetieren und Vögeln in diesen
Regulationsmechanismen geblieben sind, trotz ihrer erheblicher stammesgeschichtlichen Distanz", so die Erstautorin
der Studie, Claudia Wascher.
Publikation in "Scientific Reports": Wascher,
C.A.F., Kotrschal, K., Arnold, W. Free-living greylag geese adjust their heart rates and body core temperatures
to season and reproductive context. Scientific Reports Doi: https://www.nature.com/articles/s41598-018-20655-z
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