Städtepartnerschaften sind ein wichtiger Bestandteil bei der Weiterentwicklung von Gemeinden.
Deshalb gibt es auch EU-Förderungen für größere Projekte. Ebensee in Oberösterreich hat
das Förderansuchen hinter sich und kann nun ein Projekt umsetzen.
Brüssel/Ebensee/Wien (gemeindebund) - Gegenseitige Begegnungen bei Städtepartnerschaften dienen
nicht nur dem Zusammenwachsen Europas, sondern sind auch eine beliebte Abwechslung und Horizonterweiterung in Gemeinden.
Deshalb können Kommunen im Rahmen des Programms „Europa für Bürger und Bürgerinnen“ um finanzielle
Förderungen für diese Treffen ansuchen. Die oberösterreichische Gemeinde Ebensee am Traunsee versuchte
ihr Glück mit dem Projekt „Gib dem Frieden dein Gesicht – Jugend für Miteinander und Solidarität
in Europa“ und überzeugte.
Dabei geht es um die aktive Arbeit und das Engagement für ein friedliches, gemeinschaftliches und tolerantes
Europa. Vor allem die Jugend soll für die europäische Friedensidee gewonnen werden und mit eigenen Ideen
und Vorstellungen dazu beitragen. Ziel ist es, neue Wege des Miteinanders zu finden. Der Weg zur Förderung
war bereits mit sehr viel ehrenamtlicher Arbeit verbunden und zeigt den Ehrgeiz der Ebenseer.
Workshops als Hilfe für die Antragstellung
Um an die EU-Förderungen zu kommen, müssen Gemeinden und Vereine nämlich einiges an Zeit investieren,
denn Ansuchen wurden schon wegen Formalfehlern abgelehnt. Damit das in Ebensee nicht passiert, besuchten die Projektverantwortlichen
einen kostenlosen Workshop, den der Europa for Citizens Point – die abwickelnde Stelle im Bundeskanzleramt – anbietet.
„Um den Ablauf der Antragstellung und den Antrag selbst zu verstehen, sind die Workshops wirklich hilfreich“, so
Claudia Gaigg, die Vorsitzende des Städtepartnerschafts- vereins Ebensee.
Es ist vor allem nicht einfach, alle Anliegen und Vorhaben in komprimierter Form bei der Einreichung verständlich
und deutlich zu machen. „Hier muss man bei einem so umfangreichen Vorhaben wie unserem teilweise um jedes Wort
und jeden Artikel ringen“, erzählt Gaigg. Doch selbst davon ließen sich die Ebenseer nicht abschrecken,
erreichten ihr Ziel durch ehrenamtliche Arbeit und profitieren nun. Die ausgeschriebene Förderung für
den Städtepartnerschaftsverein Ebensee beträgt 25.000 Euro.
Roberto Castellani, Gründungsfigur der Städtepartnerschaft
Das große Projekt der 7.710-Einwohner Gemeinde, in das die Förderung fließt, gründet in einer
bereits über 30 Jahre bestehenden Partnerschaft mit der italienischen Stadt Prato. Der Ursprung für diesen
Zusammenschluss liegt in der Zeit des Zweiten Weltkriegs. Im März 1944 wurden nämlich um die 950 Italiener
ins Konzentrationslager Mauthausen deportiert und von dort nach Ebensee zum Bau von Stollenanlagen gebracht. Wegen
der grausamen Bedingungen kamen 395 Italiener im KZ Ebensee zu Tode.
In Folge besuchten schon 1948 Überlebende den KZ-Friedhof Ebensee. Dorval Vanini und Roberto Castellani gehörten
zu denjenigen, die im Zuge von Erinnerungsfahrten (pelerinaggi) nach Mauthausen und Ebensee zurückkehrten.
Ihre Idee einer Städtepartnerschaft stellten sie unter das Motiv der Friedens- und Versöhnungsarbeit.
Um die Vergangenheitsbewältigung auf lokaler Ebene umzusetzen, kam es dann in der Amtszeit des Ebenseer Bürgermeisters
Rudolf Graf zur Gründung der Städtepartnerschaft zwischen Prato und Ebensee.
Beteiligung der gesamten Gemeinde
Neben diesem Zusammenschluss besteht außerdem ein Freundschaftsvertrag zwischen Ebensee und der polnischen
Stadt Zawiercie. Ein freundschaftliches Verhältnis verbindet die oberösterreichische Gemeinde außerdem
mit der deutschen Stadt Wangen, die ebenfalls eine aktive Partnerschaft mit Prato pflegt. Der Städtepartnerschaftsverein
Ebensee wurde aus organisatorischen Gründen, fünf Jahre nach dem Abschluss der offiziellen Städtepartnerschaft
zwischen Prato und Ebensee, am 25. Mai 1992, ins Leben gerufen.
Der Hintergrund hierfür liegt darin, dass versucht wurde, die Beziehungen zwischen Prato und Ebensee, fernab
jeder zukünftigen politischen Konstellation, zu gewährleisten. Ein weiteres Ziel war es außerdem,
einen breiten Raum zu schaffen, um alle Ebenseer in das Projekt miteinbeziehen zu können. Seither finden Aktivitäten
wie Schulaustauschprojekte, gemeinsame Ferienaufenthalte der Pfarrjugend sowie Besuche von Orchestern und Sportvereinen
statt. So versucht man vor allem die Jugend zu sensibilisieren, damit Gräueltaten in Zukunft keine Chance
mehr haben.
„Ein kleiner Puzzlestein für ein Europa der Regionen“
Der Projektantrag aus dem Jahr 2017 im Rahmen des EU-Projekts wurde von Claudia Gaigg und Hans Schilcher, Gemeindevorstand
und Vorsitzender des Ausschusses für Jugend, Europaangelegenheiten und Integration, entwickelt und verfasst.
Beim Projekt selbst wirken vor allem Jugendliche aus den drei Städten Ebensee, Prato sowie Zawiercie mit.
Insgesamt werden die Gemeinden, Pfarren, Vereine sowie die Bevölkerung miteingebunden.
„Wir sehen uns sowohl als Stütze der Erinnerung sowie als kleiner Puzzlestein für ein Europa der Regionen“,
so Gaigg. Insgesamt wurde mehr als ein Jahr lang am Projekt gearbeitet und das ehrenamtlich. Momentan laufen die
Vorbereitungen für die Projektveranstaltungen, die von 3. bis 7. Mai 2018 in Ebensee stattfinden. „Auch die
Zeit danach mit sämtlichen Abrechnungen und Endberichten, um die Fördermittel auch tatsächlich zu
erhalten, darf nicht unterschätzt werden“, weiß die Vorsitzende des Städtepartnerschaftsvereins.
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