Sozialministerin will in kommenden Wochen über Fortführung entscheiden – Dringliche
Anfrage der SPÖ im Bundesrat
Wien (pk) - Die SPÖ macht weiter gegen die Abschaffung der Beschäftigungsaktion 20.000 mobil.
Im Rahmen einer Dringlichen Anfrage im Bundesrat warf Inge Posch-Gruska der Regierung am 8. Feber vor, "eines
der erfolgreichsten Arbeitsmarktprojekte überhaupt" in einer Nacht- und Nebelaktion abgedreht zu haben
und damit vielen älteren Langzeitarbeitslosen ihre Lebensperspektive zu rauben. Das sei alarmierend, sagte
die burgenländische SPÖ-Bundesrätin, die in ihrer Kritik auch von ihren FraktionskollegInnen bestärkt
wurde.
Laut Sozialministerin Beate Hartinger-Klein ist die endgültige Entscheidung allerdings noch nicht gefallen.
Sie will nach Vorliegen detaillierter Evaluierungsergebnisse in den kommenden Wochen über die Fortführung
bzw. Abschaffung des Projekts entscheiden. Bis Ende Jänner haben laut Hartinger 2.722 Personen über die
Aktion einen geförderten Arbeitsplatz erhalten, insgesamt werden es nach derzeitigem Planungsstand 4.400 sein.
SPÖ ortet "soziale Kälte", Grüne für sachliche Debatte
Die Beschäftigungsaktion war noch von der alten rot-schwarzen Regierung initiiert worden. Ursprünglich
hätten bis zu 20.000 Arbeitsplätze für langzeitarbeitslose Menschen in Gemeinden bzw. über
gemeinnützige Trägervereine und Unternehmen geschaffen werden sollen. Die im Herbst gestarteten 11 Pilotprojekte
hätten gezeigt, dass mit der Aktion die Zahl der betroffenen Arbeitslosen gesenkt werden könne, so Posch-Gruska.
Man habe den Menschen zunächst Hoffnungen gemacht und ihnen diese dann genommen, ortet sie "soziale Kälte"
und Unmenschlichkeit.
Unterstützung erhielt Posch-Gruska von ihren FraktionskollegInnen Renate Anderl (Wien), Rene Pfister (Niederösterreich)
und Stefan Schennach (Wien). "Wir sprechen hier von Menschen, die oft ihr Leben lang hart gearbeitet haben",
sagte Anderl und verwies auf positive Erfahrungsberichte von betroffenen Personen. Diesen wurden durch das Projekt
wieder Würde und Respekt zurückgegeben. Die Arbeitslosigkeit sei insgesamt zwar im Sinken, räumte
Anderl ein, der Wirtschaftsaufschwung komme aber längst nicht bei allen an.
Laut Anderl kostet die Beschäftigungsaktion im Endeffekt nur 100 € pro Arbeitsplatz, weil nicht nur die Kosten
der Notstandshilfe, sondern auch Kurs- und Betreuungskosten des AMS wegfallen. Überdies würden die Beschäftigten
Steuern und Sozialversicherungsbeiträge zahlen. Sie appellierte in diesem Sinn an die Sozialministerin, die
Aktion so rasch wie möglich zu evaluieren und danach wiederzubeleben.
Pfister zeigte sich erstaunt über einen für ihn offensichtlichen Sinneswandel bei ArbeitnehmervertreterInnen
der ÖVP und FPÖ. Hier würde offenbar nicht im Sinn der Arbeitnehmervertretung gehandelt, sondern
"beinharte Parteipolitik" in den Vordergrund gestellt. Damit würde eine Chance vertan, die angespannte
Arbeitsmarktsituation der Menschen im Alter von 50plus zu entlasten. Schennach vermisste eine inhaltliche Positionierung
der Sozialministerin in ihrer Beantwortung und sprach von einem dubiosen Rundlaufbeschluss, mit der die Hoffnung
von Langzeitarbeitslosen weggewischt worden sei.
Für eine ideologiebefreitere Diskussion plädierte David Stögmüller (Grüne/O). Er hätte
sich mehr Zeit und eine ordentliche Evaluierung gewünscht, bevor man die Aktion einfach abdreht, sagte er.
Ökonomisch sieht er die Aktion im größeren Zusammenhang und – etwa bis hin zu Konsumgüterausgaben
– als Nullsummenspiel. Inhaltlicher Kritik kann sich Stögmüller beispielsweise hinsichtlich mangelnder
Nachhaltigkeit anschließen. Wichtig ist ihm aber, einer solchen sinnvollen Maßnahme grundsätzlich
eine Chance zu geben.
ÖVP und FPÖ: Nachhaltige Arbeitsplätze durch Qualifizierung schaffen
Arbeitsplätze würden in der Wirtschaft geschaffen und nicht von der Politik – letztere ist aufgefordert,
für die Rahmenbedingungen zu sorgen, erklärte dazu Edgar Mayer (ÖVP/V) und verwies auf die laufende
Evaluierung als Grund für das Aussetzen der Aktion. Diese sei nun abzuwarten. Die Wiedereingliederung von
Arbeitslosen in den Arbeitsmarkt sollte jedenfalls nachhaltig sein, so der ÖVP-Bundesrat. Die Stoßrichtung
der Regierung sei Hilfe zur Selbsthilfe, etwa durch Qualifizierungsmaßnahmen.
Nachhaltige Jobs und nicht nur solche bis zum Auslaufen einer Förderung, wünscht sich auch Sandra Kern
(ÖVP/N). Arbeitsplätze zu schaffen und zu behalten bedeute Ausbildung und Qualifizierung, auch im Hinblick
auf die Entwicklungen durch die Digitalisierung, meinte sie. Anreize, arbeiten zu gehen, müssten außerdem
höher sein als jene, zuhause zu bleiben. Das Ziel für die nächsten Jahre wäre, dafür Maßnahmen
zu setzen.
Nach Meinung von Bernhard Rösch (FPÖ/W) zeugt es nicht von Verantwortungsbewusstsein, Geld für eine
Aktion zu verwenden, wenn man keine echten Jobs erzeuge. Diese zu schaffen, könne nur die Wirtschaft leisten.
Auch aus seiner Sicht geht es im Wesentlichen um Probleme am Arbeitsmarkt in Folge der Digitalisierung und darum,
die 50plus-Generation wieder in den Arbeitsprozess zu bringen. Das gelinge aber nicht mit einer Aktion 20.000,
sondern etwa mit Weiterbildungsmöglichkeiten. Die Sozialdemokratie vertrete ein Modell, das mit Steuergeldern
Kaufkraft kauft, warf Peter Samt (FPÖ/St) der SPÖ vor. Bei der aktuellen Konjunkturlage brauche es hingegen
eine Steuerreform, die ArbeitgeberInnen und ArbeitnehmerInnen entlastet. Damit würden auch tatsächlich
Jobs geschaffen, die Leute auch behalten könnten.
Hartinger will Evaluierungsbericht abwarten
Sozialministerin Beate Hartinger-Klein hatte sich in ihrer Stellungnahme zur Dringlichen Anfrage auf die Beantwortung
der insgesamt 19 Detailfragen konzentriert. Demnach haben von der Aktion bislang 1.165 Frauen und 1.562 Männer
profitiert. Gestaffelt nach Altersgruppen waren es 679 Frauen und 711 Männer zwischen 50 und 55, 483 Frauen
und 681 Männer zwischen 55 und 60, sowie 3 Frauen und 170 Männer zwischen 60 und 65 Jahren. Die Art der
Beschäftigungsverhältnisse ist vielfältig, sogar ein Pfarrer befindet sich laut Hartinger darunter.
Ebenso ein Wanderführer und ein Taxi-Chauffeur. Im Durchschnitt waren die geförderten Personen zuvor
2,9 Jahre beim AMS vorgemerkt, einige Beschäftigungsverhältnisse sind auch wieder abgebrochen worden.
Ausdrücklich betonte Hartinger, dass die Aktion nur sistiert ist. Derzeit werde die arbeitsmarktpolitische
Wirkung des Projekts umfassend evaluiert. Ein detaillierter Zwischenbericht soll in den kommenden Wochen vorliegen,
dann will Hartinger auch über die Fortführung bzw. endgültige Abschaffung der Aktion entscheiden.
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