EU-Ausschuss schickt Mitteilung nach Brüssel und verweist auf Österreichs Freiwilligensystem
Brüssel/Wien (pk) - Vor dem Hintergrund der zunehmenden Überschwemmungen und Waldbrände in
Europa, etwa wie jene in Portugal im letzten Jahr, Wirbelstürmen in der Karibik und den humanitären Folgen
der Flüchtlingskrise soll der EU-Katastrophenschutz ausgebaut werden. Bereits im Jänner stießen
die Pläne der Kommission bei einem Besuch von EU-Kommissar für humanitäre Hilfe und Krisenmanagement
Christos Stylianides auf Skepsis im Parlament. Untermauert wurden diese fraktionsübergreifenden Bedenken am
7. Feber im EU-Ausschuss des Bundesrats mit einer kritischen Mitteilung nach Brüssel. Darin hebt die
Länderkammer den funktionierenden österreichischen Katastrophenschutz in den Städten und Gemeinden
auf Basis der Freiwilligkeit hervor. Dieser sei nur schwer mit den neuen EU-Katastrophenschutzplänen zu vereinen,
so der Konses. Von einem grundsätzlichen Bekenntnis zu einem solidarischen europäischen Katastrophenschutz
werde damit aber nicht abgerückt.
Der Vorschlag der Kommission sieht vor, das bisherige auf freiwilliger Basis gestützte EU-Katastrophenschutz-Hilfspool
durch ein zentral von der EU-Kommission gesteuertes neues System "rescEU" zu ergänzen. Das geplante
Programm "rescEU" soll demnach Katastrophenschutzressourcen wie Löschflugzeuge, Sonderwasserpumpen
oder Feldlazarette beinhalten und von der Kommission in Spezialfällen eingesetzt werden können, wenn
die nationalen Kapazitäten in den Mitgliedsländern nicht mehr ausreichen.
Laut Kommission soll es sich um keinen Ersatz für Katastrophenschutzressourcen in den Mitgliedsländern
handeln. Ein Punkt, der insbesondere im Bundesrat auf Befürchtungen stößt. Edgar Mayer (ÖVP/V)
warnte etwa vor möglichen Eingriffen auf nationale Kompetenzen. "In das nationale Katastrophenschutzmanagement
einzugreifen, wäre ein Schaden für die gesamte Republik", meinte ebenfalls von der ÖVP Roman
Janacek. Die neuen EU-Katastrophenschutzpläne mit europäischen bzw. bezahlten Einsatztruppen wären
aus seiner Sicht sowie nach Meinung von Ferdinand Tiefnig (ÖVP/O) ein falsches Signal für die vielen
freiwilligen HelferInnen in Österreich. Dass das österreichische Freiwilligensystem dadurch ins Wanken
kommen könnte, befürchtet SPÖ-Bundesrat Michael Lindner wiederum nicht. Es gebe viele Möglichkeiten
wie zusätzliche Urlaubstage, um freiwilligen HelferInnen einen weiteren Ansporn zu geben, so Lindner.
Subsidiaritätsprobleme ortet ebenfalls das Innenministerium, insbesondere wird "rescEU" aber als
unvereinbar mit dem österreichischen Freiwilligen-System eingestuft.
Die Europäische Kommission sieht allerdings nicht zuletzt die Mitgliedsländer in der Pflicht. Deren Beiträge
für den EU-Katastrophenschutz seien "aufgrund ihres freiwilligen Charakters vielfach als unzureichend"
zu bewerten, heißt es im Kommissionsvorschlag. So sei bei den verheerenden Waldbränden 2016 und 2017
nur auf 10 der 17 eingelangten Hilfeersuchen reagiert worden, und auch dann häufig mit zeitlicher Verzögerung.
Portugal hat laut Angaben des Innenministeriums im vorigen Jahr über den bestehenden EU-Katastrophenschutzmechanismus
um Hilfe ersucht, war allerdings aufgrund von weiteren Waldbränden in anderen europäischen Ländern
mit Engpässen bei Canadair-Löschflugzeugen konfrontiert, wie Christoph Längle von den Freiheitlichen
seitens des Innenministeriums in Erfahrung brachte. Österreich verfügt über keines dieser Löschflugzeuge.
Österreich werde auch weiterhin TrinkwasserexpertInnen und Hundestaffeln in die Welt schicken, übersehen
werde bei diesem Vorschlag allerdings, dass es EU-Mitgliedsstaaten gebe, in denen der Katastrophenschutz in den
Gemeinden und Städten vor Ort stufenweise, hervorragend und auf freiwilliger Basis aufgebaut sei, so die Kritik
Stefan Schennachs (SPÖ/W). Zudem würde es keinen Sinn machen, wenn Einsätze von den um Hilfe suchenden
Ländern finanziert werden müssten.
Heidelinde Reiter von den Grünen unterstrich, dass es angesichts der steigenden Klimakatastrophen, bei denen
die Kapazitäten in den einzelnen Mitgliedsländern überschritten werden, sowie trotz aller Bedenken
Ziel bleiben müsse, die solidarische Zusammenarbeit im EU-Katastrophenschutz auf bessere Beine zu stellen.
Die Kosten werden im Kommissionsvorschlag mit 280 Mio. € beziffert, wobei der geringere Teil aus Umschichtungen
im EU-Budget kommen, der Rest durch die Inanspruchnahme des EU-Flexibilitätsinstruments aufgebracht werden
soll. Das würde laut Innenministerium steigende Beiträge für EU-Nettozahler bedeuten.
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