Vize-Geschäftsführer der Bundessparte Handel im Bundesrat als Experte gehört
– WKÖ hält den Warenhandels-Richtlinienentwurf für überzogen und KMU-feindlich
Brüssel/Wien (pwk) - Äußerst kritisch bewertet die Bundessparte Handel in der Wirtschaftskammer
Österreich (WKÖ) den Vorschlag der Europäischen Union, mit dem der Anwendungsbereich des ursprünglichen
Entwurfs zur Harmonisierung der Bestimmungen zum Online-Handel auf den klassischen Warenhandel ausgedehnt werden
soll.
In der Sitzung des EU-Ausschusses des Bundesrates am 7. Feber wurde Roman Seeliger, stellvertretender Geschäftsführer
der Bundessparte Handel in der Wirtschaftskammer Österreich, als Experte gehört.
Er warnte vor den Bundesrätinnen und Bundesräten vehement vor einer Ausdehnung der Beweislastumkehr von
derzeit 6 Monaten auf 2 Jahre. Beweislastumkehr bedeutet im Klartext: Nicht der Konsument muss den Mangel einer
Ware zum Zeitpunkt des Kaufs beweisen, sondern der Händler die Mangelfreiheit zum Zeitpunkt des Kaufs. „Die
Haftung des Handels für etwas, das er in aller Regel nicht verursacht hat, wird vor allem zum Nachteil der
Klein- und Mittelbetriebe ausgedehnt“, analysiert Seeliger den Inhalt des Richtlinienentwurfs. „Großbetriebe
können höhere Kosten durch das Gesetz der großen Zahl im Rahmen des Konzerns eher ausgleichen.
Trifft es hingegen einen ‚Kleinen‘, ist dies - schon allein statistisch gesehen - kaum möglich.“
Die Bundessparte Handel hält den Warenhandels-Richtlinienentwurf für überzogen und KMU-feindlich
und ist davon überzeugt, dass das Ziel der Stärkung des Verbrauchervertrauens in den Binnenmarkt durch
die diskutierte Richtlinie nicht erreicht wird. „Vielmehr führt das Ganze zu einer Verteuerung der Produkte
zulasten des Verbrauchers. Schließlich müssen höhere Kosten kalkuliert werden“, ist Seeliger überzeugt.
Dass ein Kaufvertrag in Zukunft schon bei geringfügigen Mängeln aufgelöst werden können soll
(„Geld zurück – Ware zurück“), würde die Wegwerfmentalität unterstützen und Missbrauch
Tür und Tor öffnen. „Außerdem ist es nicht einzusehen, warum ein Konsument, der eine Sache viele
Monate gebraucht hat, dafür nach dem Entwurf kein Benützungsentgelt mehr zahlen muss. Wenn jemand beispielsweise
23 Monate ein neues Auto fährt und dann plötzlich die Kupplung streikt, so hätte der Konsument Anspruch
auf Rückzahlung des Kaufpreises, ohne den Wertverlust ersetzen zu müssen, der durch den Gebrauch entstanden
ist. Das läuft auf eine Enteignung des Händlers hinaus, die möglicherweise sogar grundrechtswidrig
wäre“, äußerst der WKÖ-Jurist auch verfassungsrechtliche Bedenken.
Der Bundesrat hat den Richtlinienentwurf bereits mehrfach diskutiert. Auch in der heutigen Sitzung des EU-Ausschusses
zu unter anderem diesem Thema wurde der weitere Diskussionsbedarf zu dem vorliegenden Richtlinienvorschlag der
EU einmal mehr deutlich, weil die gravierenden Verschärfungen allesamt zu Lasten der Wirtschaft, insbesondere
des Handels, gehen würden“, so Bundespartengeschäftsführer-Stv. Seeliger. Der österreichische
Bundesrat hat dazu heute eine kritische Mitteilung beschlossen, die nach Brüssel gehen soll.
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