Ferdinandeum bewies sich als dialogische Plattform für gesellschaftspolitische Themen
und Ort der Begegnung
Innsbruck (tlm) - Vom 18. Jänner bis 18. Februar 2018 fand im Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum die
Veranstaltungsreihe FORUM MIGRATION statt. Das Format bildete den letzten Teil eines mehrjährigen Projekts
zur Migrationsgeschichte Tirols. Bei den über 60 Programmpunkten, die vom Kabarettabend über Konzerte,
Performances, Lesungen, Workshops, Diskussionen, einer Modenschau bis zu Filmpräsentationen reichten, wurden
4.821 BesucherInnen gezählt. Ins Museum, das auch außerhalb des Veranstaltungsprogramms bei freiem Eintritt
zugänglich war, kamen in der Zeit zusätzlich 2.248 Kinder, Jugendliche und Erwachsene.
PD Dr. Wolfgang Meighörner, Direktor der Tiroler Landesmuseen, zieht eine positive Bilanz: „Das Interesse
der Bevölkerung am FORUM MIGRATION hat unsere Erwartungen bei weitem übertroffen. Die Besucherzahl belegt,
dass gesellschaftspolitische Themen im Museum angenommen werden. Es bestärkt uns darin, die Rolle des Museums
als dialogische Plattform weiter zu stärken. Im Vergleich zum Vorjahr konnten wir im Ferdinandeum in den vier
Wochen des FORUM MIGRATION unsere Besucherzahlen mehr als verdoppeln. Nicht nur deshalb bin ich froh, dass wir
dieses Wagnis auf uns genommen haben.“
Dr. Helena Pereña und Mag. Katharina Walter, Mitglieder des Konzeptteams, betonen: „Das FORUM MIGRATION
erreichte ein neues, vielfältigeres Publikum, das zum Teil wenig mit bisherigen Museumsangeboten in Berührung
gekommen war. Über 20 Kooperationspartner mobilisierten ihre Netzwerke. Durch die Vielfalt an Zugängen
zum Thema Migration konnte so eine beachtliche Anzahl von BesucherInnen erreicht werden.“
Die Konzeption des FORUM MIGRATION erfolgte in Zusammenarbeit mit dem Zentrum für MigrantInnen in Tirol (ZeMiT)
und der Abteilung Gesellschaft und Arbeit, Integration des Landes Tirol, die ihr Knowhow, ZeitzeugInnen, ExpertInnen
und wichtige Kontaktpersonen in die Programmgestaltung einbrachten. „Die Vision grenzenloser Begegnung wurde im
FORUM MIGRATION immer wieder erlebbar. Veranstaltungen wie das Erzählcafé zeigten, dass der einzelne
Mensch zählt und nicht, ob jemand Flüchtling ist oder zu den Einheimischen zu zählen ist. Migration
und Fluchtereignisse sind Teil der Tiroler Landesgeschichte, daran ist nicht zu rütteln. Es kommt jetzt darauf
an, diese gemeinsame Geschichte anzunehmen“, betont Dr. Gerhard Hetfleisch, Leiter des ZeMiTs.
Wissenschaftlich wurde dieser Aspekt in einem bundesweiten Kontext bei der Tagung „100 Jahre Republik Österreich.
Geschichte, Gegenwart und Zukunft von Migration, Flucht und Asyl“ am 23./24. Jänner behandelt. Den Eröffnungsvortrag
hielt der renommierte deutsche Migrationsforscher Mark Terkessidis. Bei der von der Tiroler Landesmuseen, dem ZeMiT
und der Universität Innsbruck (Institut für Zeitgeschichte, Erziehungswissenschaft, Forschungszentrum
für Migration & Globalisierung) geplanten Konferenz wurden 384 TeilnehmerInnen gezählt.
Zahlreiche Veranstaltungen thematisierten Migration und Flucht aus verschiedensten Perspektiven. Gleichzeitig war
das FORUM MIGRATION aber auch wichtige Plattform für gesellschaftskritische Auseinandersetzungen. Die BesucherInnen
konnten auch die Sammlungen des Museums mit einem veränderten Blick erfahren: So wurden in Führungen
und Gesprächen Themen wie Rassismus, Diskriminierung, klischeehafte Rollenbilder, Vorurteile, die durch Objekte,
aber auch durch die museale Präsentation vermittelt werden, hinterfragt. Der Kabarettist Thomas Maurer regte
zum Nachdenken über eigene Vorurteile auf humorvolle Weise an. Erfolgreiche LiteratInnen und AmateurInnen
gaben Einblick in ihre aktuellen Werke rund um das Thema Migration. Tanz- und Musikveranstaltungen boten die Gelegenheit
zur Begegnung über sprachliche und kulturelle Grenzen hinweg. Performances wie von Nezaket Ekici ermöglichten
den Austausch mit dem Publikum. Ihr zehnstündiger Auftritt „Personal Map“ vereinte biografische Erzählungen
von ihren künstlerischen Reisen auf der ganzen Welt mit spontanen Assoziationen der BesucherInnen.
Anders als bei Ausstellungen bot die Veranstaltungsreihe FORUM MIGRATION eine große Flexibilität und
Vielfalt in Bezug auf Inhalte und Darstellungsarten. So gelang es, im Museum Leute und Institutionen zusammenzubringen,
die gemeinsam gestalteten, und das Haus als öffentlichen Raum zu etablieren. Der kostenlose Eintritt, die
facettenreichen Veranstaltungen mit zahlreichen Kooperationspartnern sprengten den elitären Charakter, der
üblicherweise mit dem Museum in Verbindung gebracht wird. „Dies wird bei Überlegungen hinsichtlich künftiger
musealer Aktivitäten nicht wegzudenken sein. Die vielen neuen fruchtbringenden Kooperationen möchten
wir über FORUM MIGRATION hinaus weiter pflegen“, sind sich Meighörner und die Mitglieder des Konzeptteams
einig.
Von vielen BesucherInnen wurde das besondere Flair im Ferdinandeum in den letzten vier Wochen gewürdigt. Die
Teilnahme am FORUM MIGRATION bezeichneten sie als besonderes Erlebnis. Neben der einladenden Raumgestaltung durch
die Architektin Juliette Israël leistete Die Bäckerei – Kulturbackstube dazu einen großen Beitrag.
Sie brachte nicht nur eigene Veranstaltungsformate wie die „Open Mic Session“ mit, sondern unterstützte die
Tiroler Landesmuseen koordinativ sowie technisch bei ihren Veranstaltungen. Mit einem umgestalteten Wohnwagen,
der eine Verbindung zum Innenraum des Museums schuf, sorgte Die Bäckerei auf dem Museumsvorplatz für
einen Blickfang.
Neben der hohen Qualität an Veranstaltungen lag sowohl für das Publikum als auch die Beteiligten die
Stärke des FORUM MIGRATION darin, dass eine besonders einladende Atmosphäre gepflegt wurde und sich alle
respektvoll auf Augenhöhe begegneten. Das Ferdinandeum als wirkungsstarker Ort hat in den letzten vier Wochen
nicht die Vergangenheit wissenschaftlich kommentiert, sondern ein Statement für heute und morgen gesetzt.
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