Bericht über Pläne der EU für 2018 im Zuständigkeitsbereich des Bundeskanzleramts
Brüssel/Wien (pk) - Vor dem Hintergrund der anstehenden Europawahl im nächsten Jahr, dem Austritt
Großbritanniens aus der EU und dem Auslaufen des EU-Finanzrahmens mit 2020 liegen einige wichtige Verhandlungsthemen
der Union während des österreichischen EU-Ratsvorsitzes in der zweiten Jahreshälfte bereits auf
dem Tisch. Als Schwerpunkte will sich Österreich die Stärkung der Subsidiarität sowie die Intensivierung
der Beitrittsverhandlungen mit dem Westbalkan, die Migrationsproblematik, den Schutz der EU-Außengrenzen
sowie das Thema Digitalisierung vornehmen. Das nationale Vorsitzprogramm wird derzeit erarbeitet und soll kurz
vor Vorsitzübernahme präsentiert werden, wie im Bericht des Bundeskanzlers sowie des Bundesministers
für EU, Kunst, Kultur und Medien über das EU-Arbeitsprogramm für 2018 (III-107 d.B.) zu lesen ist.
Österreich wird ab 1. Juli nach 1998 und 2006 zum insgesamt dritten Mal den EU-Ratsvorsitz übernehmen.
In den Vorsitz werden die Diskussionen zum mehrjährigen Finanzrahmen und der Verhandlungsabschluss zum Brexit
fallen. Die Kommission will ihre Vorschläge zum Budget bis Ende Mai vorlegen, ausverhandelt soll der neue
EU-Haushalt dann bis Ende 2019 werden. Aus österreichischer Sicht soll die EU sparsamer werden und sich im
Sinne der Subsidiarität auf die wesentlichen Bereiche fokussieren, wie dem Bericht des Bundeskanzleramts zu
entnehmen ist. Was den Brexit selbst betrifft, wird die geplante zweijährige Übergangsregelung von Seiten
Österreichs unterstützt. Die Brexit-Verhandlungen müssen jedenfalls bis Herbst 2018 abgeschlossen
werden, um eine Genehmigung durch das Europäische Parlament sowie des Vereinigten Königreichs vor Ablauf
der festgelegten Zweijahresfrist für den Ausstieg zu gewährleisten.
Taskforce Subsidiarität: Erste Ergebnisse Mitte Juli
Unter dem österreichischen Ratsvorsitz, nämlich am 15. Juli, werden außerdem erste Ergebnisse der
im letzten November von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker eingesetzten Taskforce für Subsidiarität,
Proportionalität und "Weniger, aber effizienteres Handeln" präsentiert. Zu erwarten sind Empfehlungen
zur besseren Anwendung des Subsidiaritätsprinzips und der Verhältnismäßigkeit sowie Vorschläge
für jene Bereiche, die in die Zuständigkeit der Mitgliedsstaaten zurückübertragen werden könnten.
Beitrittsperspektive für den Westbalkan: Österreich führt Bemühungen Bulgariens fort
In Sachen EU-Erweiterung will die Kommission den Beitrittsprozess für die Westbalkanstaaten Montenegro,
Serbien, Mazedonien, Albanien, Bosnien und Herzegowina sowie den Kosovo vorantreiben. Im Februar hat die Kommission
dazu ihre Westbalkanstrategie vorgelegt, noch im April soll das Erweiterungspaket folgen, das EU-Gipfeltreffen
unter bulgarischem Vorsitz in Sofia Mitte Mai wird sich hauptsächlich um die Beitrittsperspektive für
den Westbalkan drehen. Österreich will die Bemühungen Bulgariens unter seinem Vorsitz fortführen.
Zu erwarten sind konkrete Fortschritte im Beitrittsprozess der Westbalkanstaaten und ein Abschluss weiterer Verhandlungskapitel
mit Serbien und Montenegro.
Unter österreichischem Ratsvorsitz soll auch der Dialog zwischen den Mitgliedsstaaten zur Förderung und
Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit fortgesetzt werden. Die EU-Kommission sieht etwa in Folge von Justizreformen
in Polen die Gefahr einer schwerwiegenden Verletzung der Rechtsstaatlichkeit und hat erst letzten Dezember ein
Verfahren nach Artikel 7 des EU-Vertrags eingeleitet.
Die EU beabsichtigt außerdem, die Wirtschafts- und Währungsunion zu vertiefen sowie die Bankenunion
zu vollenden. Österreich begrüßt beide Vorhaben prinzipiell, einige Vorschläge, wie etwa die
Einrichtung eines Europäischen Wirtschafts- und Finanzministers, sieht man allerdings kritisch.
Zu klären gibt es innerhalb der Union in den nächsten Monaten auch institutionelle Fragen wie die Sitzverteilung
im Europäischen Parlament für seine nächste Funktionsperiode bis 2024. Seitens Österreich spricht
man sich für eine Einsparung der durch den Brexit freiwerdenden Sitze und damit eine Verkleinerung des Parlaments
aus, abgelehnt wird die Aufteilung über transnationale Listen. Wird das Missverhältnis der sogenannten
degressiven Proportionalität wie vorgeschlagen korrigiert und damit 22 der 73 frei werdenden Sitze des Vereinigten
Königreichs unter den Mitgliedsstaaten verteilt, könnte Österreich in Zukunft ein Mandat mehr und
damit 19 Sitze im Europäischen Parlament bekommen. Im Raum steht auch eine Reserve für Sitze zukünftiger
EU-Erweiterungen.
Die Kommission plant außerdem ein gemeinsames Transparenzregister für Lobbyisten in den drei großen
EU-Organen. Mit einer Einigung wird unter der bulgarischen Ratspräsidentschaft gerechnet, was bedeuten würde,
dass das neue Transparenzregister erstmals unter österreichischem Vorsitz zur Anwendung kommt.
Während des Vorsitzes Österreichs könnten zudem die seit 2012 laufenden Verhandlungen über
eine Neuregelung des Untersuchungsrechts des Europäischen Parlaments gegenüber der Kommission wieder
aufgenommen werden. Geht es um das sogenannte Demokratiepaket der EU, sollte die Reform der Europäischen Bürgerinitiative
noch vor Beginn des zweiten Halbjahres abgeschlossen werden. Der Vorschlag beinhaltet u.a. die Herabsetzung des
Wahlalters von 18 auf 16 Jahre. Die Verhandlungen über die Finanzierung europäischer politischer Parteien
und Stiftungen werden wahrscheinlich in den Vorsitz Österreichs hineinreichen.
Aktualisierung der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste wartet auf Abschluss
In Sachen Kunst, Kultur und Medien ist u.a. die Überarbeitung der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste,
durch die aufgrund des sich ändernden Medienkonsums neben dem linearen Fernsehen auch Online-Videodienste
mitberücksichtig werden sollen, zu einem Abschluss zu bringen. Österreich spricht sich dafür aus,
dass auch Video-Sharing-Plattformen, wie Soziale Netzwerke, insbesondere in Sachen Werbung und Jugendschutz unter
die neuen Regelungsbereiche fallen.
Auf dem Plan der Kommission steht außerdem das Thema Cybersicherheit. Prinzipiell wird angestrebt, die Reaktionsfähigkeit
auf Cyberangriffe innerhalb der Union zu verbessern. Unter österreichischem Vorsitz wird der Abschluss des
sogenannten Cybersecurity-Act, durch den etwa die Europäische Agentur für Netz- und Informationssicherung
in eine EU-Cybersicherheitsagentur umgewandelt werden soll, angestrebt.
Thema wird im zweiten Halbjahr außerdem die Überarbeitung der Europäischen Kulturagenda sein. Für
die Verlängerung des EU-Programms "Creative Europe" nach 2020, mit dem Europas Kreative und Kulturschaffende
gefördert werden, wird mit dem Beginn der Detailverhandlungen unter österreichischen Vorsitz gerechnet.
Die nächste EU-Trioratspräsidentschaft übernehmen mit 1. Jänner 2019 Rumänien, Finnland
und Kroatien.
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