Von 16. Februar bis 13. Mai 2018 in der Albertina Wien
Wien (albertina) - Dürer, Turner, Cézanne, Nolde, Schiele - so verschieden diese fünf Künstler
nach Epoche und Herkunft sind, sie alle gelten als Leuchttürme der Aquarellmalerei. Zu Recht! Und doch ist
diese Aufzählung unvollständig, fügt man ihr nicht den größten österreichischen
Aquarellisten und Landschaftsmaler des 19. Jahrhunderts hinzu: Rudolf von Alt.
So herausragend die Leistungen des Rudolf von Alt sind: Der Meister, der mit größter Unmittelbarkeit
und höchstem Realismus fast acht Jahrzehnte lang vor dem Motiv mit wenigen Farbnäpfen lichthaltige Ansichten
von Naturschönheiten, von Burgen und Schlössern, von Städten und Interieurs fürstlicher Paläste
geschaffen hat, dieser Wiener Meister steht nicht allein. Matthäus Loder und Thomas Ender, die mit anderen
Kammermalern für Erzherzog Johann arbeiten, sind Rudolf von Alt so ebenbürtig an die Seite zu stellen
wie die so anders gearteten Peter Fendi und Carl Schindler, die sich der Genremalerei mit ihrer Beschaulichkeit,
Intimität und Verinnerlichung verschrieben haben. Heute gilt das Aquarell vielfach als eine zutiefst englische
Kunstform, hat doch sein Aufstieg im 18. Jahrhundert in diesem Land eine einzigartige Spezialisierung befördert:
von der Ausbildung bis zu eigenen Ausstellungsformaten für das Aquarell und angesehenen Gesellschaften wie
der Royal Watercolour Society.
Allein Wien hat tatsächlich zur selben Zeit dem Aquarell zum Durchbruch verholfen. Meist werden von fürstlichen
Familien Darstellungen ihrer Menagerien und Besitztümer sowie Porträtminiaturen ihres Geschlechts zum
Zweck der Dokumentation oder als Memoria beauftragt. Selbst die herrlichsten Ansichten des Habsburgerreiches werden
nicht von bürgerlichen Verlagen wie Artaria, sondern von Kaiser Ferdinand I. von Österreich für
seinen persönlichen Guckkasten oder vom "Steirischen Prinzen", Erzherzog Johann, in Auftrag gegeben.
Mit der Erfindung der Fotografie beginnt nicht der künstlerische Abstieg des Aquarells, sehr wohl aber
die radikale Verdrängung durch dieses neue technische Medium, das so viel schneller und einfacher Ansichten
und Aussehen festhalten kann.
Nach Rudolf von Alt erreichen nur mehr wenige dessen künstlerische Höhe. Erst mit der Befreiung der Kunst
vom Zwang der Nachahmung und der Emanzipation der Farbe vom Naturgegenstand im Expressionismus wird das Aquarell
eine neue, aber nun ganz andere Blüte erleben.
Bilderreigen österreichischer Künstler
Leichtigkeit, Transparenz, Unmittelbarkeit und Strahlkraft der Farben sind besondere Qualitäten der Wiener
Aquarellmalerei des 19. Jahrhunderts. Virtuose Stadtansichten und Landschaften, Porträts, Genrebilder und
Blumenstücke ergeben den reichen Motivschatz, der mit künstlerischem Virtuosentum vorgetragen wird. Die
Ausstellung zeigt einen Bilderreigen von rund 180 Werken aus den Sammlungen der ALBERTINA, bereichert durch wertvolle
Leihgaben.
Vom Biedermeier bis zur Jahrhundertwende
Den Höhepunkt erreicht die künstlerische Ausdrucksform der Aquarellmalerei, die so leicht wirkt und
doch so schwer zu erzielen ist, im Biedermeier. Die wichtigsten Auftraggeber sind das Kaiserhaus und die Hocharistokratie,
zunehmend aber auch das vermögende Bürgertum. Jakob Alt, Matthäus Loder, Thomas Ender, Peter Fendi
und Moritz Michael Daffinger zählen zu den bedeutendsten Künstlern dieser Zeit, später sind es Anton
Romako und August von Pettenkofen. Sie alle aber überragt Rudolf von Alt, in dessen 45-jähriger Schaffenszeit
die erlesensten Beispiele der Aquarellmalerei entstehen. Er behauptet sich mit seiner Kunst auch noch in der Welt
der Wiener Ringstraße und der Secession. Seine Werke spannen so den weiten Bogen vom Biedermeier bis zur
Kunst um 1900.
Bestand von 2.500 Aquarellen
Die ALBERTINA verwahrt etwa 2.500 Aquarelle österreichischer Künstler des
19. Jahrhunderts. Die große Anzahl, die hohe Qualität und der ästhetische Reiz der Werke waren
auch in den vergangenen beiden Jahrzehnten immer wieder Anlass für aus diesem Bestand schöpfende Ausstellungen.
Mit der Ausstellung Die Erfindung der Einfachheit konnte gezeigt werden, wie die künstlerische Ausdruckskraft
des Biedermeier für die Wende um 1900 und in der Folge für das Design des 20. Jahrhunderts von vorbildhafter
Wirkung war. Rudolf von Alt und Peter Fendi wurden umfassende Präsentationen gewidmet, ebenso den Werkgruppen,
die vom Thronfolger Erzherzog Ferdinand und von Erzherzog Johann in Auftrag gegeben und gesammelt worden waren.
Wien als bedeutende Residenzstadt der Monarchie
Mit der Ausstellung Das Wiener Aquarell sollen nun anhand besonders aussagekräftiger Werke die Entwicklung
und die unterschiedlichen Anwendungsmethoden dieser Kunst veranschaulicht und der hohe Stellenwert des Wiener Aquarells
belegt werden.
Die Wahl des Titels liegt darin begründet, dass die meisten Künstler der in der ersten Hälfte des
19. Jahrhunderts zur Blüte gelangten Wasserfarbenmalerei in Wien geboren wurden oder für ihre Ausbildung
aus den Kronländern der Monarchie oder aus deutschen Fürstentümern in die Hauptstadt kamen: Carl
Schütz aus Laibach, Heinrich Friedrich Füger aus Heilbronn, Karl Postl aus Bechin in Böhmen, Jakob
Alt aus Frankfurt am Main.
Fast alle besuchten die Wiener Akademie oder waren dort lehrend tätig. In der kaiserlichen Residenzstadt
fanden sie ihre Auftraggeber und die Möglichkeit der künstlerischen Entfaltung.
Beiträge zur Weltkunst
Die sorgfältige Auswahl aus den umfangreichen Beständen der ALBERTINA, bereichert durch Leihgaben
aus öffentlichen und hochrangigen privaten Sammlungen, fügt sich zu einer Bilderfolge von außerordentlicher
Schönheit. Die Präsentation belegt einmal mehr, dass neben der englischen Aquarellkunst des 18. und 19.
Jahrhunderts zu Recht alleine diejenige Wiens Weltgeltung erlangt hat.
Vertretene Künstler
Jakob Alt | Rudolf von Alt | Moritz Michael Daffinger | Josef Danhauser |Thomas Ender | Peter Fendi | Heinrich
Friedrich Füger | Jakob Gauermann | Eduard Gurk | Johann Nepomuk Hoechle | Joseph Höger | Laurenz Janscha
| Vincenz Georg Kininger | Johann Adam Klein | Salomon Kleiner | Johann Knapp | Johann Kniep | Josef Kriehuber
| Matthäus Loder | Martin von Molitor | August von Pettenkofen | Karl Postl | Joseph Rebell | Anton Romako
| Karl Ruß | Carl Schindler | Carl Schütz | Friedrich Treml | Balthasar Wigand
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