Delegation des Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie (ITRE) des Europäischen
Parlaments in Wien
Brüssel/Wien (pk) - Im Vorfeld der Übernahme des EU-Ratsvorsitzes durch Österreich im zweiten
Halbjahr 2018 besucht derzeit eine Delegation des Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie des Europäischen
Parlaments (ITRE) Wien. Heute gab es Gelegenheit zu einem Gedankenaustausch mit österreichischen ParlamentarierInnen.
Zur Sprache kam dabei ein breite Themenpalette, die von der Regulierung des Energiemarktes und Fragen der Forschungsfinanzierung
bis zu Digitalisierungsthemen, etwa der Anwendung der Blockchain-Technologie und der Regulierung von Kryptowährungen,
reichte.
Delegationsleiter Paul Rübig (EPP) umriss die umfangreichen Agenden des Ausschusses im EP. Sie umfassen Industriepolitik
und Standortfragen ebenso wie den Digitalen Binnenmarkt. Ein umfangreiches Energiepaket sei derzeit in Verhandlung,
die Beratungen und Beschlüsse dazu werden sich sicher noch in die österreichische Ratspräsidentschaft
erstrecken, sagte der österreichische EU-Parlamentarier. Der Brexit werde zweifellos Auswirkungen auf den
nächsten EU-Finanzrahmen haben. Rübig erwartet sich besonders Auswirkungen auf die Budgets für Landwirtschaft
und regionale Entwicklung. Gleichzeitig bestehe die Erwartung, dass die Forschungsausgaben erhöht werden und
die EU auch neue Aufgaben in Bereichen wie Grenzsicherung und Datensicherheit übernimmt.
Forschung wird ein Schwerpunkt des nächsten EU-Rahmenprogramms
Das Thema Forschung wurde vor allem in Hinblick auf das nächste EU-Rahmenprogramm angeschnitten. Nationalratsabgeordneter
Christian Hafenecker (FPÖ) sagte, aus seiner Sicht sei speziell die Förderung der Forschung von Unternehmen
wichtig. Hier müssten auch KMU Zugang zu Mitteln haben. Maria Theresia Niss (ÖVP) ist es ein Anliegen,
dass die Mittel nicht gekürzt werden und dass bei Forschungsförderung von Unternehmen die Betriebsgröße
keine Rolle spielt. Auch Nationalratsabgeordnete Sonja Hammerschmid (SPÖ) und der Wiener Bundesrat Stefan
Schennach (SPÖ) betonten die Wichtigkeit der Forschungsförderung. Hammerschmid will auch einen Abbau
der bürokratischen und administrativen Hürden für Forschungsanträge.
Paul Rübig betonte, dass Forschung auch im nächsten EU-Finanzrahmen eine wichtige Rolle spielen werde.
Was die Erhöhung der Mittel betrifft, werde wohl nicht alles erfüllbar sein. Bereits jetzt gebe es umfangreiche
Forschungsprogramme. Die Rolle der EU bestehe neben der Finanzierung vor allem darin, dass sie für eine kostengünstige
Vernetzung von Forschungsprogrammen sorgt. Die österreichische EP-Abgeordnete Barbara Kappel (ENF) fügte
hinzu, dass bereits im derzeitigen Forschungs-Rahmenprogramm Horizon 2020 an Vereinfachungen der Abläufe gearbeitet
wird, was sich auch im nächsten Rahmenprogramm widerspiegeln werde.
Energie: Marktregulierung und nachhaltige Energie sind aktuelle EU-Themen
Die Diskussion zum Energiebereich berührte vor allem Fragen der Versorgungssicherheit und der nachhaltigen
Energieerzeugung. Die österreichische EU-Parlamentarierin Angelika Mlinar (ALDE) geht ebenso wie Werner Langen
(EPP/Deutschland) davon aus, dass besonders im Strommarkt bald wichtige Entscheidungen anstehen und diese Themen
auch in der österreichischen Ratspräsidentschaft weiter behandelt werden müssen. Hier geht es etwa
um die Zukunft der Strompreiszonen oder die Stellung der nationalen Regulierungsbehörden gegenüber der
EU-Energieregulierungsbehörde (Agency for the Cooperation of Energy Regulators – ACER). Barbara Kappel (ENF)
unterstrich, dass ACER nur sehr schrittweise zusätzliche Kompetenzen erhalten werde. Langen betonte, dass
gerade in Fragen der Energieversorgung sehr unterschiedliche Interessen der Mitgliedsstaaten unter einen Hut gebracht
werden müssen. Das EP arbeite intensiv daran mit, tragfähige Kompromisse zu finden.
Der rumänische EP-Abgeordnete Theodor Dumitru Stolojan (EPP) sprach das Thema der EU-Strategie zur Erdöl-
und Erdgasversorgung im Schwarzmeer- und Donauraum an. Der italienische MEP Flavio Zanonato (S&D) wies auf
die intensiven Diskussionen hin, die im EP derzeit über saubere und nachhaltige Energieerzeugung geführt
werden.
Bundesrat Stefan Schennach (SPÖ) betonte die allgemein kritische Haltung Österreichs zu vielen Punkten
des Energiepakets der EU. Der Bundesrat habe sich dazu schon mehrmals deutlich geäußert. Aus seiner
Sicht tragen die bisher bekannten Vorschläge die Handschrift der Atomlobby. Er betonte, dass Atomenergie nicht
als saubere und nachhaltige Form der Energiegewinnung gewertet werden könne. Für Abgeordneten Martin
Graf (FPÖ) ist die Frage des Gasmarktes eng mit den Russland-Sanktionen verbunden. NEOS-Abgeordneter Matthias
Strolz meinte, die Versorgungssicherheit und eine gemeinsame europäische Energiestrategie müssten Vorrang
vor Unternehmensinteressen haben.
Blockchains werfen neue Regulierungsfragen auf
Matthias Strolz sprach auch die Fragen neuer Technologien und ihrer gesetzlichen Regulierung an. Hier hinke man
im Grunde den rasanten Entwicklungen hinterher. Aus seiner Sicht werde man sich auch um eine Regulierung von Kryptowährungen,
die auf Reliable Blockchains beruhen, bemühen müssen. EU-Parlamentarierin Kappel (ENF) stimmte zu, dass
eine sanfte Regulierung notwendig sein werde. Die EU wolle jedoch keine Überregulierung einer Zukunftstechnologie.
Paul Rübig wies darauf hin, dass die EU Fragen der Netzsicherheit und neuer Computertechnologien stärker
behandeln müsse. Hier sei auch der Beitrag Österreichs von Interesse. Aktuelle EU-Themen sind laut Rübig
auch Strategien für eine Cyber Defence Policy und der Aufbau der EU-Cybersecurity Agency.
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